Hartz

Dezember 2009 hat folgenden Wortlaut:

Für Empfänger II gelten so genannte Zumutbarkeitskriterien. Grundsätzlich ist ein erwerbsfähiger Arbeitsloser verpflichtet, grundsätzlich jede Arbeit anzunehmen. Ausnahmen gelten z. B. dann, wenn die Betreuung eines Kindes unter drei Jahren durch die Tätigkeit nicht sichergestellt wäre oder die Pflege naher Angehöriger anders nicht gewährleistet werden kann. Zumutbar sind u.a. aber auch Tätigkeiten, die als geringwertiger gegenüber der letzten Tätigkeit oder der Ausbildung anzusehen wären. Auch eine schlechtere Bezahlung oder ungünstigere Arbeitsbedingungen führen nicht generell zu einer Unzumutbarkeit. Das Gleiche gilt für einen Arbeitsort, der weiter entfernt liegt.

Werden Arbeitsplätze abgelehnt, die als zumutbar gelten, droht die zeitweise Kürzung der Unterstützungsleistungen bis hin zur vollständigen Streichung.

Ich frage die Landesregierung:

1. Liegen den ARGEn und Optionskommunen Thüringens einheitliche Zumutbarkeitskriterien für die Vermittlung von Empfängern von Arbeitslosengeld II in Arbeit vor und wie werden diese gehandhabt (bitte verbindliche Zumutbarkeitskriterien aufführen, falls vorhanden)?

2. Hat die Landesregierung Kenntnis davon, ob es im Zusammenhang mit der Einschätzung der Zumutbarkeit einer Beschäftigung für Arbeitslosengeld-II-Empfänger zu Einzelfallentscheidungen an einer der ARGEn oder Optionskommunen Thüringens gekommen ist und wenn ja, wo gab es welche Einzelfallentscheidung aus welcher Motivation heraus?

3. In welchem Umfang ist es in Thüringen seit Inkrafttreten der Hartz-IV-Gesetze wegen der Ablehnung von als zumutbar deklarierten Arbeitsangeboten bei Empfängern von Arbeitslosengeld II zur Kürzung oder gegebenenfalls Streichung der Bezüge gekommen?

4. Wie schätzt die Landesregierung die Wirksamkeit der Zumutbarkeitskriterien und der damit im Zusammenhang stehenden möglichen Sanktionen gegen Arbeitslosengeld-II-Empfänger generell ein?

5. Besteht aus Sicht der Landesregierung ein Zusammenhang zwischen der Anwendung der Zumutbarkeitskriterien bei Empfängern von Arbeitslosengeld II und der Zunahme prekärer Beschäftigung in Thüringen? Wenn ja, welcher?

6. Wie wertet die Landesregierung die Anwendbarkeit der Zumutbarkeitskriterien zur Vermittlung von Arbeitslosengeld-II-Empfängern unter dem Aspekt des sich abzeichnenden zukünftigen Fachkräftemangels in Thüringen?

7. Welcher Zusammenhang besteht aus Sicht der Landesregierung in der Anwendung der Zumutbarkeitskriterien bei Empfängern von Arbeitslosengeld II, gegebenenfalls verhängten Sanktionen wegen Ablehnung einer zumutbaren Arbeitsstelle und dem Abwanderungsgeschehen in Thüringen?

8. Besteht seitens der Landesregierung Handlungsbedarf zur Korrektur der Zumutbarkeitskriterien? Wenn ja, welcher?

Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 13. Januar 2010 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: In den ARGEn und Optionskommunen Thüringens kommen die in § 10 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) aufgeführten Zumutbarkeitskriterien zur Anwendung. In § 10 Abs. 1 SGB II sind eine Reihe von persönlichen Gründen aufgeführt, die einer Arbeitsaufnahme oder der Teilnahme an einer Eingliederungsmaßnahme entgegenstehen können. Die allgemeine Unzumutbarkeit von kann sich auch aus übergeordneten Vorschriften ergeben (z.B. Sittenwidrigkeit).

Durch die Bundesagentur für Arbeit wurden den ARGEn und Arbeitsagenturen mit getrennter Aufgabenwahrnehmung fachliche Hinweise zur Umsetzung des § 10 SGB II zur Verfügung gestellt. Diese sind auf der Homepage der Bundesagentur für Arbeit unter dem Link http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/A01-Allgemein-Info/A015-Oeffentlichkeitsarbeit/Publikation/pdf/Gesetzestext-10-SGB-II-Zumutbarkeit.pdf abrufbar.

Zu 2.: Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit ist grundsätzlich auf die konkrete Beschäftigungsmöglichkeit im Einzelfall abzustellen. Entsprechende konkrete Einzelfallentscheidungen der ARGEn und Optionskommunen sind der Landesregierung nicht bekannt.

Zu 3.: Im Zeitraum von Januar 2006 bis August 2009 wurden in den ARGEn SGB II und in den 16 220

Sanktionen nach § 31 Abs. 1 Nr. 1c und 1d SGB II ausgesprochen. Eine Sanktion erfolgt nach dieser Vorschrift dann, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit, eine mit einem Beschäftigungszuschuss nach § 16e SGB II geförderte Arbeit, ein zumutbares Angebot nach § 15a SGB II oder eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen.

Im Bereich des zugelassenen kommunalen Trägers Landkreis Eichsfeld erfolgten seit Inkrafttreten des SGB II 27 Sanktionen nach § 31 Abs. 1 Nr. 1c und 1d SGB II. Der zugelassene kommunale Träger Stadt Jena teilte mit, dass eine entsprechende detaillierte Auswertung der Daten dort nicht vorgenommen werden kann.

Zu 4.: Nach § 55 SGB II sind die Wirkungen der Leistungen zur Eingliederung und der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts regelmäßig und zeitnah zu untersuchen und in die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung nach § 282 SGB III einzubeziehen. Das Institut und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit untersucht in diesem Zusammenhang auch die Wirkung von Sanktionen nach § 31 SGB II. In den Jahren 2008 und 2009 wurde das Forschungsprojekt Sanktionen im SGB II - Perspektiven von Fachkräften und jungen Klientinnen und Klienten durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Forschungsstudie wurden noch nicht veröffentlicht.

Zu 5.: Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.

Zu 6.: Diese Regelungen gelten in allen Bundesländern.

Zu 7.: Die Zumutbarkeitskriterien nach § 10 SGB II sind im gesamten Bundesgebiet einheitlich anzuwenden.

Zu 8.: Grundsätzlich gilt, dass alle Regelungen überprüft werden müssen, um die Funktions- und Problemlösungsfähigkeit dieser zu sichern.