Hochschule

Diese kann hohe Kosten verursachen, zum Verlust des technologischen Vorsprungs führen und so Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Thüringen gefährden.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie viele Fälle von Wirtschaftsspionage bei Thüringer Unternehmen sind der Landesregierung in den zurückliegenden fünf Jahren bekannt geworden (bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln)?

2. Wie viele Ermittlungsverfahren sind daraufhin eingeleitet worden? Wie viele dieser Ermittlungsverfahren sind zwischenzeitlich eingestellt worden? Wie viele dieser Ermittlungsverfahren wurden gerichtlich verhandelt? Welche Strafen wurden dabei ausgesprochen? (bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln)

3. Welche Branchen haben diese Fälle betroffen (bitte nach den einzelnen Branchen und in Jahresscheiben aufschlüsseln)?

4. Welche Landesbehörden und Einrichtungen sind in Thüringen mit der Bekämpfung von Wirtschaftsspionage beschäftigt? Wurde hierbei externer Sachverstand eingeholt? Wenn ja, bitte nach Art der externen Dienstleistung aufschlüsseln.

5. Welche Maßnahmen trifft die Landesregierung, um gefährdete Unternehmen zu sensibilisieren und vorbeugend zu schützen? Welche konkreten Maßnahmen trifft die Landesregierung zur Unterstützung von Unternehmen bei dem Verdacht auf Wirtschaftsspionage? Welche darüber hinausgehenden Möglichkeiten sieht die Landesregierung, den von Wirtschaftsspionage gefährdeten und betroffenen Unternehmen zu helfen?

6. Welche Strategie verfolgt die Landesregierung zur Bekämpfung von Wirtschaftsspionage in Thüringen?

Inwieweit arbeitet sie dabei mit Behörden und Einrichtungen außerhalb Thüringens zusammen? (bitte nach Form der Kooperation und Einrichtung aufschlüsseln)

7. Welche Kosten hat die Unterstützung zur Abwehr von Spionage in den zurückliegenden fünf Jahren bei der Landesregierung und bei Unternehmen verursacht (bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln)?

8. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse darüber vor, aus welchen Ländern die Spionagetätigkeiten herrühren, welche ausländischen Institutionen daran beteiligt sind und wie hoch der Schaden für die Industrieunternehmen in Thüringen ist?

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 24. August 2010 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Nach Ermittlungen gegen zwei Mitarbeiter eines in Südthüringen ansässigen Prüfgeräteherstellers erhob der 2006Anklage vor dem Thüringer Oberlandesgericht wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit und des Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz. Das Thüringer Oberlandesgericht ließ die Anklage unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz zu und eröffnete das Hauptverfahren vor dem Landgericht Mühlhausen. Im Mai 2006 wurden die Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz - inzwischen rechtskräftig - verurteilt, einer der Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten, der andere Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Der Firma wurde eine Geldbuße von 20 000 Euro auferlegt.

Mangels statistischer Erfassung von Ermittlungs- und Strafverfahren wegen Wirtschaftsspionage können keine weiterführenden Aussagen getroffen werden.

Zu 2.: Auf die Antwort zur Frage 1 wird verwiesen.

Zu 3.: Auf die Antwort zur Frage 1 wird verwiesen.

Zu 4.: Mit den Ermittlungen in Fällen von Wirtschaftsspionage in Thüringen ist das Landeskriminalamt betraut.

Das Landeskriminalamt arbeitet eng mit dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz und dem Bundeskriminalamt (BKA) zusammen.

Die Vorfeldarbeit, d. h. die Sensibilisierung und Beratung der Unternehmen in Thüringen auf diesem Gebiet übernimmt das welches eng mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz und den anderen Landesämtern für Verfassungsschutz zusammenwirkt. Bei Bedarf wird deren Sachverstand in die Arbeit der Spionageabwehr einbezogen.

Zu 5.: Die Spionageabwehr des sensibilisiert seit mehr als zehn Jahren Unternehmen, Institute und Hochschulen im Freistaat Thüringen im Zusammenhang mit den Themenfeldern Wirtschaftsspionage/Wirtschaftsschutz. Das Präventionsangebot in diesem Aufgabenbereich wurde ausgebaut.

Seit Mitte 2009 wurden die Kontakte zum privat organisierten Verband für Sicherheit in der Wirtschaft Mitteldeutschland e. V. gefestigt. Es bestehen zudem Kontakte zum Arbeitskreis der Sicherheitsbevollmächtigten geheimschutzbetreuter Unternehmen der Länder Sachsen und Thüringen.

Da die meisten Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU) Thüringens nicht Mitglied des Verbandes für Sicherheit in der Wirtschaft Mitteldeutschland e. V. sind, wird angestrebt, das Präventionsengagement in Richtung der Industrie- und Handelskammer auszubauen. Dabei soll möglichst zielgruppenorientiert agiert werden, d. h. insbesondere die Branchenvertreter angesprochen werden, die auf Grund ihrer Produktpalette nachweislich eher in den Focus von Wirtschaftsspionage geraten können. Um mit den Unternehmen ins Gespräch zu kommen, wird das an dem Konzept der Einzelgespräche festhalten. Kontakte bestehen auch zum Allgemeinen Arbeitgeberverband Thüringen e. V., über Vorträge bei diesem Verband wurden ebenfalls Kontakte zu Thüringer Unternehmen geknüpft.

Neben diesen stärker unternehmensspezifischen Ansätzen versucht das über seine Präventionsarbeit auch die breite Öffentlichkeit zu sensibilisieren.

So wurde 2006 das jährliche Symposium des zum Thema Mittelständische Wirtschaft im Visier - Bedrohung durch Wirtschaftsspionage und Konkurrenzausspähung in Kooperation mit dem Thüringer Landeskriminalamt und der Industrie- und Handelskammer Erfurt durchgeführt.

Ebenso wird die Öffentlichkeit über die Medien über die Gefahren der Wirtschaftsspionage unterrichtet. So war die Thematik zuletzt nach einer Presseanfrage der Thüringer Allgemeinen ein Schwerpunktthema in einer Samstagausgabe am 27. März 2010.

Zudem haben die Polizeien des Bundes und der Länder vor einigen Jahren eine Projektgruppe Wirtschaftsspionage gegründet, die sich ausschließlich mit diesem Phänomenbereich befasst. Die Projektgruppe hat einen Flyer für Polizei und Unternehmen erarbeitet, der konkrete Ansprechpartner für die Unternehmen in Verdachtsfällen ausweist sowie entsprechende Handlungsempfehlungen enthält.

Zu 6.: Eine wirksame Bekämpfung der Wirtschaftsspionage setzt eine zielführende Prävention voraus.

Zunächst sind die Unternehmen bezüglich der Ausspähung ihres Know-hows durch andere Nachrichtendienste zu sensibilisieren. Um betroffenen Unternehmen ein entsprechendes Maß an Diskretion zu ermöglichen, wird ihnen ein konkreter zentraler polizeilicher Ansprechpartner für den Bereich Wirtschaftsspionage benannt. Über die Verdachtsfälle wird das BKA informiert. des gliedern sich in die Ressortkreisarbeit Wirtschaftsschutz ein, die auf der Geschäftsordnung des Ressortkreises Wirtschaftsschutz des Bundesministerium des Innern (BMI) vom 1. Juli 2008 sowie einer entsprechenden Rahmenregelung für die Zusammenarbeit mit der gewerblichen Wirtschaft auf Bundesebene in Sicherheitsfragen beruhen. Als Aufgaben und Ziele des Ressortkreises benannte das BMI das gemeinsame Interesse von Staat und Wirtschaft, der Bedrohung der deutschen Wirtschaft durch ausländische Wirtschaftsspionage entgegenzuwirken.

Zur Umsetzung des Wirtschaftsschutzkonzeptes wurde innerhalb des ein neues Referat Wirtschaftsschutz geschaffen, welches auch die bundesweite Koordinierung innerhalb der Verfassungsschutzbehörden vornimmt. In der in diesem Zusammenhang gegründeten Bund-Länder-Projektgruppe Wirtschaftsspionage ist das Mitglied.

Gegenüber der Wirtschaft wird auch vom der bundesweite Ansatz durch Teilnahme an Veranstaltungen der Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit in der Wirtschaft (ASW) betrieben.

Zu 7.: Die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität ist Teilaufgabe sowohl der Polizei als auch des Gesonderte Kostenübersichten werden hierzu nicht geführt.

Zu 8.: Als mögliche Hauptauftraggeber für Wirtschaftsspionage in diesem Sinne werden in den jährlich erscheinenden Verfassungsschutzberichten seit Jahren die Nachrichtendienste der Volksrepublik China und der Russischen Föderation benannt. Da diese Staaten ihre Nachrichtendienste per Gesetz dazu verpflichtet haben, ihre Wirtschaft zu unterstützen, kann davon ausgegangen werden, dass auch Thüringer Unternehmen, Institute oder auch Hochschulen und Universitäten in den Fokus solcher Bemühungen gelangen.

Dies gilt auch für den Bereich der Bestrebungen der Nachrichtendienste sog. Krisenländer, in den Besitz proliferationsrelevanter Güter bzw. proliferationsrelevanten Know-hows zu kommen. Hier werden Länder wie Nordkorea, Pakistan, Iran oder Syrien benannt.

Zur Schadenshöhe für Thüringer Unternehmen können keine Aussagen getroffen werden, da nach hiesigen Kenntnissen hierzu keine Studien zur Erfassung bzw. Auswertung derartiger Daten durchgeführt wurden.

Prof. Dr. Huber Minister.