Bauschutt-Recycling-Anlage

Auf meine Kleine Anfrage 314 zur Errichtung und zum Betrieb einer Bauschutt-Recycling-Anlage in Stockhausen (Eisenach) konnte die Landesregierung in Drucksache 5/709 aufgrund des damals noch nicht abgeschlossenen Genehmigungsverfahrens keine abschließenden Antworten geben. Der Antrag der Unternehmen ist zwischenzeitlich durch die zuständige Bewilligungsbehörde in der Stadtverwaltung Eisenach abschließend bearbeitet worden. Der Genehmigungsbescheid mit seinen Nebenbestimmungen ist zwischenzeitlich erlassen worden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welcher Abstand zwischen der Bauschutt-Recycling-Anlage und der vorhandenen Wohnbebauung ist durch die zuständige Genehmigungsbehörde auf welcher Rechtsgrundlage festgesetzt worden? Welcher Abstand zwischen der genehmigten Anlage und der vorhandenen Wohnbebauung liegt gegenwärtig tatsächlich vor?

2. Welche Landesvorschriften zum Abstand zwischen Gewerbe- und Industrieansiedlungen und Wohnbebauungen bestehen gegenwärtig in Thüringen? Inwieweit war bei der Genehmigung der nachgefragten Anlage in Stockhausen der Abstandserlass Thüringens anzuwenden und welche Abstandsregelungen waren dabei zu berücksichtigen? Wie wird durch die Genehmigungsbehörde begründet, dass die im Abstandserlass benannte Abstandsregelung nicht berücksichtigt wurde und wie bewertet die Landesregierung diese Begründung? Inwieweit waren bei der Genehmigung der gegebenenfalls Abstandsregelungen anderer Bundesländer oder des Bundes zugrunde zu legen und welche Abstandsregelungen waren dabei zu berücksichtigen? Wie begründet die Landesregierung ihre Auffassungen?

3. In welcher Art und Weise und in welchem Umfang war auf welcher rechtlichen Grundlage die Öffentlichkeit im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu beteiligen und wie erfolgte die Umsetzung dieser Rechtsvorschrift? Welche Rechtsfolgen können entstehen, sollte gegen das Beteiligungserfordernis verstoßen worden sein?

4. Unter welchen Voraussetzungen ist eine Fortführung des Betriebes der Anlage über die im Genehmigungsbescheid bestimmte Frist hinaus grundsätzlich möglich? Inwieweit liegen diese Voraussetzungen gegenwärtig nach Einschätzung der Bewilligungsbehörde vor?

5. Inwieweit hatte die Bewilligungsbehörde im Zusammenhang mit der Prüfung des Antrages auf Genehmigung auch die Zuverlässigkeit des Antragstellers im Sinne des Gewerberechts zu prüfen und zu welchen Prüffeststellungen ist die Bewilligungsbehörde dabei gekommen?

6. Über welche weiteren Genehmigungen zur Ausübung eines Gewerbes im Zuständigkeitsbereich der Stadtverwaltung Eisenach verfügt der Antragsteller der Bauschutt-Recycling-Anlage in Stockhausen?

Welche Befristungen und Auflagen sind mit der Ausübung dieser Gewerbe verbunden?

Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 16. September 2010 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Die Genehmigungsbehörde hat im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens darüber zu entscheiden, ob das geplante Vorhaben am beantragten Standort genehmigungsfähig ist (siehe auch Antwort zu Frage 1 der Kleinen Anfrage 790). Immissionsschutzrechtlich relevant sind bei Bauschutt-Recycling-Anlagen Staub- und Lärmemissionen.

Wird durch den Antragsteller anhand entsprechender Immissionsprognosen der Nachweis erbracht, dass an den maßgeblichen Immissionsorten die zulässigen Immissionswerte für Staub nach der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) und die dort zulässigen Immissionsrichtwerte nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) eingehalten werden, liegen aus immissionsschutzrechtlicher Sicht keine Versagensgründe zur Erteilung der Genehmigung vor.

Die Entfernung zwischen der äußeren Grenze des Betriebsgrundstückes (südlicher Lärmschutzwall) und Wohnbebauung beträgt gemäß den Angaben der Stadtverwaltung Eisenach ca. 135 Meter. Der genehmigte Brecherstandplatz (unmittelbar hinter einem zweiten Lärmschutzwall) ist ca. 270 Meter von der Wohnbebauung entfernt.

Zu 2.: Im Freistaat Thüringen existieren gegenwärtig keine Landesvorschriften zum Abstand zwischen Industriebzw. Gewerbegebieten und Wohngebieten.

Der Erlass Beteiligung der Immissionsschutz-Behörden an der Bauleitplanung - hier: Abstände zwischen Industrie- bzw. Gewerbegebieten und Wohngebieten im Rahmen der Bauleitplanung - (Abstandserlass) wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2004 außer Kraft gesetzt.

Selbst wenn dieser Erlass heute noch gültig wäre, dürfte er in einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren keine Anwendung finden, da dies im Erlass ausdrücklich ausgeschlossen war. Die Beschränkung auf die Anwendung im Bauleitplanverfahren gilt auch für die Abstandsregelungen anderer Bundesländer, wie z. B. in Nordrhein-Westfalen.

Zu 3.: Die genehmigte Bauschuttrecyclinganlage ist der Spalte 2 des Anhanges der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. zuzuordnen. Daraus ergibt sich, dass für diese Anlage ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren ohne Öffentlichkeitsbeteiligung entsprechend § 19 durchzuführen ist. Insofern konnte nicht gegen das Beteiligungserfordernis verstoßen werden (siehe auch Antwort zu Frage 5 der Kleinen Anfrage 790).

Zu 4.: Der Betrieb der Bauschutt-Recycling-Anlage über die beantragte und genehmigte Befristung hinaus müsste durch den Anlagenbetreiber beantragt werden. Die Genehmigungsbehörde hätte dann in einem Genehmigungsverfahren nach den §§ 4 und 19 (Neugenehmigung) unter Einbeziehung der relevanten Behörden zu prüfen, ob die Genehmigungsvoraussetzungen zu diesem Zeitpunkt gegeben sind.

Zu 5.: Das Ziel eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens besteht darin, eine Zulassung für eine konkrete Anlage zu erlangen. In diesem Zusammenhang ist vom Gesetzgeber keine Überprüfung der Zuverlässigkeit des Antragstellers vorgesehen und somit auch nicht erfolgt.

Zu 6.: Nach Auskunft der Stadtverwaltung Eisenach sind die Tätigkeiten der Betreiberfirma der Bauschutt-Recycling-Anlage in Stockhausen nach dem Gewerberecht nur anzeigepflichtig, so dass es keiner besonderen gewerberechtlichen Erlaubnis bedarf. Da die Tätigkeiten nicht erlaubnispflichtig sind, waren keine Befristungen festzusetzen und Auflagen zu erteilen.