Bosch-Ersol zieht von Erfurt nach Arnstadt

Nach Medieninformationen (vgl. Thüringer Allgemeine vom 18. November 2009) beabsichtigt die Firma Bosch-Ersol, ihre Verwaltungs- und Produktionsstandorte von Erfurt nach Arnstadt (Industriegebiet Erfurter Kreuz) zu verlegen. In Arnstadt hat die Firma bereits mehrere Produktionsstandorte.

In diesem Zusammenhang hat der Erfurter Oberbürgermeister laut dem genannten Zeitungsartikel die Thüringer Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) kritisiert. Der Oberbürgermeister spricht dabei Bezug nehmend auf die Grundstückspreise am Erfurter Kreuz von Kampfpreisen der LEG, gegen die die Stadt Erfurt nichts ausrichten könne. Es wurde darauf verwiesen, dass die LEG im Industriegebiet Erfurter Kreuz Grundstückspreise von sieben Euro pro Quadratmeter anbietet. In Erfurt müsse die Stadt, auch auf Forderung des Landes (Auflage Thüringer Landesverwaltungsamt als Rechtsaufsichtsbehörde für die Stadt Erfurt) beispielsweise einen Mindestgrundstückspreis von 20 Euro pro Quadratmeter einfordern.

Ein weiterer Nachteil für Erfurt wäre nach Auffassung des Oberbürgermeisters, dass bisher der Ilm-Kreis angeblich höhere Fördersätze an ansiedlungswillige Unternehmen gezahlt hat als Erfurt. Erst ab 2009 wären die Fördersätze gleich.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Für welchen Preis (pro m²) hat die LEG im Industriegebiet Erfurter Kreuz Grundstücke an Investoren seit 1. Januar 2007 veräußert?

2. Für welchen Preis (pro m²) hat die LEG im Stadtgebiet Erfurt Grundstücke an Investoren seit 1. Januar 2007 veräußert?

3. Für welchen Preis muss die Stadt Erfurt, entsprechend der Auflagen des Thüringer Landesverwaltungsamtes, Grundstücke an Investoren seit 1. Januar 2007 veräußern?

4. Wie wird das möglicherweise unterschiedliche Preisniveau bei den Grundstücksverkäufen in Erfurt und Arnstadt begründet?

5. Wie bewertet die Landesregierung die Aussage des Erfurter Oberbürgermeisters, wonach die LEG am Erfurter Kreuz mit so genannten Kampfpreisen bei Grundstücksverkäufen die Firma Bosch-Ersol von Erfurt nach Arnstadt abgeworben hat?

6. In welcher prozentualen Höhe (gemessen an der Investitionssumme) wurden im Ilm-Kreis im Zeitraum 2004 bis 2008 durch wen Industrieansiedlungen gefördert? Wie hoch ist dieser Fördersatz ab 2009?

7. In welcher prozentualen Höhe (gemessen an der Investitionssumme) wurden in der Stadt Erfurt im Zeitraum 2004 bis 2008 durch wen Industrieansiedlungen gefördert? Wie hoch ist dieser Fördersatz ab 2009?

8. Wie werden die möglicherweise bestehenden unterschiedlichen Fördersätze für Unternehmensansiedlungen in Erfurt und Arnstadt durch die Landesregierung begründet?

Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 14. Januar 2010 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Die LEG hat die erschlossenen Industriegrundstücke am Standort Erfurter Kreuz nach öffentlichen Verkaufsbemühungen (Veröffentlichungen auf der Homepage der LEG, über das Internetportal Immobilienscout24, Tageszeitungen, Hinweistafeln am Standort u. a.) zum Marktpreis an den besten Bieter veräußert. Weiterhin wurden durch öffentlich-rechtlich bestellte Sachverständige ermittelte Verkehrswerte herangezogen.

Zu 2.: Die LEG hat die erschlossenen Grundstücke im Gewerbegebiet MEL 036 in Erfurt-Südost nach öffentlichen Verkaufsbemühungen (Veröffentlichungen auf der Homepage der LEG, über das Internetportal Immobilienscout24, Tageszeitungen, Hinweistafeln am Standort u. a.) zum Marktpreis an den besten Bieter veräußert. Weiterhin wurden durch öffentlich-rechtlich bestellte Sachverständige ermittelte Verkehrswerte herangezogen.

Zu 3.: Nach § 67 Thüringer Kommunalordnung hat ein Verkauf, wenn nicht entsprechende Ausnahmetatbestände vorliegen, zum Verkehrswert zu erfolgen. Die jeweilige Höhe hängt ab von der Lage und der Nutzungsart. Ein fester Preis ist nicht bezifferbar und wurde vom Thüringer Landesverwaltungsamt auch nicht vorgegeben. Eine Auflage im Rahmen eines Genehmigungsbescheides ist nicht erfolgt. Die Stadt Erfurt wurde vielmehr darauf hingewiesen, dass eine Veräußerung grundsätzlich nur zum Verkehrswert erfolgen kann.

Zu 4.: Wie jeder Marktpreis ergibt sich auch der Marktpreis für Grundstücke aus Angebot und Nachfrage. Für die Preisbereitschaft der Käufer ist dabei insbesondere eines Standortes maßgeblich. Diese wird durch eine Reihe von Standortfaktoren bestimmt (Lage und Verkehrsanbindung, Flächengröße und Zuschnitt, Expansionsmöglichkeiten, Baugrund und Topographie, bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks, Kapazitäten der Ver- und Entsorgungsmedien, Synergieeffekte durch umgebende Nutzungen, weiche Standortfaktoren u. a.). Daraus ergeben sich an verschiedenen Standorten unterschiedliche Marktpreise für die Grundstücke.

Zwischen den durch die LEG im Gewerbegebiet MEL 036 in Erfurt-Südost und am Standort der Industriegroßfläche Erfurter Kreuz veräußerten Grundstücken bestehen z. B. besonders große Unterschiede hinsichtlich der Flächengröße, des Zuschnitts und möglicher Expansionsmöglichkeiten. Bei den veräußerten Flächen am Standort Erfurter Kreuz handelt es sich um Industriegroßflächen. Diese Areale sind um ein vielfaches größer als die im Gewerbegebiet MEL 036 in Erfurt-Südost veräußerten Grundstücke. Beim Ankauf von großen zusammenhängenden Flächen für entsprechende Industrieansiedlungen von hoher struktureller Bedeutung sind potenzielle Käufer gerade in Anbetracht verschiedener interregionaler und internationaler Standortalternativen in der Lage, einen günstigen Quadratmeterpreis am Markt durchzusetzen. Dies ist auch ein durchaus übliches Marktverhalten. Schon allein aus diesem Grund ergeben sich zwischen den beiden genannten Standorten deutliche Unterschiede im Preisniveau. Zudem sind auch die anderen Standortfaktoren unterschiedlich ausgeprägt und wirken sich auf die Preisbildung aus.

Zu 5.: Die Grundstücke wurden durch die LEG nach öffentlichen Verkaufsbemühungen an das Unternehmen zum Marktpreis veräußert. der Bosch Solar durch die LEG vom Standort Erfurt ist nicht erfolgt.

Das Unternehmen hatte bereits Jahre zuvor im Rahmen einer Akquisition die frühere Firma ASi Industries mit Produktionsstätten in Arnstadt erworben. Der neue Standort auf der Industriegroßfläche Erfurter Kreuz bot dem Unternehmen eine insgesamt weit über 30 ha große zusammenhängende Industriefläche in unmittelbarer Nähe zu den bereits vorhandenen Produktionsstätten. Eine Fläche mit ähnlichen Rahmenbedingungen gab es in Erfurt nicht. Als Standortalternative zu Arnstadt hat die Bosch Solar Energy AG zum damaligen Zeitpunkt nach eigenem Bekunden vielmehr die Umsetzung des Vorhabens in Sachsen geprüft.

Bei der Verlagerung eines Teils der Produktionsstätten von Erfurt nach Arnstadt werden die vorhandenen Arbeitsplätze mit verlagert. Gleichzeitig sollen mit der Durchführung des aktuellen Investitionsvorhabens zusätzlich über 1 000 Arbeitsplätze neu geschaffen werden.

Zu 6.: Die gewerbliche Förderung erfolgt im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW).

Ab 2007 beträgt der Förderhöchstsatz laut GRW-Rahmenplan bei Betriebsstätten von kleinen Unternehmen 50 Prozent, von mittleren Untenehmen 40 Prozent und von großen Unternehmen 30 Prozent. Die in Thüringen geltenden Förderrichtlinien enthielten bis 31. Dezember 2008 davon abweichende Fördersätze (siehe Anlage).

Die Förderung erfolgte durch das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit (TMWTA) respektive die Thüringer Aufbaubank (TAB).

Zu 7.: Die gewerbliche Förderung erfolgt im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW).

Ab 2007 beträgt der Förderhöchstsatz laut GRW-Rahmenplan bei Betriebsstätten von kleinen Unternehmen 50 Prozent, von mittleren Untenehmen 40 Prozent und von großen Unternehmen 30 Prozent. Die in Thüringen geltenden Förderrichtlinien enthielten bis 31. Dezember 2008 davon abweichende Fördersätze (siehe Anlage).

Die Förderung erfolgte durch das TMWTA respektive die TAB.

Zu 8.: Die bis Ende 2006 anzutreffenden unterschiedlichen Förderhöchstsätze resultierten aus der Zuordnung des Ilm-Kreises und der kreisfreien Stadt Erfurt zu unterschiedlichen Fördergebieten gemäß GRW-Rahmenplan. Die Ansiedlungsinvestitionen im Ilm-Kreis konnten deshalb durch das TMWTA respektive die TAB mit einem höheren Fördersatz als in der Stadt Erfurt gefördert werden.

Der Bund-Länder-Planungsausschuss der GRW hat in seiner Sitzung am 20. Februar 2006 eine Neuabgrenzung der deutschen Regionalfördergebiete für die Jahre 2007 bis 2013 beschlossen. Im Ergebnis dessen gibt es keine B-Fördergebiete mehr. Alle Regionen des Freistaats Thüringen werden nunmehr als A-Fördergebiet eingestuft, sodass die Förderung der gewerblichen Wirtschaft ab 1. Januar 2007 für alle GRWAnträge, die nach der Veröffentlichung des Teils II des 36. GRW-Rahmenplans im Bundesanzeiger Nr. 201 vom 25. Oktober 2006 gestellt wurden, flächendeckend und zu einheitlichen Konditionen erfolgen kann.

Fördersätze der gewerblichen Wirtschaft gemäß Richtlinien des Freistaates Thüringen für die Gewährung von Zuwendungen aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW)