Ratenzahlung

Rechtsanwalt wenig später auch noch zwei sich auf die beiden Bescheide beziehende, gebührenpflichtige Widerspruchsbescheide. Mit dem Vorbringen, dass sowohl der Erlass als auch der Inhalt dieser beiden Widerspruchsbescheide für sie völlig unverständlich sei, wandte sie sich an die Bürgerbeauftragte.

Diese erbat sich zunächst den gesamten, umfangreichen Schriftwechsel in der unübersichtlichen Angelegenheit und konnte nach dessen Sichtung zur Beruhigung der Bürgerin zahlreiche miteinander verwobene Missverständnisse aufklären:

Nach Kommunalabgabenrecht ist beitragspflichtig, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld Eigentümer des Grundstückes oder Erbbauberechtigter ist. Mehrere Beitragspflichtige sind Gesamtschuldner (vgl. §§ 7 Abs. 10 Das hier betroffene Grundstück befand sich einmal im Eigentum der von der Bürgerin verwalteten Erbengemeinschaft.

Deshalb wurden alle Mitglieder der Erbengemeinschaft als Gesamtschuldner in Anspruch genommen, was rechtlich bedeutet, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner). Der Gläubiger kann die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern und bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet. Dies ergibt sich aus § 15 i.V.m.

§ 44 der AO. Dementsprechend hatte der Zweckverband durch Erst-Bescheid vom 01.04.1998 sowohl die Bürgerin als auch ihren Bruder zu Beiträgen herangezogen. Bezüglich der Beitragsforderung erging dann am 11.05.1998 ein Stundungsbescheid, mit dem Ratenzahlung gewährt wurde. Die beiden Grundbescheide vom 01.04.1998 wurde sodann im Laufe der Zeit mehrfach geändert, und zwar durch Bescheide vom 14.05.2004 und 06.02.2009.

Jedoch wurde weder gegen diese Grundbescheide Widerspruch eingelegt, noch ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Bescheide gestellt, sodass im Ergebnis Zahlungsverpflichtung entsprechend des im Stundungsbescheid festgelegten Zeitplanes bestand. Da die Zahlungsverpflichtungen aber nicht wie festgesetzt, sondern nur mit Verzögerung ein78 gehalten wurden, erging am 23.09.2005 ein Bescheid zur Erhebung von Säumniszuschlägen.

Gegen diesen Bescheid nun legte der ­ zu jener Zeit noch im Mandatsverhältnis mit der Bürgerin stehende ­ Rechtsanwalt Widerspruch ein. Da diesem vom Zweckverband nicht abgeholfen werden konnte, wurde der Vorgang am 19.12.2005 dem für den Erlass des nun zu erstellenden Widerspruchsbescheides zuständigen vorgelegt. Dieses informierte durch Schreiben vom 19.12.2008 über die Sach- und Rechtslage und gab Gelegenheit zur Rücknahme des Widerspruchs. Durch Schreiben vom 23.12.2008 teilte der ­ bis dahin immer noch von der Bürgerin bevollmächtigte ­ Rechtsanwalt mit, dass der Widerspruch aufrechterhalten bleibe.

Anfang 2009 erfolgte dann die Kündigung des Mandats gegenüber dem Rechtsanwalt, was die Bürgerin nach eigenen Angaben aber lediglich dem Zweckverband als Urheber der Bescheide mitteilte. Herr des Verfahrens war zu diesem Zeitpunkt und in diesem Stadium des Widerspruchsverfahrens jedoch längst nicht mehr der Zweckverband, sondern bereits das Diesem hätte daher die Mitteilung darüber gemacht werden müssen, dass das Mandatsverhältnis mit dem Rechtsanwalt nicht mehr bestand. Und diese Benachrichtigung über den Status/Stand ihrer rechtlichen Vertretung oblag der Bürgerin als Widerspruchsführerin, die sie trotz der Bevollmächtigung des Rechtsanwaltes geblieben war. Da nun am 23.12.2008, als der Behörde Mitteilung über die Aufrechterhaltung des Widerspruchs bezüglich des Bescheides über die Säumniszuschläge gemacht wurde, das Mandat noch bestand, wurde die Bürgerin von ihrem Rechtsanwalt folglich noch vertreten, sodass dieser für sie auch wirksam Erklärungen abgeben konnte.

Weil sich nun aber, was die zahlreichen Änderungsbescheide des Zweckverbandes belegten, im Laufe der Zeit die geltend gemachte Grund-Beitragsforderung geändert hatte, änderte sich konsequenterweise auch die Säumnisforderung, welche durch Änderungs-Bescheid vom 06.02. geltend gemacht wurde. Sowohl dieser Bescheid als auch der 2. Änderungsbescheid zur Grund-Beitragsforderung vom gleichen Tag wurden vom Zweckverband an den ­ nun: ehemaligen ­ Rechtsanwalt gesandt, was aus Sicht des Zweckverbandes vollkommen konsequent war, denn diesem war erst durch Schreiben der Bürgerin vom 25.02.2009, Eingang: 26.02.2009, und damit nach Bescheiderlass mitgeteilt worden, dass das Mandatsverhältnis nicht mehr bestehe.

Für die vorliegende Angelegenheit war damit im Ergebnis von entscheidender Bedeutung, dass zwischen der Grund-Beitragsforderung und etwaig anfallenden Nebenforderungen (Säumniszuschlägen, Mahngebühren usw.) zu unterscheiden ist und beide Angelegenheiten jeweils Gegenstand getrennter, voneinander unabhängiger Verwaltungsverfahren sind. Da gegen die Bescheide, die die Grund-Beitragsforderung betreffen, zu keiner Zeit Widerspruch eingelegt oder sonst ein Rechtsbehelf ergriffen worden war, war Bestandskraft eingetreten. Das gleiche galt für den Stundungsbescheid.

Zum Zeitpunkt der Prüfung durch die Bürgerbeauftragte war damit lediglich noch das Verwaltungsverfahren bezüglich der Säumniszuschläge offen, wobei hier ein Widerspruchsbescheid vorlag, der nur noch mit einer fristgemäßen verwaltungsgerichtlichen Klage hätte angegriffen werden können. Deren Erfolgsaussichten hingen davon ab, ob entsprechend der Festlegungen im Stundungsbescheid gezahlt wurde oder nicht, was der Bürgerbeauftragten nach Aktenlage zweifelhaft erschien.

Die Bürgerin wurde schließlich darüber informiert, dass, sofern ein Grundstück bzw. das Erbbaurecht nach Entstehung der sachlichen Beitragspflicht veräußert wird, die persönliche Beitragspflicht des bisherigen Eigentümers bzw. Erbbauberechtigten unberührt und folglich bestehen bleibt. Etwaige entgegenstehende vertragliche Vereinbarungen wirken nur im Innenverhältnis zwischen dem Erwerber und dem Veräußerer und sind für die beitragsrechtliche Beurteilung ohne Bedeutung. Von der Grund-Beitragsforderung abgeleitete Säumnisforderungen teilen konsequenterweise dieses Schicksal der Hauptforderung, sodass sich der Zweckverband auch bezüglich der Säumniszuschläge ­ beanstandungsfrei ­ stets jeweils sowohl an die Bürgerin als auch an ihren Bruder gewandt hatte.

Im Ergebnis konnte die Bürgerbeauftragte mit ihren Erläuterungen damit den Vorwurf der Bürgerin, Opfer eines erheblichen behördlichen und rechtsanwaltlichen Versäumnisses zu sein.