Kurortegesetz

Für die Gewährung von Schlüsselzuweisungen an die Gemeinden ist die Ermittlung der Bedarfsmesszahl nach § 10 eine entscheidende Berechnungsgrundlage. Die Bedarfsmesszahl wird im Wesentlichen einwohnerbezogen ermittelt. Es gibt nur einen Ergänzungsansatz für kreisfreie Städte.

In Thüringen gibt es zahlreiche Kurorte. Diese müssen erhebliche Aufwendungen im Zusammenhang mit der Erreichung und Sicherung des Kurortstatus tätigen, die jedoch bei der Bedarfsermittlung für die Gewährung von Schlüsselzuweisungen keine Berücksichtigung finden. Besondere Zuweisungen für Kurorte sieht das Finanzausgleichsgesetz ebenfalls nicht vor.

Die Anforderungen an Kurorte sind im Thüringer Kurortegesetz formuliert. Aus diesem Gesetz ergibt sich, dass es sich bei diesen Anforderungen an die betroffenen Gemeinden letztlich um Pflichtaufgaben handelt.

Die im Zusammenhang mit dem Kurortstatus zu verzeichnenden Mehreinnahmen bei den Gemeinden (z. B. Kurtaxe oder Gewerbesteuerzahlungen der Kureinrichtungen) decken bei Weitem nicht die Mehraufwendungen zur Erlangung und Sicherung des Kurortstatus. Dies spricht dafür, dass die Mehraufwendungen beim kommunalen Finanzausgleich zu berücksichtigen wären.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Gemeinden in Thüringen haben gegenwärtig den Status als Kurort im Sinne der §§ 4 bis 9 Thüringer Kurortegesetz?

2. Welche zusätzlichen Aufwendungen entstehen nach dem Kenntnisstand der Landesregierung bei den nachgefragten Gemeinden im Zusammenhang mit der Erreichung und Sicherung des Kurortstatus?

3. Inwieweit hat die Landesregierung, auch in Umsetzung des Verfassungsgerichtsurteils zum kommunalen Finanzausgleich (AZ: 28/03), die finanziellen Auswirkungen auf die nachgefragten Gemeinden, die sich aus dem Kurortstatus ergeben, geprüft? Zu welchen Ergebnissen ist dabei die Landesregierung gekommen? Sollte es eine solche Prüfung nicht gegeben haben, auf welcher Grundlage trifft dann die Landesregierung Entscheidungen zum Ausgleich der Mehraufwendungen im Zusammenhang mit dem Kurortstatus?

4. Wie erfolgt gegenwärtig bei der Ermittlung des Finanzbedarfs bei den nachgefragten Gemeinden die Berücksichtigung der Mehraufwendungen im Zusammenhang mit der Erreichung und Sicherung des Kurortstatus, die sich auch aus dem Thüringer Kurortegesetz ergeben?

5. Sollte aus Sicht der Landesregierung bei der Bedarfsermittlung nach § 10 über einen Ergänzungsansatz oder eine zusätzliche Einwohnerveredelung bei den nachgefragten Gemeinden die Mehraufwendungen im Zusammenhang mit der Erreichung oder Sicherung des Kurortstatus Berücksichtigung finden? Falls nein, warum nicht?

6. Mit welchem Konzept will die Landesregierung künftig die nachgefragten Gemeinden unterstützen und wie wird dies begründet? Mit welcher Begründung sieht die Landesregierung möglicherweise keinen weiteren Unterstützungsbedarf?

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 8. Januar 2010 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Gegenwärtig haben 19 Gemeinden in Thüringen den Status als Kurort im Sinne der §§ 4 bis 9 Thüringer Kurortegesetz. Diese sind: Bad Frankenhausen, Bad Klosterlausnitz, Heiligenstadt, Bad Langensalza, Bad Lobenstein, Bad Sulza, Bad Salzungen, Bad Liebenstein, Bad Colberg, Bad Tennstedt, Bad Berka, Tabarz, Finsterbergen, Masserberg, Friedrichroda, Neustadt/Harz, Oberhof, Stützerbach und Tambach-Dietharz.

Zu 2.: Der Landesregierung ist nicht bekannt, in welcher Höhe bei den in der Antwort zur Frage 1 genannten Kommunen zusätzliche Aufwendungen entstehen, die ausschließlich auf die Erreichung und Sicherung des Kurortstatus zurückzuführen sind und demzufolge bei Kommunen ohne Kurortstatus nicht anfallen.

Zu 3.: Im Zuge der landesweiten Datenabfrage in Umsetzung des Urteils des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 21. Juni 2005 (Az. 28/03) wurden die aufgabenbezogenen Ausgaben und Einnahmen der Thüringer Kommunen erfasst und bei der Ermittlung der angemessenen Finanzausstattung berücksichtigt.

Für eine separate Prüfung des Finanzbedarfs der in der Antwort zur Frage 1 genannten Kommunen besteht mit Blick auf die Verpflichtung des Landes aus Artikel 93 Abs. 1 Satz 1 Verfassung des Freistaats Thüringen, nämlich den Kommunen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs eine insgesamt angemessene Finanzausstattung sicherzustellen, keine Veranlassung.

Soweit Kommunen Mehraufwendungen zu verzeichnen haben, die ausschließlich auf den Kurortstatus zurückzuführen sind und demzufolge bei Gemeinden ohne Kurortstatus nicht anfallen, handelt es sich um freiwillige Aufwendungen der Gemeinden in Ausübung ihrer Selbstverwaltungskompetenz. Eine gesetzliche Verpflichtung der betreffenden Gemeinden, den Status als Kurort zu führen, besteht nicht. Insofern fehlt es an einer Verpflichtung des Landes, Mehraufwendungen für die Erreichung und Sicherung des Kurortstatus bei der Ermittlung des Finanzbedarfs gesondert zu berücksichtigen. Hingegen finden die freiwilligen Leistungen der Kommunen insgesamt bei der Bemessung der angemessenen Finanzausstattung Berücksichtigung. Denn diese ist so ausgestaltet, dass den Kommunen - neben der Erfüllung pflichtiger eigener und übertragener Aufgaben - auch Mittel zur Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben verbleiben.

Welche Schwerpunkte die Kommunen, insbesondere auch bei den freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben setzen, entscheiden diese im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung.

Im Übrigen haben nach § 9 Abs. 1 Thüringer Kommunalabgabengesetz Gemeinden, die ganz oder teilweise als Kurort oder Erholungsort staatlich anerkannt sind, die Möglichkeit für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Unterhaltung der zu Heil-, Kur- oder Erholungszwecken in den anerkannten Gebiet bereitgestellten Einrichtungen und Anlagen sowie für zu diesem Zweck durchgeführte Veranstaltungen einen Beitrag (Kurbeitrag) zu erheben.

Zu 4.: Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen.

Zu 5.: Bei der Berechnung der Bedarfsmesszahl nach § 10 bedarf es keiner gesonderten Berücksichtigung des Kurortstatus. Die Gründe ergeben sich in erster Linie aus der Antwort auf Frage 3. Unabhängig davon kommt eine gesonderte Berücksichtigung des Kurortstatus auch aus den in der Begründung zu § 10 (Drucksache 4/3160) genannten Gründen nicht in Betracht.

Zu 6.: Im November 2007 wurde die Studie Vergleichende Qualitätsbewertung von Heilbädern und Kurorten aus (gesundheits-)touristischer Sicht des europäischen Tourismus Institutes (ETI) veröffentlicht. Aufbauend auf dieser Studie wurde im Auftrag des Thüringer Heilbäderverbandes e. V. die Studie Strategie für die Heilbäderwirtschaft in Thüringen erstellt, in der Zielrichtungen der einzelnen Kurorte definiert und Maßnahmen im Rahmen der Infrastrukturplanung dargelegt werden. Ziel dieses Entwicklungskonzeptes ist die erfolgreiche und dauerhafte Positionierung der Thüringer Heilbäder und Kurorte am Markt. Die Studie Strategie für die Heilbäderwirtschaft in Thüringen wurde im Rahmen der Projektförderung vom Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie gefördert.