Versicherungspflicht

Opferrente und Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung

Immer wieder erreichen die Landesbeauftragte Anfragen von Rentnern zur Einbeziehung der besonderen Zuwendung für Haftopfer nach § 17a in die Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Dazu ist grundsätzlich zu bemerken, dass hier zwischen pflichtversicherten und freiwillig versicherten Rentnern in der gesetzlichen Krankenkasse unterschieden werden muss.

Bei versicherungspflichtigen Rentnern ist beitragspflichtiges Einkommen neben dem Zahlbetrag der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch der Zahlbetrag der Einnahmen, die der Rente vergleichbar sind (so genannte Versorgungsbezüge). Von vergleichbaren Einnahmen spricht man, wenn diese Einkommensersatzfunktion haben. Nicht beitragspflichtig sind danach Entschädigungsleistungen auf Grund von Sonderopfern für die Allgemeinheit, da sie ihre Ursache nicht in einem Beschäftigungsverhältnis haben. Für versicherungspflichtige Rentner ist die Opferrente somit nicht beitragspflichtig.

Anders bei freiwilligen Mitgliedern in der gesetzlichen Krankenversicherung. Hier gilt, dass bei der Beitragsbemessung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen ist.

Nach § 240 Abs. 1 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) umfasst der Begriff der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit alle Einnahmen, die dem Mitglied zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes zufließen.

Der Gesetzgeber hat die Verantwortung für die praktische Umsetzung der beitragsrechtlichen Regelungen für freiwillige Mitglieder dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV) übertragen. Der GKV-Spitzenverband hat einheitliche Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung erlassen. Danach unterliegt die besondere Zuwendung für Haftopfer nach § 17a der Beitragspflicht im Rahmen einer freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Situation politisch Verfolgter der SBZ/DDR

Immer wieder melden sich nach § 3 Abs. 1 anerkannte beruflich Verfolgte, so genannte verfolgte Schüler, die keinerlei Entschädigungsleistungen für ihr erlittenes Unrecht erhalten. Das waren im Berichtszeitraum insbesondere Personen, denen in den 1950er und 1960er Jahren die Möglichkeit auf eine zur Hochschulreife führende Ausbildung aus politischen Gründen verwehrt wurde. Der frühe Eingriff in die Rentenbiografie und die weitere Verhinderung eines beruflichen Aufstiegs wirken bis heute fort. Als Rentner spüren sie das bei der monatlichen Rentenzahlung.

Herr W., Jahrgang 1941, hatte zum 17. Juni 1953 in der Schule geäußert, dass das System des Spitzbartes am Ende sei und Ulbricht nicht mehr lange machen werde. Dem Schuldirektor wurde dies zugetragen. Er meldete dies an die Abteilung Volksbildung beim Rat des Kreises weiter.

Nach Abschluss der 8. Klasse mit einem Notendurchschnitt von 1,1 wurden Herr W. der Besuch der POS (10. Klasse) und der Besuch einer EOS (Abitur) verweigert. Zur Begründung dienten seine Äußerungen zum Volksaufstand 1953, seine christliche Einstellung und die Verweigerung der Jugendweihe. Diese Begründung begleitete ihn in der Kaderakte bis 1990 und verhinderte nicht nur seine beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, sondern sorgte auch für einen niedrigeren Verdienst gegenüber den Kollegen, die sich dem Parteibeitritt und dem Eintritt in die Kampfgruppe nicht verschlossen.

Mit Erreichen des Rentenalters beantragte Herr W. die Rehabilitierung nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz da er für sich einen Rentennachteil aus Gründen politischer Verfolgung sah. Herr W. erhielt die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung, durch den der verwehrte Schulbesuch für rechtsstaatswidrig erklärt wurde. Gleichzeitig erhielt er eine berufliche Rehabilitierung für den Zeitraum 01.09.1956 bis 02.10.1990 als verfolgter Schüler. Soziale Ausgleichsleistungen stehen ihm auf Grund der Rehabilitierungen nicht zu. Für verfolgte Schüler sind im nur Leistungen zur bevorzugten Fortbildung und Umschulung vorgesehen.

Häufiges Thema in der Beratung ist die besondere Zuwendung für Haftopfer, die nicht nur von Anspruchsberechtigten als Opferrente bezeichnet wird. Missverständnisse gibt es, wenn von der die Opferrente gewährenden Behörde eine Aufenthalts- und Berechtigungsbescheinigung abgefordert wird. Nach haushaltsrechtlichen Grundsätzen bedürfen regelmäßig wiederkehrende Leistungen jedoch einer periodischen Überprüfung zum Fortbestehen des Leistungsgrundes.

Zum Beispiel fällt die Zuständigkeit zur Auszahlung der Opferrente auf Basis einer § 10 Abs. 4 HHG-Bescheinigung bei Umzug in ein anderes Bundesland an die für den neuen Wohnort zuständige Behörde.

Als Schikane empfinden es Arbeitslosengeld-II-Empfänger, wenn die die Opferrente gewährende Behörde nach einem erneuten Einkommensnachweis fragt, wenn der befristet ausgestellte Bescheid zum Arbeitslosengeld II ausgelaufen ist. Nach Ablauf der Befristung ist aber ein Einkommensnachweis als Grundlage einer Auszahlung nicht vorhanden. Manche Arbeitssuchende vermuten aber Gängelei der Behörde.

Als weiteres Problem zeigt sich die Problematik Einkommensgrenze bei Alleinstehenden, wie sie bereits in der Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages von der Landesbeauftragten angesprochen wurde (siehe auch 1.3). Frau X., alleinerziehend mit einem minderjährigen Kind, erhielt bis 2007 Unterstützungsleistungen bei der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge, weil sie nach deren Vorschriften in ihrer wirtschaftlichen Lage als besonders beeinträchtigt gilt. Nach Einführung der Opferrente ist sie wegen einer politischen Haftzeit über sechs Monate dort nicht mehr antragsberechtigt. Nach ihrem unveränderten Einkommen gilt sie bei der Opferrente jedoch nicht mehr als in ihrer wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt. Problem: Während die Einkommensgrenzen bei den Unterstützungsleistungen höher liegen und die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen, deren Nettoeinkommen (ohne Kindergeld) und nach Sozialgesetzbuch XII anzurechnende Ausgaben berücksichtigen, wird bei der Opferrente das Nettoeinkommen nur des Anspruchsberechtigten (unter Hinzurechnung des Kindergeldes) berücksichtigt. Durch den Partner gilt für den Anspruchsberechtigten zwar eine höhere Einkommensgrenze, das Einkommen des Partners bleibt dabei jedoch unberücksichtigt. Frau X. kann nicht glauben, dass es im Sinne des Gesetzgebers lag, allein stehende und besonders allein erziehende Berechtigte durch die Opferrente schlechter stellen zu wollen.

Als für ihn nicht nachvollziehbar beschwerte sich Herr M. in der Beratung über die Absenkung seiner sozialen Ausgleichsleistungen nach § 8 Als Verfolgter im Sinne von §1 Abs. 1 mit einer Verfolgungszeit von 12 Jahren erhielt Herr M. während seiner Berufstätigkeit auf Grund seines Einkommens eine Ausgleichsleistung nach § 8 in Höhe von 184 Euro. Er meinte, dass es doch nicht mit rechten Dingen zugehen kann, wenn er jetzt als Rentner ein geringeres Einkommen habe, und dazu auch noch die Ausgleichsleistung auf 123 Euro abgesenkt würde. Herr M. musste auf die Regelungen in §8 verwiesen werden, die er vom Verstand aufnehmen konnte, jedoch für weltfremd hielt.

Ein in diesem Zusammenhang noch schlummerndes Problem betrifft die Antragsberechtigten auf Leistungen nach § 8 die heute - im Berufsleben stehend - noch nicht als in wirtschaftlicher Lage besonders beeinträchtigt gelten. Wer von diesen nach dem 31.12.2012 Rentner wird, eine geringe Rente auf Grund der beruflichen Verfolgung bis 1990 erhält und dadurch nach als in seiner wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt gilt, kann die sozia11 le Ausgleichsleistung nicht mehr in Anspruch nehmen, da die Antragsfrist für diese Leistung dann ausgelaufen ist.

Aufenthalt im Kinderheim

Die in den Medien seit Juni 2009 immer wieder beschriebene mögliche Entschädigung für einen Aufenthalt im Kinderheim - unter Schlagzeilen wie Jetzt haben DDR-Heimkinder doch Chancen auf Entschädigung (Freies Wort 16.06.2009) - mit Verweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 13.05.2009 (Az. 2 718/08) sorgt unter ehemaligen Heimkindern für Verwirrung und weckt viele falsche Hoffnungen. Zunächst fragten Jugendämter und Sozialämter zur Problematik bei der Landesbeauftragten an. Inzwischen fragen viele ehemalige Heimkinder direkt bei der Landesbeauftragten und der Beratungsinitiative ebenso bei den Rehabilitierungsstellen für SED-Unrecht und den Landgerichten an. Die häufigste Frage der betroffenen Bürger war: Welche Stelle zahlt die Entschädigung für meinen Aufenthalt im Kinderheim aus? Viele ehemalige DDR-Heimkinder stellen in Erwartung einer Entschädigungsleistung gleich den Antrag nach dem bei den Landgerichten.

Bei der in den Medien dargestellten Entschädigung für Heimkinder handelt es sich um Entschädigungsleistungen, die einer Person nach Rehabilitierung nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz zustehen. Rehabilitierung nach bedeutet, dass das örtlich zuständige Landgericht festgestellt hat, dass eine Person in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis 2. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet zu Unrecht eine Freiheitsentziehung durch Urteil eines deutschen Gerichts, das der politischen Verfolgung gedient hat oder mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlich rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar ist, erlittenen hat. Rehabilitiert werden können auch behördliche Entscheidungen, mit denen eine Freiheitsentziehung oder ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen angeordnet wurde, die der politischen Verfolgung oder sonstigen sachfremden Zwecken dienten. Für den Antrag nach dem ist das Landgericht zuständig, in dessen Amtsbezirk die damalige Entscheidung ergangen ist.

Im oben erwähnten Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht ging es um die grundsätzliche Anwendbarkeit des auf eine Einweisung in ein Spezialkinderheim der DDR. Das OLG Naumburg hatte dies verneint. Es argumentierte, dass nur Maßnahmen, die durch eine strafrechtlich relevante Tat veranlasst worden seien, nach dem rehabilitiert werden könnten. Darin sah das Bundesverfassungsgericht eine unzulässige Einschränkung, da nach § 2 auch eine Freiheitsentziehung, die sonstigen sachfremden Zwecken gedient hat, einer Rehabilitierung nach zugänglich ist. Vom Bundesverfassungsgericht wurde daher die Sache zur Entscheidung an das OLG Naumburg zurück verwiesen. Diese Sachentscheidung steht noch aus.

Rehabilitierungen nach dem auf Grund einer Einweisung in ein Kinderheim der DDR sind nach den Erfahrungen der Behörde die Ausnahme. Bekannt sind einzelne strafrechtliche Rehabilitierungen in bestimmten Fällen der Einweisung in einen Jugendwerkhof. Einweisungen in den Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau werden seit 2004 generell rehabilitiert.

Stiftung für ehemalige politische Häftlinge

Die Stiftung für ehemalige politische Häftlinge in Bonn gewährt Personen, die nach § 10 Abs. 4 Häftlingshilfegesetz (HHG) als ehemalige politische Häftlinge anerkannt sind und Rehabilitierten nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz mit weniger als sechs Monaten politischer Freiheitsentziehung.