Da der fragliche Mietvertrag ohne Gemeinderatsbeschluss zustande gekommen ist war das Auskunftsbegehren als unbegründet

8. Tätigkeitsbericht 2008-2009

Thüringer Landesbeauftragter für den Datenschutz

Auskunftsrecht des Gemeinderats bzw. eines seiner Mitglieder zu privatrechtlichen Verträgen

Aufgrund einer abstrakten Anfrage des Landratsamtes Weimarer Land zum Auskunftsrecht eines Gemeinderatsmitgliedes zu einem Mietvertrag, welchen eine Gemeinde mit einem privaten Mieter abgeschlossen hatte, wurde der um eine rechtliche Bewertung gebeten. Hierbei wurde folgendes festgestellt:

Nach § 22 Abs. 3 Satz 4 ist der Gemeinderat berechtigt und auf Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder verpflichtet, vom Bürgermeister in den Angelegenheiten, die die Überwachung seiner Beschlüsse betreffen, Auskunft zu fordern bzw. durch die von ihm beauftragten Ausschüsse oder bestimmten Gemeinderatsmitglieder Akteneinsicht zu nehmen. Das Überwachungsrecht des Gemeinderats erstreckt sich jedoch nicht allgemein auf die Tätigkeit der Gemeindeverwaltung, insbesondere nicht auf die Angelegenheiten, die der Bürgermeister in eigener Zuständigkeit erledigt.

Da der fragliche Mietvertrag ohne Gemeinderatsbeschluss zustande gekommen ist, war das Auskunftsbegehren als unbegründet anzusehen.

Abgesehen davon, ist ein individueller Auskunftsanspruch von Gemeinderatsmitgliedern im Gesetz nicht vorgesehen. Vorsorglich wurde zudem darauf hingewiesen, dass eine gleichwohl erfolgende Auskunft bzw. Einsicht in den Mietvertrag eine unzulässige Offenbarung personenbezogener Daten gegenüber unbefugten Dritten darstellen würde.

Eine Offenbarung des Inhalts privatrechtlicher Verträge auch gegenüber einem Gemeinderatsmitglied erfolgt unzulässig, wenn dieses Begehren nicht der Überwachung der Ausführung der Beschlüsse des Gemeinderats dienen sollte.

Unzulässige Übermittlung personenbezogener Daten von Kaufvertragsparteien an Erschließungsträger

Ein Betroffener beschwerte sich über die Übermittlung von personenbezogenen Daten der Parteien eines Grundstückskaufvertrags von der Stadtverwaltung Rudolstadt an den Erschließungsträger im Zusammenhang mit der Prüfung des gemeindlichen Vorkaufsrechts. Festgestellt wurde, dass die fraglichen personenbezogenen Daten zeitlich vor dem Stadtratsbeschluss zur Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts übermittelt wurden. Da die Entscheidung zum Vorkaufsrecht lediglich

8. Tätigkeitsbericht 2008-2009

Thüringer Landesbeauftragter für den Datenschutz die Kenntnis grundstücksbezogener Daten wie Lage, Größe und Kaufpreis erforderte, erfolgte die Übermittlung der personenbezogenen Daten wegen Verstoßes gegen das Prinzip der Erforderlichkeit ohne Rechtsgrund. Ebenso stellt § 27a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Baugesetzbuch wonach das gemeindliche Vorkaufsrecht auch zugunsten des Erschließungsträgers ausgeübt werden kann, keine Rechtfertigung dar, da diese Daten nicht für eine Einbeziehung des Erschließungsträgers in die Verwaltungsentscheidung erforderlich waren. Die Stadtverwaltung teilte mit, künftig nur die für die Aufgabenerfüllung erforderlichen Daten zu übermitteln und legte eine entsprechende Dienstanweisung vor.

Vor der Entscheidung über das gemeindliche Vorkaufsrecht darf die Kommune nur die hierfür erforderlichen Daten wie Lage, Größe und Kaufpreis des Grundstücks an einen öffentlichen Bedarfs- und Erschließungsträger übermitteln.

Firmenumsatz und Fremdenverkehrsabgabe

Eine Beschwerde hatte die Frage zum Gegenstand, ob ein Firmeninhaber von seiner Gemeindeverwaltung zur Berechnung der Fremdenverkehrsabgabe verpflichtet werden kann, den Jahresumsatz seiner Firma anzugeben. Die Gemeinde Schmiedefeld am Rennsteig begründete das Auskunftsersuchen mit Normen ihrer Fremdenverkehrsbeitragssatzung, die Unternehmen zu einer umsatzabhängigen Fremdenverkehrsabgabe verpflichtete, wenn diesen ... durch den Fremdenverkehr im Gemeindegebiet unmittelbare oder mittelbare wirtschaftliche Vorteile erwachsen. Gem. § 4 Abs. 1 darf der Umsatz des betroffenen Einzelunternehmens nur dann erhoben werden, wenn es das oder eine andere Rechtsvorschrift erlaubt oder anordnet oder soweit der Betroffene eingewilligt hat. Da der Betroffene in eine Datenerhebung nicht eingewilligt hatte, war die Zulässigkeit der Datenerhebung an Hand der o. g. Satzung zu prüfen. Im Ergebnis der Prüfung war nicht ersichtlich, dass der Firma durch den Fremdenverkehr unmittelbare oder mittelbare wirtschaftliche Vorteile erwachsen. Dies zeigte sich insbesondere daran, dass die Firma ein reiner Produktionsbetrieb für ein Messgerät ist, also nicht z. B. im Einzelhandel der Gemeinde tätig wird. Der Vortrag der Gemeinde, dass dem Unternehmen zumindest ein mittelbarer Vorteil aus dem Fremdenverkehr unterstellt werden müsse, da der Fremdenverkehr auch zu einer Erhöhung des Auftragsvolumens eines solchen Unternehmen führen könne, entbehrt einer substanziellen Grundlage. Auf Grund

8. Tätigkeitsbericht 2008-2009

Thüringer Landesbeauftragter für den Datenschutz einer solchen Argumentation könnte jedermann abgabepflichtig werden.

Derartige Regelungen bzw. Auslegungen genügen den verfassungsrechtlichen Vorgaben der Klarheit und Bestimmtheit nicht.

Nachdem das zuständige Landratsamt gebeten wurde, zur Zulässigkeit einer künftigen Erhebung von Umsatzdaten Stellung zu nehmen, wurde mitgeteilt, dass die Gemeindeverwaltung nunmehr beabsichtige, die Satzung derart zu ändern, dass künftig die Veranlagung der ortsansässigen Gewerbetreibenden eindeutig geregelt wird. Da die geänderte Satzung bisher noch nicht in Kraft getreten ist, konnte noch keine abschließende datenschutzrechtliche Bewertung erfolgen.

Eine kommunale Datenerhebung darf nur auf gesetzlicher Grundlage erfolgen. Auch Satzungen sind an verfassungsrechtlichen Vorgaben der Klarheit und Bestimmtheit zu messen.

Startschwierigkeiten mit der Online-Melderegisterauskunft

Im Berichtszeitraum wurde der informiert, dass die Stadt Erfurt beabsichtigt, ein Online-Verfahren im Rahmen der in Betrieb zu nehmen, welches einfache aus dem Melderegister ermöglicht. Rechtsgrundlage für diese einfache Online-Melderegisterauskunft über das Internet ist § 31 Abs. 3 Thüringer Meldegesetz i. V. m. mit den §§ 29 ff Thüringer Meldeverordnung Eine einfache Melderegisterauskunft nach § 31 kann grundsätzlich jeder erhalten, ohne dass man dies begründen muss. Diese Auskunft umfasst Vor- und Familiennamen, Doktorgrad und Anschriften einzelner bestimmter Einwohner, also keine Listenauskünfte. Bei einer Online-Melderegisterauskunft über das Internet kommt einschränkend hinzu, dass der Antragssteller den Gesuchten genauer bezeichnen muss. Neben Vor- und Familiennamen sowie Wohnort müssen mindestens zwei weitere Merkmale angegeben werden, die sich auch im Melderegister befinden (alles außer Geschlecht oder Staatsangehörigkeit). Dabei liegt es im Ermessen der Meldebehörde, welche dieser Merkmale in der elektronischen Antragsmaske nach § 29 genannt werden müssen. In der Stadt Erfurt sind es das Geburtsdatum, der frühere Name und die (frühere) Anschrift, wobei zwei der drei Angaben ausreichen. Die Abfrage der Merkmale soll dazu dienen, dass die Identität des Gesuchten im Melderegister eindeutig festgestellt werden kann.