Integrierte Vorgangsbearbeitungssystem (IGVP)

Ich frage die Landesregierung:

1. Wann wurde die zugrunde liegende Errichtungsanordnung für die integrierte Vorgangsbearbeitung und mit welchem Inhalt (Ziel, Zweck, Rechtsgrundlage, Art der zu speichernden Daten und Voraussetzung für die Speicherung usw.) erlassen?

2. Unter welchen konkreten Voraussetzungen werden personenbezogene Daten im IGVP erfasst und welche personenbezogene Daten dürfen danach im IGVP der Thüringer Polizei gespeichert werden?

3. Wer ist berechtigt, Daten in das IGVP zur Speicherung einzugeben?

4. Wie und durch wen wird die Erforderlichkeit und Zulässigkeit der Speicherung personenbezogener Daten im IGVP geprüft?

5. Wie viele Personen wurden seit ihrer Errichtung im IGVP jährlich erfasst (bitte Angabe nach Jahren und Angabe der Anzahl der Personen, zu denen Daten in der Datei gespeichert sind)?

6. Wie viele Personen und Personendatensätze sind im IGVP derzeit gespeichert?

7. Unter welchen Voraussetzungen können Personen, die im IGVP gespeichert sind, Auskunfts- und Löschungsansprüche geltend machen?

8. Wie viele Auskunftsersuchen von Bürgern wurden beim Landeskriminalamt oder den Polizeidienststellen seit 1. Januar 2009

a) gestellt,

b) beschieden,

c) mit jeweils welcher Begründung verweigert oder

d) sind mit jeweils welcher Begründung noch in Bearbeitung?

9. Unter welchen Voraussetzungen werden im IGVP gespeicherte Datensätze automatisch gelöscht?

10. Welche Fristen gelten für die Prüfung des Fortbestehens der Erforderlichkeit für im IGVP gespeicherte Datensätze (bitte gegebenenfalls nach Vorgangstypen differenzieren)?

11. Wie viele personenbezogene Datensätze wurden seit 1. Januar 2009 jeweils aus welchem Grund (Ablauf der Speicherfrist, fehlende Erforderlichkeit usw.)

a) gelöscht,

b) gesperrt oder

c) berichtigt?

12. Mit welchen weiteren polizeilichen Datenbanken ist das IGVP in welcher Form verknüpft?

13. Durch welche rechtlich verbindlichen Normen ist der Zugriff auf die im IGVP gespeicherten Daten rechtlich geregelt und unter welchen Voraussetzungen darf auf die im IGVP gespeicherten Datensätze zugegriffen werden?

14. Wie viele Personen welcher Behörden haben mit welchen Rechten und in welchem Umfang (z. B. auch über den örtlichen Zuständigkeitsbereich hinausgehend) Zugriff auf die im IGVP gespeicherten Datensätze?

15. Inwiefern wurde der Landesbeauftragte für den Datenschutz in die Errichtung des IGVP einbezogen und inwiefern ist der Landesbeauftragte für den Datenschutz in die laufenden Angelegenheiten (z. B. Auskunftsersuchen, Kontrolle, Berechtigungsänderung, Erweiterung und Veränderung der gespeicherten Kriterien usw.) des IGVP einbezogen?

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 9. Juli 2010 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Das Integrationsverfahren Polizei IGVP besteht aus folgenden Verfahren bzw. Dateien:

· Datei Vorgangsverwaltung zentral VVWz,

· Datei Vorgangsverwaltung Dienststelle VVWD,

· Datei Prüffristendatenbank PFDB,

· Verfahren Vorgangsverwaltung VVW,

· Verfahren Polizeivorgangsprogramm PVP,

· Verfahren Direktauskunft DA,

· Verfahren Prüffristenprogramm PFP,

· Datenaustausch mit der Staatsanwaltschaft

· die Protokolldatei PROTO und

· Datenübermittlung an das Thüringer Landesamt für Statistik (TLS) TLS.

Darüber hinaus können die Benutzerverwaltungen und hinzugerechnet werden.

Zu den einzelnen Bestandteilen existieren jeweils entsprechende Errichtungsanordnungen bzw. Verfahrensverzeichnisse.

Am 6. April 2004 erfolgte die Zustimmung zu den Errichtungsanordnungen, die der gegenwärtig genutzten IGVP Folgestufe 1 zu Grunde liegen. Die Zustimmung zur Errichtungsanordnung des Bestandteils TLS erfolgte am 29. September 2005. In einer Vorgängerversion wurde IGVP seit 1997 genutzt.

Ziel und Zweck von IGVP gemäß Errichtungsanordnungen IGVP unterstützt die polizeiliche Gefahrenabwehr, die Strafverfolgung, die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, die Erfüllung sonstiger zugewiesener Aufgaben und die Informationsgewinnung zum Zweck der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung. Es dient der Schriftguterstellung (Vorgangsbearbeitung in Strafverfahren, Ordnungswidrigkeitenverfahren, bei Verkehrsunfällen usw. des allgemeinen Schriftgutes (Aktenplan), der Registrierung bzw. Erfassung von Verwaltungselementen, der statistischen Erhebung von Anzeigen, Ermittlungsschreiben, Ordnungswidrigkeitenanzeigen und anderen polizeilichen Vorgängen, der Bereitstellung der Daten für die Verfahren Direktauskunft, EUSka (elektronische Unfalltypen-Steckkarte), THEA (Thüringer Erkennungsdienst-Arbeitsplatz) und INFo (Fallinformations- und Recherchesystem FINDUS), der automatisierten Löschung/Prüfung nach Ablauf der Prüffristen, der elektronischen Datenübermittlung an die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft der Übermittlung statistischer Daten zu Verkehrsunfällen an das TLS, der Überprüfung der Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorschriften, der Fehleranalyse, der Fehlerbeseitigung, der Systemverwaltung und der Benutzerverwaltung. Darüber hinaus dient es als Grundlage für die PKS (Polizeiliche Kriminalstatistik). Rechtsgrundlagen für IGVP gemäß Errichtungsanordnungen

· §§ 2, 31, 32, 40 Abs. 1 und 2, § 41 Abs. 1 und 3 Polizeiaufgabengesetz (PAG), §§ 161 und 163 Strafprozessordnung

· §§ 9, 19 Abs. 1, § 20 Abs. 1 und 2, § 21 Abs. 1 bis 3 und § 20 Abs. 4 Thüringer Datenschutzgesetz

· § 8 Abs. 2 Thüringer Statistikgesetz Art der gespeicherten Daten gemäß Errichtungsanordnungen

Die einzelnen Datenfelder werden auf Grund ihrer Quantität zu Oberbegriffen zusammengefasst. Es handelt sich dabei um: Identitätsdaten (zu Beschuldigten, Beteiligten, Betroffenen, Geschädigten, Anzeigenerstattern, Mitteilern, Zeugen, Auskunftspersonen, Bevollmächtigten, sonstigen juristischen Personen), Fahrzeugdaten, Dokumentendaten, Angaben zu anderen Sachen/Gegenständen, Maßnahmedaten (zu Sicherstellungen/Beschlagnahmen, Blutentnahmen, Urinproben, Freiheitsentziehungen), Texte (Berichte etc.), Vorgangsdaten/Verfahrensdaten (Aktenzeichen usw.), Grunddaten/Falldaten (z. B. Delikt, Tatzeit, Tatort, Tatörtlichkeit, modus operandi etc.), Verwaltungsdaten, Vorgangsverwaltungsdaten, Bildaufnahme zu Person/Sache/Spuren, Sachbearbeitung (Dienststelle, Beamter, Ablage, Empfänger etc.), Schriftverkehrsdaten, Benutzerdaten/Protokolldaten (mit Zeitpunkt einer Recherche, Erfassung, Änderung, Löschung etc.) und weitere Daten zu Verkehrsunfällen (Zweck: Übermittlung an das Thüringer Landesamt für Statistik). Voraussetzung für die Speicherung gemäß Errichtungsanordnungen

Die Voraussetzungen für Datenspeicherungen werden in einer Errichtungsanordnung nicht explizit aufgeführt, sondern durch die Angabe der Rechtsgrundlagen dargestellt.

Zu 2.: Die Voraussetzungen für die Datenspeicherungen bemessen sich nach der in den Errichtungsanordnungen aufgeführten Rechtsgrundlage des § 40 Abs. 1 und 2 PAG.

Zur Frage, welche personenbezogenen Daten gespeichert werden dürfen, wird auf die Antwort zu Frage 1, dort unter Art der gespeicherten Daten gemäß Errichtungsanordnungen verwiesen. Bei den dort als Oberbegriff genannten Identitätsdaten handelt es sich im Einzelnen um die Daten: KAN-Nummer, Personenart, Name, Geburtsname, sonstiger Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort, Landkreis, Geburtsstaat, Volkszugehörigkeit, Staatsangehörigkeit, Familienstand, Geschlecht, Wohnsitzart, Staat, Bundesland, Wohnort (Postleitzahl, Gemeinde, Straße, Hausnummer), zuständige Polizeiinspektion, Verletzungsgrad, Sachschaden, Berufsdaten (ausgeübter Beruf, Berufsgruppe, Beruf zur Tatzeit, erlernter Beruf), Schulbildung, Sterbezeit, Täterrolle, KAN (personengebundene Hinweise, Freitext, sonstige Hinweise), Beuteschaden, Opfertyp, Opfer-Täter-Beziehung, Opfer stand unter (Alkohol...), sonstige Hinweise und gegebenenfalls bei juristischen Personen um juristische Form, registriert bei, Registriernummer sowie Firmensitzart.

Darüber hinaus können das Kfz-Kennzeichen unter dem Oberbegriff Fahrzeugdaten, eine Dokumentnummer, Empfänger bei Sicherstellungen, Verständigte bei Freiheitsentziehungen, Angaben zum Tatort, Absender- bzw. Empfängerdaten im Rahmen des Schriftverkehrs, Daten von Mitarbeitern der Polizei und Aktenzeichen als personenbezogene Daten angesehen werden.