Pflege

Aber auch außerhalb der NATURA-2000-Gebiete kann die Verbesserung von Schutzgegenständen einschließlich der Grundsanierung oder Komplettierung von besonderen Lebensräumen im Sinne des § 15d wie z. B. die Nachpflanzung bestehender überalterter Alleen oder die Sanierung degradierter Magerrasen eine Kompensationsmaßnahme darstellen.

Das wohl umfangreichste Projekt dieser Art im Regierungsbezirk Gießen sind entsprechende Maßnahmen im Naturschutzgebiet Aschborn/Uderborn bei Gießen.

Die Stadt Gießen hat die Möglichkeit, bei Umsetzung aller vertraglich vereinbarten Leistungen mehr als 7.000.000 Punkte nach der AAV zu erzielen.

Zu d) Es gibt zahlreiche Flächenvorhaben und Großprojekte, bei denen überwiegend auch Waldflächen in Anspruch genommen und für die neben den forstgesetzlich erforderlichen Ersatzaufforstungen weitere naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen benötigt werden, die einen hohen Bedarf an dafür geeigneten Flächen entstehen lassen. Die Suche nach realisierungsfähigen Maßnahmen und Flächen gestaltet sich zunehmend schwieriger. Seit mehreren Jahren werden deshalb bereits auf der Grundlage regionaler Regelungen und Leitfäden Kompensationsmaßnahmen im Wald durchgeführt. Nach einer Erhebung des Landesbetriebs Hessen-Forst sind bereits mehrere Hundert derartige Maßnahmen bei den Hessischen Forstämtern umgesetzt. Dies hat mit Sicherheit zu einer deutlichen Entlastung landwirtschaftlicher Flächen beigetragen.

Die Hessische Landesregierung hat mit Erarbeitung eines Handlungsleitfadens die nach der bestehenden Möglichkeiten, Kompensationsmaßnahmen im Wald durchzuführen, zusammenfassend dargestellt und aktuell Ende Juli diesen Jahres den Forst- und Naturschutzbehörden, LFNAbteilungen bzw. den für Forsten zuständigen Hauptabteilungen bei den Landräten in den Landkreisen und den Oberbürgermeistern in den kreisfreien Städten sowie den maßgeblichen Verbänden und anderen Institutionen an die Hand gegeben. Damit kann den potenziellen Maßnahmenträgern wie z. B. den Kommunen eine konkrete Handlungshilfe als eine Art Leitlinie überlassen werden, nach denen naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen im Wald geplant und durchgeführt werden können. Der Begriff Kompensation umfasst dabei alle Möglichkeiten der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen.

Maßnahmen im Wald kommen insbesondere dann in Betracht, wenn waldspezifische Funktionen des Naturhaushalts beeinträchtigt wurden oder wenn Eingriffe in waldreichen Gebieten kompensiert werden sollen. Maßnahmen im Wald bieten sich, neben konkreten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, aber auch an, wenn Ersatzmaßnahmen auf Vorrat geschaffen und sie später konkreten Eingriffen im Rahmen von Bebauungsplänen oder sonstigen Eingriffen zugeordnet werden sollen (vorlaufende Ersatzmaßnahmen nach § 135a bzw. § 6b Abs. 5 so genannten Ökokonto-Maßnahmen).

Dabei spielen der naturnahe Ausbau von Fließgewässern, Maßnahmen des Artenschutzes, die Aufwertung und Verbesserung des Zustandes insbesondere in Naturschutzgebieten oder den Vorranggebieten des europäischen Naturschutzrechts, die objektbezogene Gestaltung des Waldes und die Schaffung neuer Wasserflächen eine besondere Rolle.

Bei allen Maßnahmen dieser Art im Wald wird vorausgesetzt, dass sie eine ökologische Verbesserung des Waldzustands oder eine nachhaltige Optimierung der Waldfunktionen darstellen und den forstgesetzlichen Bestimmungen und insbesondere den einzelnen Kennzeichen von ordnungsgemäßer Forstwirtschaft nach § 6 Abs. 4 Hessisches Forstgesetz nicht zuwider laufen.

Zu e) Der Vertragsnaturschutz unterscheidet sich von den anderen in die Reihe der von den Fragestellern aufgeführten Maßnahmen durch seine Zielsetzung. Er ist weniger ein Instrument zur Verringerung von Flächeninanspruchnahme, sondern vielmehr eine geeignete Handlungsform (Vertrag statt Verwaltungsakt), um dem Grundsatz der Landesregierung, Kooperation anstelle von Konfrontation zu setzen, gerecht zu werden.

Bei Vertragsnaturschutzmaßnahmen ist grundsätzlich eine höhere Erfolgsquote zu erwarten als bei angeordneten Maßnahmen, da beim Bewirtschafter auch ein Eigeninteresse am Erfolg der Maßnahme unterstellt werden kann.

Zu f)

Die Schaffung neuer temporärer Wasserflächen im Zuge des dezentralen Hochwasserschutzes wird von der Landesregierung ebenfalls - soweit sinnvoll

- unterstützt. Hessen erfüllt mit der Erstellung des Retentionskatasters Hessen bereits eine wichtige Voraussetzung, um Hochwasser dezentral zurückzuhalten. Durch Speicherung des Hochwassers in Hochwasserrückhaltebecken und die zeitversetzte, verzögerte Abgabe lassen sich auch überörtlich wirksam werdende Hochwasserschutzmaßnahmen verwirklichen. Die Errichtung von so genannten grünen Hochwasserrückhaltebecken bedingt regelmäßig keinen zusätzlichen Verbrauch von hochwertigen Landwirtschaftsflächen, sondern höchstens eine zeitlich eingeschränkte Nutzung von extensiv genutzten Grünlandflächen.

Frage 8. Aktiver Klimaschutz dient auch unmittelbar dem Biotopschutz, denn ein Temperaturanstieg in der Atmosphäre um wenige Grad Celsius würde die vorhandenen Biotope weitgehend zerstören.

a) Wie bewertet die Landesregierung vor diesem Hintergrund die Anerkennung freiwilliger Maßnahmen zur CO2-Vermeidung für naturschutzrechtliche Ausgleichszwecke?

b) Welche Voraussetzungen für eine solche Anerkennung müssten gegebenenfalls noch auf Landes-, Bundes- oder EU-Ebene geschaffen werden?

Im Sinne des Naturschutzrechts werden Maßnahmen des Klimaschutzes ebenfalls begrüßt, sie sind aber nur dann in der Eingriffsregelung berücksichtigungsfähig, wenn unmittelbare Einwirkungen auf Schutzgüter der Eingriffsregelung nachgewiesen werden können. Dies fällt regelmäßig im Zuge der Eingriffsregelung schwer.

Zu a) Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind nach der Definition des Bundesnaturschutzgesetzes Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Dies scheidet bei Maßnahmen zur CO2-Vermeidung in der Regel aus. Ferner könnten Maßnahmen zur CO2-Vermeidung nur dann Leistungen zum Ausgleich sein, soweit auf der Eingriffseite eine Erhöhung des CO2-Ausstoßes direkt als Folge des Eingriffs abgeleitet werden könnte. Soweit über die Ve rmeidung und den Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe nach § 1a Abs. 2 Nr. 2 im Bauleitplanverfahren entschieden wird, wäre eine darüber hinaus gehende Anerkennung von Maßnahmen der CO2-Vermeidung als Ausgleichs- oder Kompensationsleistung allenfalls möglich, soweit entsprechende Zuordnungen und Festsetzungen städtebaulich begründet sind. Maßstab der mit der CO2-Vermeidungverbundenen Besserstellung müsste die Verbesserung einer örtlich vorhandenen Belastungssituation, nicht jedoch ein Beitrag zum allgemeinen Klimaschutz sein.

Im Zusammenhang z. B. mit der Errichtung von Windkraftanlagen hat es die Rechtsprechung allerdings bislang abgelehnt, den derartiger Vorhaben als naturschutzrechtliche Kompensation anzuerkennen,daes sich um Maßnahmen außerhalb des naturschutzrechtlichen Regelungsbereichs handelt.

Zu b) Die vorrangige Durchführung von Maßnahmen des Arten- und Biotopschutzes ist nicht nur eine Konsequenz aus der Eingriffsregelung, sondern auch Folge der arten- und biotopschutzrechtlichen Vorschriften europäischen Rechts (FFHRichtlinie, Vogelschutzrichtlinie) oder supranationaler Vertragsbindungen (z.B. Ramsar-Übereinkommen, Berner Konvention, Bonner Konvention, Biodiversitätskonvention). Damit sind rechtliche Rahmenbedingungen schwer vorstellbar, die für das eine Medien übergreifende Kompensationsverrechnung mit anderen Rechtsgütern des Umweltrechts zulassen. Derartige Überlegungen könnten Gegenstand der Gesamtüberlegungen zum Umweltgesetzbuch sein.

Frage 9. Welche konkreten Maßnahmen hat die Landesregierung bislang unternommen, um den Verbrauch wertvoller Böden wirksam zu begrenzen?

Auf die vorstehenden Antworten, insbesondere zu Fragen 6 und 7, wird hingewiesen.

Wertvolle Böden sind in den Regionalplänen überwiegend als Bereiche für die Landwirtschaft ausgewiesen. Sie sind damit als Vorranggebiete im Sinne des Planungsrechts vor anderen Nutzungsansprüchen geschützt. Auch für Zwecke des Naturschutzes dürfen sie allenfalls nach Zulassung einer Abweichung vom Regionalplan in Anspruch genommen werden.

Naturschutzrechtlich spielt ferner die Landschaftsplanung eine große Bedeutung. Die Landschaftsplanung und insbesondere die Bauleitplanung sind die wichtigsten Planungsinstrumente, in die die Belange des Bodenschutzes eingebracht werden können. Dies ist bei der letzten Fortschreibung der Regionalplanung bzw. der Landschaftsrahmenpläne durch Zulieferung von thematischen Bodenkarten z. B. zum Thema Natürliche Standorteignung für die landbauliche Nutzung (so genannte Nutzungseignungskarte), Ertragspotenzial und Biotopentwicklungspotenzial erfolgt. Darüber hinaus wurden Arbeitshinweise für den Fachbeitrag Boden in der Landschaftsplanung erarbeitet. In zwei Fachtagungen wurde das Thema Bodenschutz in der Landschaftsplanung und in der Bauleitplanung mit dem Ziel erörtert, durch die Berücksichtigung der Potenziale, Empfindlichkeit und Vorbelastungen von Böden zu sachgerechten Nutzungszielen, etwa zum Bestandsschutz für wertvolle Böden, zu kommen.

Frage 10. Welche weiteren Möglichkeiten sieht die Landesregierung, zukünftig dem Verlust landwirtschaftlicher Nutzfläche Einhalt zu gebieten?

Solche Möglichkeiten werden in der Fortsetzung der in der Antwort zu Frage 6 erwähnten Initiativen gesehen, insbesondere in der Verbesserung von Rechtsgrundlagen, die bisher die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen für nichtlandwirtschaftliche Zwecke ohne zwingende Gründe fordern, erleichtern oder fördern. Dies gilt auch für eine Verbesserung des Vollzugs des Bauplanungsrechts. Angesichts der verfassungsrechtlich garantierten Planungshoheit werden es wiederum vorrangig konsensuale Verfahren sein, die mittelfristig insbesondere bei der flächenintensiven kommunalen Bauleitplanung (siehe Antwort zu Frage 1) zu Erfolgen führen können, sofern sich nicht die bundesrechtlichen Rahmenbedingungen ändern.

Die für eine Umsetzung notwendigen Planungsgrundlagen sind vorhanden und werden ausgebaut. Durch eine fortlaufende Verdichtung der Bodendaten im Fachinformationssystem Boden/Bodenschutz werden in Zukunft noch bessere qualitative Aussagen zum Boden und zu vorrangigen Bodennutzungen auf größerer Maßstabsebene möglich sein, d.h. für die Flächennutzungsplanung auf gemeindlicher Ebene und für die Bewertung von Eingriffen und die Ausgleichsplanung.

Frage 11. Wie bewertet die Landesregierung den Einsatz von den Mitteln der Ausgleichsabgabe als Kapitalstock, aus dessen Erträgen Pflege-/Nutzungsverträge für Naturschutzgebiete oder der Vertragsnaturschutz finanziert werden?

Die Landesregierung prüft im Zusammenhang mit der Erarbeitung eines neuen, integrierten Agrarumweltprogramms die Möglichkeit, die Kofinanzierung der Agrarumweltprogamme im Rahmen eines Fondsmodells sicherzustellen.

Dies beinhaltet auch die Prüfung der Möglichkeit, Mittel der Ausgleichsabgabe entsprechend einzubeziehen. Angesichts der nach wie vor bestehenden Zweckbindung für einen wesentlichen Teil der noch nicht verausgabten Ausgleichsabgabe sowie insbesondere der Rückläufigkeit der Einnahmen aus der naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgabe kann dies allenfalls ein Beitrag und nicht das alleinige Finanzierungsinstrument für die genannten Zwecke sein.

Frage 12. Gibt es Erkenntnisse darüber,

a) wie zügig Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt werden,

b) wie sich diese Flächen langfristig entwickeln?

Zu a) Nach einer allgemeinen Bewertung muss davon ausgegangen werden, dass es beim Vollzug von Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § 200a die im Rahmen der Bauleitplanung festgesetzt werden, in nicht unerheblichem Maß zumindest zu zeitlichen Verzögerungen kommt. Die Ursachen und Hintergründe der Versäumnisse sind einzelfallbezogen und nach den örtlichen Ve rhältnissen zu sehen. Ein bestimmtes Muster ist nicht erkennbar. Es muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass die Bauleitplanung von ihrer Grundkonzeption her eher eine Angebots- als eine Vollzugsplanung ist.

Im Bericht des Präsidenten des Hessischen Rechnungshofes betreffend überörtliche Prüfung kommunaler Körperschaften über die Feststellungen von allgemeiner Bedeutung für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2000

(Zehnter Zusammenfassender Bericht), mit dem auch der Hessische Landtag befasst war (Drucks. 15/2959), wurden erhebliche konkrete Defizite hinsichtlich der Umsetzung des naturschutzrechtlichen Ausgleichs gerügt. Nach aktuellen Berichten der Regierungspräsidien sind die jeweils gerügten Maßnahmen in der Zwischenzeit allerdings überwiegend umgesetzt, teilweise steht die Umsetzung kurz bevor.