Studentenkrankenversicherungs-Meldeverordnung

Der Nachweis einer Krankenversicherung ist Voraussetzung für eine Immatrikulation an Thüringer Hochschulen. Das Verfahren hierzu ist in der Studentenkrankenversicherungs-Meldeverordnung vom 27. März 1996 (BGBl. I S. 568), die zuletzt durch Artikel 448 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, festgelegt. Die Verordnungsermächtigung basiert auf § 200 Abs. 2 Satz 2 SGB V. Ferner wird in § 254 SGB V das Zahlungsverfahren und eine Sanktion für den Fall geregelt, dass Studierende den Verpflichtungen gegenüber der GKV nicht nachgekommen sind. Daneben wurde mit dem GKV-WSG 2009 geregelt, dass Studierende in der Regel (und sofern sie nicht familienversichert sind) den Beitrag für ein ganzes Semester im Voraus zu entrichten haben.

Ich frage die Landesregierung:

1. Gibt es für den Bereich der Thüringer Hochschulen verwertbare bzw. aussagefähige Statistiken zu Krankenversicherungen von Studierenden? Wenn ja, wie viele Studierende an Thüringer Hochschulen waren in den vergangenen fünf Jahren nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 bzw. Nr. 10 SGB V versichert, wie viele Studierende waren in diesem Zeitraum nach § 10 SGB V mitversichert oder nach § 9 SGB V freiwillig versichert? Wie viele Studierende unterfielen keiner dieser Versicherungsarten oder waren nicht versicherungspflichtig z. B. aufgrund des Überschreitens der Alters- oder Fachsemestergrenze des § 5 Nr. 9?

2. Ist der Landesregierung bekannt, welche Krankenkassen den Betrag (ca. 390 Euro) entsprechend § 254 SGB V im Voraus fordern und wie viele Studierende im Sommersemester SS 2010 einen Zusatzbeitrag nach § 242 SGB V zahlen mussten sowie in wie vielen Fällen dieser nach § 250 Abs. 1 SGB V vom Versicherten allein getragen werden musste?

3. In wie vielen Fällen ist jeweils in diesem Zeitraum die Sanktion nach § 254 angedroht, in wie vielen auch vollzogen worden (nach Hochschulen aufschlüsseln)? In wie vielen dieser Fälle kam es zugleich zu einem Ruhen der Leistungen nach § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V?

4. Wie beurteilt die Landesregierung die Situation, wenn die Studierenden familienversichert sind, der/die Versicherte aber nicht im Stande ist, den Verpflichtungen gegenüber der GKV nachzukommen? Sieht sie in dieser Konstellation gesetzgeberischen Handlungsbedarf?

5. Wie bewertet die Landesregierung die Intensität des Grundrechtseingriffes der Sanktion im Vergleich zur verhaltenssteuernden Wirkung des § 254 SGB V? Sieht die Landesregierung eine Exmatrikulation auf Basis der genannten Vorschriften als gerechtfertigt, (grund)rechtlich verhältnismäßig und haltbar an? Worauf stützt sich die Bewertung des unbestimmten Begriffes der Erfüllung der Verpflichtung nach dem Sozialgesetzbuch gegenüber der zuständigen Krankenkasse?

6. Teilt die Landesregierung die Einschätzung der Kommentarliteratur, dass § 254 Satz 3 SGB V nicht auf Basis des Art. 74 Nr. 12 GG erlassen werden kann, da er eine hochschulrechtliche Materie regelt? Welche Konsequenzen zieht sie aus dieser Einschätzung?

Das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 30. Juni 2010 wie folgt beantwortet:

Zu 1. und 2.: Nein; es werden keine entsprechenden Daten erhoben.

Zu 3.: Angaben über die Androhung oder den Vollzug einer Sanktion nach § 254 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) in Verbindung mit § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Thüringer Hochschulgesetz bzw. § 69 Abs. 2 Nr. 6 wonach die Hochschule die Immatrikulation versagen oder eine Exmatrikulation erfolgt, wenn versicherungspflichtige Studierende eine Versicherungsbescheinigung nicht einreichen, liegen bei den Hochschulen nicht vor.

Zu 4.: Das Verhältnis der Meldepflicht des Mitglieds nach § 10 Abs. 6 SGB V zur Nachweispflicht bei Familienversicherung gemäß § 289 SGB V ist in der Theorie unklar. Da jedoch in der Praxis dieser mögliche Widerspruch keine Auswirkungen zeigt, sieht die Landesregierung keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf.

Sollten mit den Verpflichtungen die Tragung der Beiträge durch das Mitglied gemeint sein, so ist darauf hinzuweisen, dass eine Nichtzahlung nicht zum Leistungsausschluss für den Familienversicherten führt (mit Schreiben vom 23. Januar 2009 vertretene Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Gesundheit).

Zu 5.: Die Sanktionen gemäß § 254 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 bzw. § 69 Abs. 2 Nr. 6 wird als gerechtfertigt und rechtlich verhältnismäßig angesehen, da sie dazu beiträgt, dass der Studierende in seinem eigenen Interesse krankenversichert ist. Vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Intention, den Versicherungsschutz Studierender sicherzustellen sowie Zahlungsausfälle zu verhindern, sind Sanktionsmöglichkeiten geboten. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht.

Zu 6.: Kommentierungen aus denen hervogeht, dass § 254 Satz 3 SGB V nicht auf der Basis des Artikels 74 Nr. 12 GG erlassen werden kann, da er eine hochschulrechtliche Materie regelt, sind hier nicht bekannt.

Die Regelung in § 254 Satz 3 SGB V ist von der Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Sozialversicherung nach § 74 Abs. 1 Nr. 12 GG aufgrund des Sachzusammenhangs umfasst. Der Bund hat seine Kompetenz im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung vorab geprüft. Darüber hinaus sind Regelungen der Hochschulgesetzgebung, die strengere Anforderungen vorsehen, nicht ausgeschlossen.