Landesregierung

November 2009 hat folgenden Wortlaut:

Aufgrund unklarer, widersprüchlicher oder fehlender gesetzlicher Bestimmungen kommt es immer wieder zu unterschiedlichen Rechtsauffassungen zwischen und innerhalb der kommunalen Organe. Diese unterschiedlichen Positionen münden teilweise in Rechtsstreitigkeiten, die vor den Verwaltungsgerichten ausgetragen werden. Dabei ist oft strittig, wer die Kosten dieser Verfahren zu tragen hat. Nicht abschließend entschieden ist, ob kommunale Fraktionen Organcharakter besitzen, so dass bei Verwaltungsrechtsstreitigkeiten zwischen Fraktionen und der Vertretung oder der Verwaltung unklar ist, wer die Kosten zu tragen hat. Beispielsweise vertritt das Verwaltungsgericht Gießen die Auffassung, dass das kommunale Organ die Kosten zu tragen hat (AZ: 8 E 1066/05). Das Verwaltungsgericht Gera hingegen hat jüngst entschieden, dass die klagenden Mitglieder einer Kreistagsfraktion die Kosten zu tragen haben (AZ: 2 K 731/09 Ge).

Ich frage die Landesregierung:

1. Nach welchen Grundsätzen entscheidet sich bei kommunalen Organstreitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten die Traglast der Kosten zwischen den Klägern und den Beklagten? Über welches Ermessen verfügen dabei die Verwaltungsgerichte? Wie werden die Auffassungen der Landesregierung begründet?

2. Inwieweit haben kommunale Fraktionen Organcharakter und wie wird dies begründet?

3. Sollte die Landesregierung kommunalen Fraktionen keinen Organcharakter zuerkennen, unter welchen Voraussetzungen könnte der Gesetzgeber durch Regelungen in der Thüringer Kommunalordnung den Fraktionen diesen Organcharakter verleihen und wie wird diese Auffassung begründet?

4. Welche Rechtsfolgen entstehen, wenn kommunalen Fraktionen ein Organcharakter zuerkannt werden würde und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?

5. Welche Gründe sprechen nach Auffassung der Landesregierung dagegen, dass kommunalen Fraktionen ein Organcharakter zuerkannt werden würde und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 28. Dezember 2009 wie folgt beantwortet:

Zur Klarstellung weise ich vorab darauf hin, dass die in der Anfrage zitierten Entscheidungen in der Frage der Kostentragung keine unterschiedlichen Rechtsauffassungen vertreten. Beide Kostenentscheidungen folgen aus § 154 Verwaltungsgerichtsordnung allerdings liegen ihnen unterschiedliche Sachverhalte zugrunde. Das Verwaltungsgericht Gera hat den in einem kommunalen Organstreitverfahren unterlegenen Klägern die Verfahrenskosten auferlegt. Demgegenüber hatte sich das Verwaltungsgericht Gießen mit dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch eines Gemeinderatsmitgliedes wegen der ihm in einem vorangegangenen Organstreitverfahren auferlegten Kosten zu befassen.

Vor diesem Hintergrund beantworte ich die o. g. Kleine Anfrage für die Landesregierung wie folgt:

Zu 1.: Im kommunalen Organstreitverfahren entscheidet das Verwaltungsgericht über die Kosten nach § 154 ff. der Verwaltungsgerichtsordnung; § 154 Abs. 1 enthält den Grundsatz, dass der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Über einen Ermessensspielraum hinsichtlich der Kostenentscheidung verfügen die Verwaltungsgerichte insofern nicht.

Zu 2.: Kommunale Fraktionen haben nicht den Status von Organen im Sinne der Thüringer Kommunalordnung Als Zusammenschluss von Mitgliedern einer oder mehrerer Parteien und Wählergruppen sind sie Teile des Gemeinderates als Organ der Gemeinde. Fraktionen verfügen über keine, die Gemeinde bzw. den Landkreis betreffenden eigenständigen Entscheidungsbefugnisse.

Zu 3.: Voraussetzungen, unter denen Fraktionen Organcharakter zuerkannt werden könnte, sind nicht ersichtlich.

Die Regelung in § 22 Abs. 1 Thüringer Kommunalordnung, der zufolge der Gemeinderat und der Bürgermeister Organe der Gemeinde sind, ist abschließend. Als durch das Volk gewählte Vertretungen verwalten sie die Gemeinde nach den Bestimmungen dieses Gesetzes.

Zu 4. und 5.: Auf die Antworten zu den Fragen 2 und 3 wird verwiesen.