Kapitaldienstfinanzierung

Das Gesamt-Investitionsvolumen ist zunächst nach kameralen Maßstäben festzusetzen.

· Für die für eine Kapitaldienstfinanzierung in Frage kommenden Einzelprojekte ist eine Mindesthöhe festzulegen.

· Die Zinsen (konsumtiv) richten sich nach dem jeweiligen Restdarlehen; die Tilgungsraten (investiv) orientieren sich an der technischen Nutzungsdauer.

· Die Umstellung erfordert eine genaue (projektbezogene) Buchführung bis zum Ende der Tilgungszeit.

· Die Organisation der Durchführung in dezentraler/zentraler Aufgabenverantwortung ist noch festzulegen.

· Für die Gesamtlaufzeit ist eine Verpflichtungsermächtigung erforderlich.

· Barwertmäßig müssen Kapitaldienstfinanzierungen mindestens die gleiche Wirtschaftlichkeit wie kamerale Finanzierungen erreichen.

Zu dem daraufhin erarbeiteten Regelwerkentwurf hat sich der Rechnungshof mit Schreiben vom 19. Mai 1999 u. a. wie folgt geäußert:

· Bei der Kapitaldienstfinanzierung entsprechend dem Werteverzehr handelt es sich um ein Instrument, das aus der Privatwirtschaft übernommen werden soll. Wenn es sich dabei nicht nur um eine Streckung des Tilgungszeitraums gegenüber dem vorfinanzierenden Dritten handeln soll, setzt dies voraus, die Abschreibungswerte nicht durch eine neuerliche Kreditaufnahme zu erwirtschaften, sondern durch Einnahmen, die keine Kredite sein dürfen. Eine Strekkung der Tilgungsleistungen durch neuerliche Kreditaufnahmen hat zur Folge, dass die Restschuld über lange Zeit höher ist, als der Restwert der getätigten Investition und nachfolgende Generationen Schulden für Maßnahmen zu bedienen haben, die keinen oder keinen gleichwertigen Vermögenswert mehr haben. Wegen dieser Zukunftsbelastungen sehen wir daher diese neue Finanzierungsart nur dann als gerechtfertigt an, wenn sie gegenüber der bisherigen die wirtschaftlichere Alternative darstellt und wenn sie dazu beiträgt, dass in künftigen bremischen Haushalten Schulden abgebaut werden können.

· Ein derartiger Schuldenabbau ist gegenwärtig nicht gesichert. Das Regelwerk sieht zwar vor..., dass die für eine Kapitaldienstfinanzierung anfallenden Tilgungsraten aus den bestehenden bzw. geplanten Budgeteckwerten zu erbringen/erwirtschaften sind; dies kann jedoch... wegen der allgemeinen Haushaltslage nur zu einem langsameren Schuldenzuwachs führen, nicht jedoch zu einem Abbau der Schulden. Den einzigen kurzfristig erreichbaren Vorteil der Kapitaldienstfinanzierung erblicken wir somit darin, dass bei Einhaltung der Bedingung, dass diese Finanzierungsart die wirtschaftlichere Alternative darstellen muss und tatsächlich geringere Zinsausgaben bewirkt werden, eine gewisse Entlastung des nichtinvestiven Bereichs eintritt. Dadurch könnten die weiteren und dringend erforderlichen Sparanstrengungen unterstützt werden.

Diese für die nächste Legislaturperiode notwendigen verstärkten Sparanstrengungen mit dem Ziel eines alsbaldigen und nachhaltigen Schuldenabbaus müssten in einer neuen Finanzplanung belegt und in den künftigen Haushaltsplänen konsequent umgesetzt werden. Falls dies gelingt, bestehen aus der Sicht der Finanzkontrolle insoweit keine Bedenken gegen eine beabsichtigte kapitaldienstfinanzierte Durchführung von Investitionen.

· Die bremischen Haushalte sind seit Jahren dadurch geprägt, dass die ordentlichen Einnahmen nicht ausgereicht haben, die Personal- und sonstigen konsumtiven Ausgaben (Betriebshaushalt) zu decken. Die Vorgaben des § 18 LHO konnten daher nicht eingehalten werden. Auch die eingegangenen Sonder-Bundesergänzungszuweisungen ermöglichten wegen neuer Schuldenaufnahmen, insbesondere wenn man die außerhaushaltsmäßigen Vorfinanzierungen zu Lasten künftiger Haushalte einbezieht, bislang keinen Schuldenabbau gegenüber dem Stand vom 31. Dezember 1993. Die beabsichtigte Umstellung der Investitionsfinanzierung auf Kapitaldienstfinanzierung entsprechend dem Werteverzehr wird hieran solange nichts ändern, wie die laufenden Einnahmen nicht einmal ausreichen, die laufenden Ausgaben zu decken, so dass für eine wirkliche Schuldentilgung keine Mittel zur Verfügung stehen.

Das Regelwerk führt zwar aus, dass die durch Einführung der Kapitaldienstfinanzierung in der Anfangsphase erreichbaren Haushaltsentlastungen vollständig zur Reduzierung der Nettokreditaufnahme bzw. zur Schuldenentlastung genutzt werden sollen; letzteres kann jedoch nicht gelingen, solange der Betriebshaushalt dies gar nicht zulässt. Eine Darstellung der Kreditaufnahmen im Wege der Kapitaldienstfinanzierung vermindert lediglich das Haushaltsvolumen (weil die Nettokreditaufnahme sinkt) mit der Folge, dass der Zuwachs der Verschuldung erst am Ende des Finanzierungszeitraums, also mit dem Zeitpunkt des Endes der Nutzungsdauer seine volle Höhe erreicht hat. Bei dieser neuen Finanzierungsart kommt erschwerend hinzu, dass mit der Kapitaldienstfinanzierung pro Einzelmaßnahme ein sehr hoher Zinsaufwand verbunden ist, der sich über Jahrzehnte erstrecken kann und den Spielraum künftiger Haushalte erheblich einengt. Im Hinblick auf die im Jahre 2004 auslaufenden Sanierungszahlungen des Bundes halten wir es daher für unverzichtbar, die laufenden Ausgaben des Betriebshaushalts soweit einzuschränken, dass ein angemessener Teil der Tilgungsleistungen aus ordentlichen Haushaltseinnahmen leistbar ist und Unterdeckungen im Bereich der laufenden Rechnung, zu denen der erhebliche Zinsaufwand wesentlich beiträgt, nicht zu weiteren Kreditaufnahmen zwingen.

· Wird beabsichtigt, wirtschaftskraftstärkende Investitionen ratenweise im Wege der Kapitaldienstfinanzierung zu finanzieren, muss die Wirtschaftlichkeit dieses Finanzierungsweges nachgewiesen werden. Wir halten diese Finanzierungsart wegen der damit verbundenen langfristigen Belastung künftiger Haushalte dann für problematisch, wenn eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nur die gleiche Wirtschaftlichkeit wie bei einer Haushaltsfinanzierung belegen würde oder nur mit regionalwirtschaftlichen Effekten aus der Realisierung und/oder dem Vorziehen eines Projektes begründet werden kann. Diese weiteren Effekte dürfen bei einem Vergleich zwischen einer Haushaltsfinanzierung und einer Vorfinanzierung durch Dritte nur dann Entscheidungskriterium sein, wenn diese konkret dargelegt werden; ein Wirtschaftlichkeitsvergleich hinsichtlich der Zinskonditionen kann dadurch jedoch nicht ersetzt werden.

Diesen Erfordernissen würde es daher widersprechen, wenn Investitionen nur deswegen im Wege der Kapitaldienstfinanzierung finanziert würden, weil das Gesamtbudget eine Haushaltsfinanzierung nicht mehr hergibt...

· Wir halten es für bedenklich, dass wegen offenkundig fehlender Haushaltsmittel noch vor Einführung des Regelwerks diverse kapitaldienstfinanzierte Investitionen beschlossen worden sind, ohne dass die Maßstäbe der beabsichtigten Regelungen angewendet wurden. Insbesondere fehlen in den uns bekannt gewordenen Projekten Nachweise darüber, dass die beabsichtigte Kapitaldienstfinanzierung die wirtschaftlichere Alternative darstellt; die Wirtschaftlichkeitsnachweise zu diesem Finanzierungsweg sind daher noch nachzuliefern... 49 Zu diesen Äußerungen sah sich der Rechnungshof nicht zuletzt aus der Betrachtung zu § 18 LHO und den damit im Zusammenhang stehenden Verlusten des Betriebshaushalts veranlasst, die sich im Einzelnen wie folgt darstellen:

Die in den Beiträgen zu den Punkten Haushaltsgesetz und Haushaltsplan sowie Haushaltsrechnung enthaltenen Berechnungen zur Kredithöchstgrenze nach § 18.

§ 18 Abs. 1 LHO ist - bei Außerachtlassung der Sanierungszahlung - damit erneut und zwar beträchtlich und in beiden Gebietskörperschaften verletzt worden. In seiner Entscheidung vom 27. Mai 1992 hat das Bundesverfassungsgericht Bremen allerdings eine extreme Haushaltsnotlage bescheinigt (vgl. 86, 148 ff.), die eine ständige Verletzung von § 18 Abs. 1 LHO bewirkt.

Um bis zum Ablauf des zweiten Sanierungszeitraums - also bis zum Jahr 2005 tatsächlich und dann erstmals seit langem einen verfassungsgemäßen Haushalt vorlegen zu können, bedarf es daher ganz erheblicher Anstrengungen. Vor allem muss es gelingen, den sich inzwischen seit einigen Jahren auf jährlich über 1 Mrd. DM belaufenden Verlust des Betriebshaushalts - vgl. Tz. 8 - (s. nachfolgende Tabelle für das Land und die Stadtgemeinde Bremen) so zurückzuführen, dass die laufenden Einnahmen die laufenden Ausgaben decken.

Einnahmen und Ausgaben der laufenden Rechnung der brem. Haushalte in den letzten zehn Jahren, Land und Stadt zusammen (in Mio. DM).

Die über den Haushalt abgewickelten Schulden des Landes verringerten sich im Jahre 1998 gegenüber dem Vorjahr von 13,772 Mrd. DM um 491 Mio. DM auf 13,281 Mrd. DM. Der Schuldenabbau hat sich damit gegenüber dem Vorjahr verringert. Die Veränderung wird im Wesentlichen durch die in der Haushaltsrechnung nachgewiesene Nettokreditaufnahme belegt. Sie enthält jedoch z. B. nicht ein außerhaushaltsmäßig aufgenommenes Darlehen für die Fischereihafenschleuse in Bremerhaven, das sich am 31. Dezember 1998 auf rund 51,3 Mio. DM belief (s. hierzu auch Tz. 12), das indessen im Schuldenstand (auch des Vermögensnachweises) enthalten ist.

Im Vermögensnachweis werden jedoch für 1998 nicht Schulden in Höhe von 13,281 Mrd. DM, sondern in Höhe von 13,180 Mrd. DM ausgewiesen (Vorjahr: 13,218 Mrd. DM). Dies erklärt sich u. a. daraus, dass die in den Haushaltsplänen 1997 und 1998 im Haushaltsvermerk bei Hst. 0980/325 30-0 enthaltene Ermächtigung zur vorgriffsweisen Inanspruchnahme des Kreditrahmens des Folgejahres zu einer unterschiedlichen Behandlung der Schuldenaufnahme in der Haushaltsrechnung und im Vermögensnachweis führte. Die in den nachfolgenden Tabellen dargestellten Schuldenstände stellen somit eine Fortschreibung der Schuldenstände auf der Basis der in der Haushaltsrechnung ausgewiesenen Nettoneuverschuldung dar, in der die Verrechnungen zwischen den Haushaltsjahren enthalten sind. Dagegen bezieht sich der Stand der Verschuldung laut Vermögensnachweis auf die am 31. Dezember eines jeden Kalenderjahres erfassten fundierten Schulden.

Diese unterschiedliche Berechnung wird am besten durch einen Vergleich der Netto-Neuverschuldung verdeutlicht: Die Nettokreditaufnahme beträgt laut Haushaltsrechnung rund - 503.764 Mio. DM; die sich aus dem Saldo der Zu-/Abgänge (einschließlich der außerhaushaltsmäßigen Veränderungen) und der Tilgungen ergebende Veränderung in der Vermögensrechnung beläuft sich dagegen auf

- 556.485 Mio. DM (Vorjahr: - 676.598 bzw. - 462.166 Mio. DM). Der für den Vermögensnachweis geltende Stichtag ist auch bei der Errechnung des im Sanierungsbericht genannten Schuldenstandes maßgeblich, bei dem jedoch die im Vermögensnachweis eingerechneten Schulden der Betriebe unberücksichtigt bleiben.

Die Entwicklung der Schulden und der Nettokreditaufnahme des Landes ergibt sich aus der nachstehenden Übersicht: