Frage 43 In welchem Umfang wurden bei Sozialwohnungen besondere Erfordernisse für ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen

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Bei der künftigen Wohnraumförderung sind grundsätzlich keine über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehenden Energiesparmaßnahmen vorgesehen. Nur für einzelne innovative, weiterführende Modellvorhaben könnten Ausnahmen in Betracht kommen.

Frage 43. In welchem Umfang wurden bei Sozialwohnungen besondere Erfordernisse für ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen berücksichtigt?

Beim geförderten Mietwohnungsbau sind die Erdgeschosswohnungen barrierefrei nach DIN 18025 Teil 2 zu planen. Diese Wohnungen entsprechen den Anforderungen an Wohnungen für ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen.

Wohnungen, die für Rollstuhlbenutzer bestimmt sind, müssen den Mindestanforderungen der DIN 18025 Teil 1 entsprechen.

In den Jahren 1996 bis 2000 wurden nach Angaben der Landestreuhandstelle Hessen im Rahmen des sozialen Mietwohnungsbaus im so genannten

1. Förderungsweg insgesamt 702 barrierefreie Wohnungen (DIN 18025 Teil 2) und 245 rollstuhlgerechte Wohnungen (DIN 18025 Teil 1) gefördert. Auch im Rahmen der so genannten Vereinbarten Förderung waren nach den Vorschriften der Technischen Wohnungsbaurichtlinien 1993 bereits alle barrierefrei zu errichten. Deren Zahl wurde jedoch nicht gesondert erfasst. Schätzungsweise dürften in diesem Bereich mindestens nochmals 1.300 barrierefreie Wohnungen im genannten Zeitraum gefördert worden sein.

Für dieses Jahr hat das Land ein neues Programm mit einem Bewilligungsvolumen von 500.000 aufgelegt, mit dem die Beseitigung baulicher Hindernisse für Menschen mit Behinderungen in bestehenden Wohngebäuden und im näheren Wohnungsumfeld gefördert wird. Die Förderung erstreckt sich sowohl auf selbstgenutztes Wohneigentum als auch auf Miet- und Genossenschaftswohnungen. Je Wohnung können bis zu 20.000 als Kostenzuschuss vom Land ausgezahlt werden.

Legt man einen durchschnittlichen Förderbetrag von 10.000 zugrunde, dann können mit dem zur Verfügung stehenden Fördergeld rund 50 Wohnungen im Bestand für Menschen mit Behinderungen, zu denen nicht zuletzt ältere Menschen gehören, besser nutzbar gemacht werden.

Frage 44. Barrierefreies Wohnen besitzt bei der Planung eines Neubaus oftmals keine Bedeutung, da die überwiegende Zahl der Bauherren aktuell von diesem Problem nicht betroffen ist. Werden von der Landesregierung Anstrengungen unternommen, Bauherren und Architekten über barrierefreies Bauen zu informieren, damit die Nutzungsmöglichkeit der Wohnung oder des Hauses auch bei Auftreten einer Behinderung erhalten bleibt?

Die Regierungspräsidien führen im Auftrag der Landesregierung seit Jahren zum Thema Barrierefreies Bauen Informationsveranstaltungen für alle am Bau Beteiligten durch. Diese Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen werden nach Neufassung der Hessischen Bauordnung noch intensiviert.

Um die Bedeutung des barrierefreien Bauens zu unterstreichen, ist bei Neufassung der Hessischen Bauordnung vorgesehen, eine allgemeine Definition des Begriffes Barrierefreiheit aufzunehmen. Folgende bauliche Maßnahmen, die auch den Belangen von behinderten Personen dienen, sollen in die neue Hessische Bauordnung aufgenommen werden:

- Gebäude mit einer Höhe von mehr als 13 m müssen Aufzüge in ausreichender Zahl haben;

- von diesen Aufzügen muss mindestens ein Aufzug unter anderem Rollstühle aufnehmen können und Haltestellen in allen Geschossen haben;

- Fahrkörbe zur Aufnahme eines Rollstuhles müssen eine nutzbare Grundfläche von mind.1,10 m x 1,40 m haben, Türen eine lichte Durchgangsbreite von mindestens 0,90 m;

- vor den Aufzügen muss eine ausreichende Bewegungsfläche vorhanden sein;

- Eingangstüren von Wohnungen, die über Aufzüge erreichbar sein müssen, müssen eine lichte Durchgangsbreite von mindestens 0,90 m haben;

- in Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein; in diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad und die Küche oder Kochnische mit dem Rollstuhl zugänglich sein;

- bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, müssen nach Neufassung der Hessischen Bauordnung in den dem allgemeinen Besucherverkehr dienenden Teilen so errichtet und instand gehalten werden, dass sie von Menschen mit Behinderungen, alten Menschen und Personen mit Kleinkindern barrierefrei erreicht und ohne fremde Hilfe zweckentsprechend genutzt werden können.

Die neue Hessische Bauordnung soll die vorgenannten bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen schaffen, um alten und behinderten Menschen sowie Personen mit Kleinkindern eine ungehinderte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.

Frage 45. Werden von der Landesregierung Beratungsmaßnahmen gefördert, um älteren Menschen leichteren Zugang zu altengerechten Wohnungen zu ermöglichen?

Das Hessische Sozialministerium fördert die Beratung von alten Menschen in Angelegenheiten des altengerechten Wohnens und der Wohnraumanpassung mit rund 80.000 pro Jahr. Es wird gezielt der Aufbau einer zentralen Fachstelle Wohnen im Alter gefördert, die für die Entwicklung einer Unterstützungsstruktur als vernetzte Dienstleistung verantwortlich ist. Darüber hinaus werden Qualifizierungsmaßnahmen in den regionalen Beratungsangeboten unterstützt sowie die Fortbildung und Begleitung von Ehrenamtlichen.

Frage 46. Um der Alterseinsamkeit zu begegnen, sind in den letzten Jahren unterschiedliche Wohnmodelle entwickelt worden. Werden von der Landesregierung Maßnahmen unterstützt, die den besonderen räumlichen Anforderungen solcher Wohngemeinschaften Rechnung tragen?

Der Alterseinsamkeit kann durch besondere Wohnmodelle im Mietwohnungsbau und bei der Bildung von Wohneigentum begegnet werden. Bei der Bildung von Wohneigentum wird generationenverbundenes Wohnen bevorzugt gefördert. Im sozialen Mietwohnungsbau werden zunehmend Maßnahmen des Betreuten Wohnens und vereinzelt auch Initiativgruppen unterstützt, die gemeinschaftliches Wohnen anstreben.

Das Hessische Sozialministerium hat eine landesweite Arbeitsgruppe eingerichtet mit dem Ziel, das gemeinschaftliche Wohnen älterer Menschen durch Beratung und fachliche Unterstützung für Initiativgruppen zu fördern, damit Interessierte ihre Wohnwünsche realisieren können. Im Frühjahr 2001 fand eine erste Befragung zu den gemeinschaftlichen Wohnformen statt. Die Ergebnisse wurden bei einer Fachtagung im Rahmen des Hessentages 2001 in Dietzenbach vorgestellt und in einer Broschüre veröffentlicht.

Frage 47. Wie werden Veränderungen in der Familienstruktur, beispielsweise auch durch die Zunahme von Alleinerziehenden, in der Wohnungspolitik des Landes berücksichtigt?

Der Bundesgesetzgeber hat mit dem zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Gesetz über die soziale Wohnraumförderung insbesondere auch gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung getragen. So wurde der bislang in der Wohnungsbauförderung übliche Familienbegriff durch den umfassenderen Haushaltsbegriff ersetzt.

Nach § 1 Abs. 2 sollen bei der Versorgung mit Mietwohnraum insbesondere Haushalte mit geringem Einkommen sowie Familien und andere Haushalte mit Kindern, Alleinerziehende, Schwangere, ältere Menschen, behinderte Menschen, Wohnungslose und sonstige hilfebedürftige Personen unterstützt werden. Dies wird auch bei der sozialen Wohnraumförderung und der Vergabe von Sozialwohnungen in Hessen berücksichtigt.

5. Regionale Wohnraumverteilung

Frage 48. In den letzten Jahren ist in der Wirtschaft die Tendenz zu beobachten, dass die Größe der Einzelunternehmen abnimmt. Gleichzeitig ist die Präsenz einer Firma in bestimmten Wirtschaftszentren durch die Informationstechnologie nicht mehr zwingend erforderlich. Daher können traditionelle Ballungszentren an Bedeutung verlieren. Welche Auswirkungen auf den Bedarf an Sozialwohnungen erwartet die Landesregierung durch diese strukturellen Veränderungen der Wirtschaft, der damit 18 verbundenen dezentralen Organisation der Arbeit und das Ausweichen von Firmen in die Fläche?

Der in den letzten Jahren zu beobachtende Rückgang der durchschnittlichen Betriebsgröße sowie die zunehmende Bedeutung der Informationstechnologie kann partiell (z.B. im Bereich des verarbeitenden Gewerbes) zu einem Bedeutungsverlust der traditionellen Ballungszentren führen.

Die Schlussfolgerung eines generellen Bedeutungsverlusts der Ballungszentren lässt sich jedoch nicht ziehen. Die Ballungszentren - insbesondere das Rhein-Main-Gebiet - verfügen über eine Vielzahl von Standortvorteilen, die z. B. im Hinblick auf die zukünftigen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, unternehmensbezogene Dienstleistungen usw. gerade für jene Unternehmen von zentraler Bedeutung sind, die sich im internationalen Wettbewerb befinden. Die hessischen Innovationszentren z. B. haben - nach einer Untersuchung des Hessischen Statistischen Landesamtes - ihren Schwerpunkt eindeutig in südhessischen Ballungszentren.

Forschende, zuliefernde, produzierende und abnehmende Unternehmensbereiche erfahren vielfältige Vorteile aufgrund ihrer regionalen Konzentration.

Nach einer Untersuchung des Hessischen Statistischen Landesamtes zur Erwerbstätigenentwicklung in Hessen zwischen 1991 und 1999 haben zwar die Landkreise insgesamt Arbeitsplätze hinzugewonnen und die kreisfreien Städte insgesamt Arbeitsplätze verloren. Zu beachten ist jedoch, dass die größten Zuwächse im Main-Taunus-Kreis, im Hochtaunuskreis und im Wetteraukreis lagen, die eindeutig zum Ballungsraum Rhein-Main zu rechnen sind.

Siedlungsstrukturell - und damit auch für den Wohnungsbau - relevant ist die jüngste Prognose des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung für die Raumordnungsregionen in Deutschland, die einen fortgesetzten Trend zur Suburbanisierung zulasten der Kernstädte der Agglomerationsräume und zugunsten des angrenzenden Umlandes konstatiert. Die Gründe hierfür sind vielschichtig und nicht nur wirtschaftsstrukturell bedingt.

Dagegen wird der Bedarf an Sozialwohnungen auch in Zukunft dort am größten sein, wo soziale Probleme am häufigsten und gravierendsten auftreten.

Dies ist nach den Erfahrungen der Vergangenheit - gemessen unter anderem an der relativen Häufigkeit des Sozialhilfebezugs - eindeutig in den Kernstädten der Fall. Gegenwärtig sind keine Anzeichen erkennbar, die darauf schließen lassen, dass sich dies in Zukunft ändern wird.

Frage 49. Inwiefern kann der soziale Wohnungsbau in seiner jetzigen Form auf diese strukturellen Veränderungen flexibel reagieren?

Mit der regionalen Verteilung der Fördermittel und der Verteilung auf die verschiedenen Förderwege und Zielgruppen kann flexibel und zeitnah auf strukturelle Veränderungen reagiert werden.

Die Förderung wird regelmäßig anhand der gewonnenen Erfahrungen und neuer Erkenntnisse fortgeschrieben. Sie kann damit auf regional-strukturelle Veränderungen optimal und zielorientiert antworten. So werden z. B. mit den neuen Richtlinien über die Förderung von selbstgenutztem Wohneigentum vom 3. Januar 2002 4/2002 S. 378) erstmals die regional unterschiedlichen Grundstückspreise in die Förderung einbezogen. Auch die künftigen Mietwohnungsbau- und Modernisierungsrichtlinien werden solche regionalen Differenzierungen berücksichtigen.

Das Land wird der künftigen Vergabe seiner Förderungsmittel verstärkt kommunale Wohnraumversorgungskonzepte, die von den Gemeinden und Gemeindeverbänden zu erstellen sind, zugrunde legen. Dadurch werden die Gebietskörperschaften, die an Fördergeldern interessiert sind, angeregt, ihre Konzepte regelmäßig an veränderte Marktbedingungen und ihre Stadtentwicklungsstrategien anzupassen. Dies bedeutet gleichzeitig eine Stärkung der kommunalen Selbstverantwortung.

Frage 50. Mit welchen Maßnahmen will die Landesregierung dafür sorgen, dass Wohnraum in Innenstädten attraktiv bleibt und der Fortzug der Bewohner verhindert wird?

Umfragen bestätigen immer wieder, dass das innerstädtische Wohnen von vielen Bevölkerungsgruppen bevorzugt wird. Dabei bilden die Innenstädte ein Geflecht verschiedenster Wohnungsteilmärkte, auf die sich die Nachfrage von recht unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen richtet.