Wie positioniert sich das Thüringer Innenministerium als oberste Rechtsaufsichtsbehörde zu den Beanstandungen des Thüringer

Februar 2010 hat folgenden Wortlaut:

Am 24. Oktober letzten Jahres erschien im Freien Wort ein Artikel unter der Überschrift Von lückenhaften Akten und laxen Kontrollen. Danach habe ein interner Prüfbericht des Thüringer Rechnungshofs der Kommunalaufsicht ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Gegenstand der Prüfung sei die Wahrnehmung der Kommunalaufsicht durch das Landesverwaltungsamt im Sachgebiet Kommunale Haushaltswirtschaft gewesen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie positioniert sich das Thüringer Innenministerium als oberste Rechtsaufsichtsbehörde zu den Beanstandungen des Thüringer Rechnungshofs?

2. In welcher Form ist das Thüringer Innenministerium seiner Aufgabe als oberste Rechtsaufsichtsbehörde während des Prüfungszeitraums von 2005 bis 2008 im Bereich Kommunale Haushaltswirtschaft nachgekommen?

3. Welche der beanstandeten Verfahrensweisen des Landesverwaltungsamtes, insbesondere die unzureichende Aktenführung, der so genannten Kennziffercheck, die unterlassene materielle Prüfung von Haushaltsansätzen, die formellen Mängel der Genehmigungsbescheide, die Genehmigung von Kreditaufnahmen trotz vorhandener Rücklagen, die Genehmigung von Krediten trotz fehlender dauernder Leistungsfähigkeit sowie der Genehmigung von Kreditaufnahmen für Eigenbetriebe, deren Erfolgspläne durchgängige Jahresverluste ausweisen, kannte das Thüringer Innenministerium?

4. Im Falle einer positiven Antwort zu einem Punkt von Frage 3, wie erklärt sich die Untätigkeit des Thüringer Innenministeriums als oberste Kommunalaufsichtsbehörde? Sofern das Innenministerium keine Kenntnis gemäß Frage 3 hat, wie ist die Unkenntnis im Rahmen einer ordnungsgemäßen Amtsausübung zu erklären?

5. Welche inhaltlichen, organisatorischen und personellen Konsequenzen zieht die Landesregierung aus den Beanstandungen des Thüringer Rechnungshofs?

6. Aus welchen Gründen ist seinerzeit im Thüringer Landesverwaltungsamt das Referat für kommunale Haushaltswirtschaft mit dem Referat Kommunalaufsicht zusammengelegt worden?

7. Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse aus der Zusammenlegung der Referate kommunale Haushaltswirtschaft und Kommunalaufsicht im Landesverwaltungsamt?

8. Wie schätzt die Landesregierung die Haftungsrisiken ein, die sich aus der Genehmigung rechtswidriger Kreditaufnahmen ergeben könnten?

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 6. April 2010 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Eine abschließende Bewertung des Thüringer Rechnungshofes (TRH) liegt bisher nicht vor. Ob alle angeführten Beanstandungen tatsächlich tragen, wird sich aus der abschließenden Stellungnahme des TRH ergeben. Das Thüringer Innenministerium hat jedoch bereits einzelne Prüfungsfeststellungen nach ihrem Bekanntwerden aufgegriffen und die maßgeblichen Sachverhalte in der neu erlassenen Bekanntmachung über das Kreditwesen der Gemeinden und Landkreise klargestellt.

Zu 2.: Die Tätigkeit des Thüringer Innenministeriums als oberste Kommunalaufsichtsbehörde besteht in aller Regel darin, die nachgeordneten Kommunalaufsichtsbehörden anzuleiten und hierfür Handlungsanleitungen z. B. durch Verwaltungsvorschriften oder Rundschreiben zur Verfügung zu stellen. Das Thüringer Innenministerium übt in seiner Zuständigkeit keine direkte Haushaltsaufsicht über einzelne Gemeinden oder Landkreise aus. Insoweit gelangen einzelne Haushalte und gegebenenfalls damit zusammenhängende Kreditgenehmigungen nur in Ausnahmefällen wie z. B. im Zusammenhang mit der Gewährung von Bedarfszuweisungen zur Kenntnis.

Zu 3.: Ob die vom Anfragenden angeführten Beanstandungen tatsächlich tragen, wird sich aus der abschließenden Stellungnahme des TRH, die - wie bereits ausgeführt - noch nicht vorliegt, ergeben.

Hinsichtlich der Aktenführung wird auf die Ausführungen zur Frage 5 verwiesen. Der Abgeordnete unterstellt auf Basis der Pressemitteilung, dass das Thüringer Landesverwaltungsamt keine materielle Haushaltsprüfung durchführe. Dies ist selbstverständlich nicht der Fall. Es erfolgt eine rechtsaufsichtlich übliche Plausibilitätsprüfung, wobei der Kennzifferncheck dazu dient, erfahrungsgemäß kritische und den Haushalt stark belastende Haushaltsstellen und -abschnitte zu überprüfen.

Natürlich kann und muss die Rechtsaufsicht nicht jede einzelne der vielen tausend Haushaltsstellen überprüfen. Aufgabe der Rechtsaufsicht ist es, Gesetzesverstöße aufzuzeigen und auf deren Behebung hinzuwirken. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass die Haushaltssatzung und der dazugehörige Haushaltsplan durch den Stadtrat bzw. Kreistag im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung und Selbstverantwortung geprüft und beschlossen wird. Die behaupteten formellen Mängel betreffen nicht - wie in der Kleinen Anfrage ausgeführt - Genehmigungsbescheide zum Haushalt, sondern das nach Auffassung des TRH vom verwendete Formblatt bezüglich der Vollständigkeit der Unterlagen. Hier wurde der Hinweis des TRH aufgegriffen und das Formblatt mittlerweile entsprechend ergänzt. Nur am Rande sei vermerkt, dass eine rechtsaufsichtliche Genehmigung nur zu erteilen ist, wenn die Haushaltssatzung genehmigungspflichtige Bestandteile enthält (z. B. erhöhte Kreisumlage), ansonsten ist sie - wie andere Satzungen auch - nur anzeigepflichtig.

Auch sei darauf hingewiesen, dass nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 ein Verwaltungsakt, der einem Antrag vollumfänglich stattgibt und nicht in Rechte Dritter eingreift, nicht unbedingt begründet werden muss.

Dies bedeutet, dass im Falle einer Kreditgenehmigung in beantragter Höhe unter diesem Gesichtspunkt eine kurze Begründung ausreichend ist.

Darüber hinaus waren dem Thüringer Innenministerium vor der Prüfung durch den TRH die in der Frage genannten Einzelfälle nicht bekannt.

Zu 4.: Eine Prüfung der nachgeordneten Kommunalaufsichtsbehörden in Art und Umfang des Thüringer Rechnungshofes ist nicht Aufgabe des Thüringer Innenministeriums. Wenn Tatsachen bekannt werden, die auf Rechtsverstöße hinweisen, geht das Thüringer Innenministerium diesen Anhaltspunkten selbstverständlich nach und fordert gegebenenfalls Abhilfe.

Zu 5.: Welche Konsequenzen aus den Beanstandungen zu ziehen sind, hängt von der endgültigen Positionierung des TRH ab. Allerdings wurde bereits durch interne Maßnahmen im Thüringer Landesverwaltungsamt sichergestellt, dass die Dokumentation der Vorgänge im Sachgebiet nachvollziehbarer gestaltet wird.

Zu 6.: Die Zusammenlegung der beiden ursprünglich getrennten Referate 204 (Kommunalrecht) und 205 (Kommunale Finanzen) erfolgte zum 1. Juli 2005 aus Gründen der Generierung von Synergieeffekten und Personaleinsparungen (u. a. zwei Beamte h. D.).

Zu 7.: Die Zusammenlegung der beiden Referate hat sich bewährt, da zum einen Doppelbearbeitungen an den Schnittstellen vermieden werden konnten. Zum anderen konnte und kann bei rechtlichen Fragestellungen des Sachgebietes 240.3 problemlos auf den Sachverstand der übrigen Juristen und Sachbearbeiter des Referates 240 zurückgegriffen werden. In der Vergangenheit betraf dies z. B. Sachverhalte bei den so genannten Zulassungsverfügungen nach § 69 bzw. oder bei der Freistellung von Eigenbetrieben von der Abschlussprüfung gemäß § 85 für die das Thüringer Landesverwaltungsamt nach § 2 ausschließlich zuständig ist.

Zu 8.: Zunächst einmal ist festzustellen, dass bei Krediten § 63 Abs. 1 zu beachten ist, der auf § 54 Abs. 3 verweist. In § 54 Abs. 3 ist u. a. geregelt, dass Kredite nur aufgenommen werden dürfen, wenn eine andere Finanzierung wirtschaftlich unzweckmäßig ist. Diese Regelung wie auch die Bekanntmachung über das Kreditwesen in der jeweils gültigen Fassung gewähren der Rechtsaufsichtsbehörde Entscheidungsspielräume, die es im Rahmen von Einzelfallentscheidungen z. B. ermöglichen, Kredite trotz Rücklagen aufzunehmen. Dass ein solcher eingeschränkter Ermessensspielraum besteht, räumt selbst der TRH an der entsprechenden Stelle ein.

Sollte eine Kreditgenehmigung rechtswidrig erteilt worden sein, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Kreditaufnahme. Somit erleidet ein Dritter durch eine fehlerhafte Kreditgenehmigung keinen Schaden. Für die Kommune wirken sich etwaige Kreditaufnahmen nur auf zukünftige Kreditgenehmigungen aus und belasten den Haushalt im Jahr der Genehmigung sowie in den Folgejahren nicht anders als rechtmäßig erteilte Kreditaufnahmen. Eine weitergehende Auswirkung mit schädigendem Charakter ist nicht erkennbar.