Gesamtkapazität der MVA Zella-Mehlis

Der Südthüringer Abfallzweckverband (ZASt) rechnet nach einer Information der Zeitung Freies Wort vom 4. Februar 2010 mit einer weiter sinkenden Auslastung der Müllverbrennungsanlage (MVA) in Zella-Mehlis.

So geht der ZASt ab 2011 nur noch von 90 000 Tonnen Hausmüll pro Jahr aus. Bei der Planung der MVA in Zella-Mehlis ging der Zweckverband noch von einer Müllmenge aus Haushalten von 120 000 Tonnen im Jahr aus. Als eine Ursache für die rückläufige Entwicklung der Hausmüllmenge gelten Anreizmaßnahmen zur Müllvermeidung. So hat der Landkreis Hildburghausen ein neues Mengenerfassungssystem beim Einsammeln des Hausmülls zum Einsatz gebracht. Andererseits fordert das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Maßnahmen zur Müllvermeidung.

Die Gesamtkapazität der MVA Zella-Mehlis liegt bei 160 000 Jahrestonnen. Bereits während der Planungsphase gab es Zweifel an dieser vom Zweckverband geplanten Müllmenge.

Da die Müllmengen sinken, will der ZASt den Behandlungs- bzw. Verbrennungspreis von derzeit 131 Euro/Tonne auf 138,50 Euro/Tonne erhöhen. Die Behandlungskosten fließen in die Gebührenkalkulation für die Entsorgungspflichtigen ein.

Um die Kapazität der MVA auszulasten, will der ZASt bis zu 60 000 Jahrestonnen frei gehandelten Gewerbemüll und Klärschlamm verbrennen. Der Behandlungs- bzw. Verbrennungspreis für diesen Gewerbemüll soll von ursprünglich 95 Euro/Tonne auf 70 Euro/Tonne sinken.

Die Gebührenkalkulation für die Jahre 2008 bis 2010 ging von einer Mengenverteilung von 120 000 Jahrestonnen andienungspflichtiger Abfall und 30 000 Jahrestonnen Gewerbeabfall aus. Im Jahr 2009 wurden tatsächlich 35 000 Tonnen realisiert. Dies führte zu einer Aufteilung der Gesamtkosten von 80,1 Prozent beim andienungspflichtigen Abfall und 19,1 Prozent beim Gewerbeabfall. Alle angefallenen fixen und variablen Kosten wurden nach diesem Schlüssel verteilt.

Der Verwaltungsgerichtshof Kassel hat mit seiner Entscheidung vom 27. April 1999 (AZ: N 3909/98) klargestellt, dass Kosten aus Überkapazitäten (Nichtauslastung) einer MVA nicht gebührenfähig sind.

Ich frage die Landesregierung:

1. Inwieweit unterliegt die Preiskalkulation der MVA Zella-Mehlis der rechtsaufsichtlichen Würdigungen bzw. Genehmigung und wie wird dies seitens der Landesregierung begründet, auch unter Berücksichtigung der Fakten, dass Eigentümer der Anlage ein kommunaler Zweckverband ist und die MVA durch das Land gefördert wurde?

2. Wie hat sich die Kapazitätsauslastung der MVA Zella-Mehlis seit der Inbetriebnahme entwickelt und welche Prognose für die nächsten Jahre gibt es (bitte Einzelaufstellung nach Jahren)? Welche Ursachen begründen die nachgefragten Kapazitätsauslastungen?

3. Gibt es derzeit nach Ansicht der Landesregierung bei der MVA Zella-Mehlis so genannte Überkapazitäten? Wenn ja, in welcher Größenordnung und wie sind diese begründet?

4. Nach welchen Kriterien bewertet die Landesregierung eine mögliche Kapazitätsauslastung der MVA Zella-Mehlis?

5. Welche Maßnahmen zur Abfallvermeidung (und damit zur Reduzierung der Abfallmengen) in Umsetzung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes hat der ZASt seit Inbetriebnahme der MVA Zella-Mehlis mit welchen Ergebnissen realisiert (bitte Einzelaufstellung)?

6. Welche Vorgaben hinsichtlich der zu behandelten Mengen in der MVA Zella-Mehlis bestehen seitens des Landes, auch im Zusammenhang mit der Gewährung von Fördermitteln?

7. In welcher Größenordnung kann der ZASt in der MVA Zella-Mehlis so genannten Gewerbemüll oder Fäkalschlämme verbrennen, ohne gegen die Nebenbestimmungen im Zusammenhang mit der Gewährung von Fördermitteln für die Behandlung von andienungspflichtigen Siedlungsabfällen zu verstoßen?

8. Unter welchen Voraussetzungen und bei welcher Mengenstruktur der zu behandelnden Abfallmengen müsste der ZASt Fördermittel für die MVA Zella-Mehlis an das Land zurückerstatten? Wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?

9. Inwieweit können die geplanten höheren Behandlungskosten der MVA für die Verbrennung der Siedlungsabfälle auch mit Blick auf die Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs Kassel vom 27. April 1999 (AZ: N 3909/98) gebührenfähig sein?

10. Wie wird begründet, dass die Behandlungskosten in der MVA Zella-Mehlis für die Siedlungs- und Gewerbeabfälle unterschiedlich ausgestaltet sind? Wie bewertet die Landesregierung dabei die Begründung der Betreiber der MVA Zella-Mehlis, dass sich der höhere Verbrennungsgrad der Gewerbeabfälle gebührenmindernd auswirken würde?

11. Über welche tatsächlichen Erkenntnisse zur Entwicklung des Hausmüllaufkommens verfügte der ZASt bei der Erstellung der Gebührenkalkulation für die Jahre 2008 bis 2010 und inwieweit wurden diese Erkenntnisse tatsächlich der Gebührenkalkulation zu Grunde gelegt? Inwieweit könnte eine Nichtberücksichtigung dieser tatsächlichen Erkenntnisse bei der Gebührenkalkulation zur Rechtswidrigkeit der Gebühr führen und wie wird diese Auffassung begründet?

12. Wie wird gesichert, dass über die höheren Behandlungskosten in der MVA für die Siedlungsabfälle nicht die niedrigeren Behandlungskosten für die Gewerbeabfälle subventioniert werden? Wie wurde hier durch wen und wann eine Überprüfung durchgeführt? Wer muss für die Differenzkosten aufkommen, wenn diese nicht gebührenwirksam werden dürfen?

Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 1. April 2010 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Die Gebührenkalkulation des Zweckverbandes für Abfallwirtschaft Südwestthüringen (ZASt) unterliegt nicht der Genehmigungspflicht, da diese nach den Bestimmungen des § 2 Abs. 5 Thüringer Kommunalabgabengesetz vor ihrer Bekanntmachung lediglich anzuzeigen ist. Dies umfasst auch die im Rahmen der Abgabensatzung festgesetzten Gebührensätze.

Die Restabfallbehandlungsanlage Zella-Mehlis (RABA Zella-Mehlis) ist durch den Freistaat nicht gefördert worden.

Zu 2.: Die Kapazitätsauslastung von Restabfallbehandlungsanlagen bemisst sich im Wesentlichen nach der Abfallmenge und dem dazugehörigen Heizwert.

Für die RABA Zella-Mehlis liegt die genehmigte Durchsatzkapazität bei 160 000 Tonnen/Jahr und einem mittleren Heizwert (Auslegungsheizwert) von 10 000 Kilojoule/Kilogramm.

Die immissionsschutzrechtliche Inbetriebnahme erfolgte am 1. Oktober 2008 (Aufnahme des Regelbetriebes).

Die Mengenauslastung stellt sich wie folgt dar: 2008 -145 000 Tonnen (incl. Probebetrieb), 2009 -163 000 Tonnen, 2010 -150 000 Tonnen (nach Wirtschaftsplan des ZASt), 2011-2014-150 000 Tonnen (nach Wirtschaftsplan des ZASt).

Zu 3.: Derzeit sind bei der RABA Zella-Mehlis keine Überkapazitäten zu erkennen. Zukünftig muss jedoch davon ausgegangen werden, dass aufgrund rückläufiger Abfallmengen im Verbandsgebiet des ZASt bestimmte Mengen an Gewerbeabfällen akquiriert werden müssen.

Ursachen rückläufiger Abfallmengen sind neben der Abfallvermeidung sowie besseren Abfallverwertung durch verstärkte Trennung von Einzelfraktionen auch Aspekte des demografischen Wandels.

Zu 4.: Grundsätzlich besteht seitens der Landesregierung ein großes Interesse daran, dass kommunale Infrastrukturanlagen eine möglichst hohe Kapazitätsauslastung aufweisen. Dies gilt auch für die RABA Zella-Mehlis.

Maßgebliches Kriterium als Folge der Auslastung ist die Wirtschaftlichkeit.

Zu 5.: Der ZASt hat satzungsgemäß nur eine Teilaufgabe eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers von seinen Mitgliedern übertragen bekommen. Dies sind die Übernahme der seinen Mitgliedern überlassenen Abfälle und deren schadlose Beseitigung.

Zu 6.: Die Anlage wurde nicht mit öffentlichen Mitteln gefördert, insofern gibt es keine Vorgaben.

Zu 7. und 8.: Da die Anlage nicht gefördert wurde, ist die Frage nach Verstößen gegen Nebenbestimmungen gegenstandslos.

Zu 9.: Der durch den Verwaltungsgerichtshof Kassel mit Beschluss vom 27. April 1999 (Az. N 3909/98) entschiedene Einzelfall ist nicht unmittelbar auf die derzeit beim Zweckverband für Abfallwirtschaft Südwestthüringen bestehende Situation übertragbar. Dies ergibt sich bereits aus den unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten, welche beispielsweise in der prognostizierten und tatsächlich anfallenden Abfallmenge ihren Niederschlag finden.

Zu 10.: Die unterschiedlichen Behandlungskosten in der Müllverbrennungsanlage Zella-Mehlis resultieren aus den in § 13 Abs. 1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz geregelten Andienungsvoraussetzungen von Abfällen aus privaten Haushaltungen und anderen Herkunftsbereichen. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Dies gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen oder überwiegende öffentliche Interessen eine Überlassung erfordern (§ 13 Abs. 1 Satz 2 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz).

Im konkreten Fall regelt die Entgeltordnung des ZASt, dass nichtandienungspflichtige Abfälle (Abfälle zur Verwertung) durch den Abfallerzeuger eigenverantwortlich frei Anlage geliefert werden müssen, während bei den überlassungspflichtigen Abfällen die Übergabe an den Müllumladestationen erfolgt. Somit werden durch den ZASt für die einzelnen Abfallerzeuger unterschiedliche Leistungen erbracht, die sich im jeweiligen Entgelt bzw. in der Benutzungsgebühr niederschlägt.

Im Übrigen begrüßt die Landesregierung grundsätzlich Gebühren mindernde Maßnahmen, soweit diese sich im rechtlich zulässigen Rahmen bewegen.

Zu 11.: Über welche tatsächlichen Kenntnisse der ZASt bei der Erstellung der Gebührenkalkulation 2008 bis 2010 zur Entwicklung des Hausmüllaufkommens verfügte und inwieweit diese Erkenntnisse tatsächlich der Gebührenkalkulation zu Grunde gelegt wurden, ist der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde nach den vorliegenden Unterlagen zur Gebührenkalkulation nicht bekannt.

Nach Angaben des ZASt sind in die Gebührenkalkulation die Abfallmengenansätze 2008 bis 2010 und die Kostenansätze 2008 bis 2010 eingegangen.

Zu 12.: Unter Hinweis auf die Antwort zur Frage 10 kann eine Subventionierung der Gewerbeabfälle nicht erkannt werden.

Der ZASt hat der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde nach den Bestimmungen des § 2 Abs. 5 Thüringer Kommunalabgabengesetz die Gebührensatzung vor ihrer Bekanntmachung anzuzeigen.

Die Frage ist hypothetisch. Die Beantwortung kann im Einzelfall erst erfolgen, wenn feststeht, ob und welche Kosten nicht gebührenfähig sind. Die neue Gebührensatzung soll im Jahr 2010 durch den Zweckverband erstellt werden und ab 2011 in Kraft treten.