Kredit

Die Wirtschaftlichkeitsberechnungen zur Errichtung des Parkhauses gingen 2008 von Gesamtkosten in Höhe von 3 013 256 Euro aus.

Die Stadt Eisenach verpflichtete sich gegenüber dem Investor vertraglich, das Parkhaus über einen Zeitraum von 25 Jahren anzumieten und dafür einen jährlichen Mietpreis von 270 000 Euro zuzüglich Gewinnabschöpfung für den Betreiber zu entrichten. Der Stadtrat stimmte dem Vorhaben mehrheitlich zu, weil durch die Stadtverwaltung zugesichert wurde, dass für die ersten fünf Jahre die zu erwartenden Defizite aus der Betreibung des Parkhauses mit Mitteln des Landes aus dem Förderprogramm Städtebau in Höhe von insgesamt 392 000 Euro ausgeglichen würden. Das Landesverwaltungsamt hat bereits 2008 die Auffassung vertreten, dass der Mietvertrag aufgrund der langen Laufzeit ein kreditähnliches Rechtsgeschäft darstellen würde. Vor dem Hintergrund der nicht abschließend zu bewertenden Gefahren für die Stadt Eisenach und deren Finanzsituation sei der Mietvertrag nicht genehmigungsfähig.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche einzelnen Bestandteile zur Errichtung und Betreibung des Parkhauses Am Markt enthält der Vertrag zwischen der Stadt Eisenach und dem privaten Investor (bitte Einzelaufstellung)?

2. Unter welchen vom Stadtrat bestimmten Voraussetzungen wurde der Oberbürgermeister der Stadt Eisenach vom Stadtrat ermächtigt, den betreffenden Mietvertrag zu unterzeichnen und inwieweit wurden diese Voraussetzungen tatsächlich erfüllt? Wann ist der Mietvertrag rechtswirksam unterzeichnet worden?

3. In welcher Höhe sind dem privaten Investor welche Kosten tatsächlich entstanden?

4. Inwieweit stellt der Mietvertrag zwischen der Stadt Eisenach und dem privaten Investor ein kreditähnliches Rechtsgeschäft dar und wie wird diese Auffassung durch die Landesregierung begründet?

5. Welche Auffassung hat das Landesverwaltungsamt im Jahr 2008 zur Frage, inwieweit der betreffende Mietvertrag ein kreditähnliches Rechtsgeschäft darstellt, welches genehmigungspflichtig sei, vertreten?

Wie bewertet die Landesregierung diese Auffassung des Landesverwaltungsamtes?

6. Inwieweit unterlag der Abschluss des betreffenden Mietvertrages der Genehmigungspflicht der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde? Weshalb unterlag der Mietvertrag gegebenenfalls nicht dem Genehmigungsvorbehalt?

7. Inwieweit wäre die Stadt Eisenach im Vorfeld der Errichtung des Parkhauses verpflichtet gewesen, eine Ausschreibung vorzunehmen und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 14. Juni 2010 wie folgt beantwortet:

Zu 1. bis 3:

Zu Einzelheiten des Mietvertrages ist anzumerken, dass der Rechtsaufsichtsbehörde lediglich ein nicht unterschriebener Vertragsentwurf zur Vorabprüfung vorlag. Eine weitere rechtsaufsichtliche Befassung mit dem Vorgang erfolgte nicht. Der Landesregierung liegen daher die zur Beantwortung der Frage notwendigen Informationen nicht vor.

Zu 4. bis 6:

Die Stadt Eisenach bat die Rechtsaufsichtsbehörde, das Thüringer Landesverwaltungsamt im Juni 2008 um Stellungnahme, ob es sich bei dem zu schließenden Mietvertrag um ein genehmigungsbedürftiges Rechtsgeschäft handele. Das kam nach Analyse des vorgelegten Vertragsentwurfes anhand der Kriterien, die das Thüringer Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 16. Dezember 2003, Az.: 2 KO 411/03, zu Mietverträgen als kreditähnlichen Rechtsgeschäften aufstellte, zu dem Ergebnis, dass ein solcher Fall nicht vorliege.

Mietverträge gelten grundsätzlich nicht als kreditähnliche Rechtsgeschäfte, soweit sie dem üblichen Standard entsprechen. Dementsprechend sind sie in der Bekanntmachung über das Kreditwesen der Gemeinden und Landkreise als solche nicht aufgeführt. Das OVG Weimar stufte Mietverträge ausnahmsweise dann als Verpflichtungen aus einem ähnlichen Rechtsgeschäft im Sinne von § 64 Abs. 2 Satz 1 Thüringer Kommunalordnung ein, wenn die Gemeinde als Mieterin in einem Dauerschuldverhältnis wirtschaftliche Risiken übernimmt, die das Übliche übersteigen und bei wirtschaftlicher Gesamtbetrachtung des Vertragswerkes bürgschafts- bzw. gewährvertragsähnlich sind, weil sie zwar nicht rechtlich, wohl aber wirtschaftlich einem Einstehenmüssen der Gemeinde für den Eintritt oder Nichteintritt bestimmter Umstände gleichkommen.

Die Risikoverteilung müsse sich als erkennbar unausgewogen darstellen.

Als Vergleichskriterien dienten

- Mietdauer,

- Möglichkeit ordentlicher Kündigung,

- Gestaltung des Mietzinses,

- Instandhaltungsverpflichtungen,

- Risiko der Untervermietung. Jahr mit nur 50% Auslastung bei einem gleichzeitig positiven Ergebnis

Nach einer Gesamtbewertung war festzustellen, dass das wirtschaftliche Risiko im Falle des Parkhauses nicht über das übliche Maß hinausgeht. Die Dauer der Mietzeit allein kann bürgschafts- oder gewährvertragsähnliche Wirkungen nicht begründen. Im Übrigen entsprach der Mietvertragsentwurf der allgemein üblichen Risikoverteilung, die eine Unausgewogenheit zulasten der Stadt Eisenach insoweit nicht erkennen ließ. Somit unterlag der Mietvertrag auch nicht der Genehmigungspflicht der Rechtsaufsichtsbehörde, da es sich nicht um ein kreditähnliches Rechtsgeschäft handelte.

Zu 7.: Die Vergabekammer des Freistaats Thüringen hat in einem Nachprüfungsverfahren mit Beschluss vom 10. Februar 2009 ihre Zuständigkeit gem. § 100 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) mit der Begründung verneint, der Mietvertrag über ein noch zu errichtendes Parkhaus unterfalle gem. § 100 Abs. 2 Buchst. h GWB nicht dem Vergaberecht.

Sie hat weiter festgestellt, dass der Vertragsentwurf selbst keine Bauverpflichtung enthielt, und dass entgegen der Auffassung der Kommunalaufsicht des Wartburgkreises eine Ausschreibung gem. § 31 Abs. 1 Thüringer Gemeindehaushaltsverordnung hätte erfolgen müssen. Ausnahmen von der Ausschreibungspflicht seien nicht erkennbar gewesen, wobei der Verstoß die Wirksamkeit der Veräußerung aber nicht berührte.