Briefe von Arbeitslosengeld- und Kindergeldempfängern zu digitalisieren

Die Bundesagentur hat die Deutsche Post beauftragt, Briefe von Arbeitslosengeld- und Kindergeldempfängern zu digitalisieren. Dazu werden ab Oktober 2010 Mitarbeiter der Post die Briefe von Arbeitslosenund Kindergeldempfängern an die Arbeitsagenturen öffnen, verarbeiten und an die Agenturen weiterleiten.

Dieses Vorgehen soll zunächst ab Herbst als Pilotprojekt in Sachsen und Thüringen starten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Auf welcher Rechtsgrundlage beruht diese Maßnahme?

2. Nach welchen Kriterien werden die Briefe an die Arbeitsagentur unterschieden?

3. Wie wird mit den Briefen nach dem Scannen verfahren? Werden diese vernichtet?

4. Wie beurteilt die Landesregierung den oben genannten Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes?

Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 21. September 2010 wie folgt beantwortet:

Die Beauftragung der Deutschen Post AG durch die Bundesagentur für Arbeit (BA), Briefe von Arbeitslosengeld- und Kindergeldempfängern zu digitalisieren, liegt in der Zuständigkeit des Bundes. Die Landesregierung wurde durch die Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der BA (RD SAT) darüber informiert, dass der Start der Pilotprojekte für die Einführung der elektronischen Akte in der BA und die damit verbundene Dokumentenerfassung in Form der Digitalisierung durch die Deutsche Post AG (Pilotierung der in den Agenturen für Arbeit in Sachsen-Anhalt und Thüringen nicht wie geplant im Oktober 2010 erfolgt, sondern verschoben wurde, wobei ein neuer Termin noch nicht feststeht.

Ich beantworte die o. g. Kleine Anfrage für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Zu 1.: Elektronische Akten haben wie die Papierakten im Rahmen des vom Gesetzgeber vorgeschriebenen ordnungsgemäßen Verwaltungshandelns über die unmittelbare Bearbeitung hinaus auch eine Nachweisfunktion zu erfüllen und müssen den Kriterien Vollständigkeit, Integrität, Authentizität, Nachvollziehbarkeit und Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns genügen. Die für die Einführung der elektronischen Akte benötigten Systeme müssen daher alle einschlägigen rechtlichen Anforderungen erfüllen.

Dies sind insbesondere:

- §§ 110a bis 110d SGB IV - Aufbewahrung von Unterlagen

- §§ 40 bis 41 (Allgemeine Verwaltungsvorschrift über das Rechnungswesen in der Sozialversicherung)

- Einsatz der automatisierten Datenverarbeitung

- (Grundsätze ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme)

- (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen)

- §§ 146 und 147 Abgabenordnung (AO)

- §§ 286, 371, 371a, 415 bis 444 Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit § 126a BGB

- Signaturgesetz und Signaturverordnung - Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)

- § 30 Verwaltungsverfahrensgesetz in Verbindung mit § 35 SGB I, § 5 BDSG und § 30 AO

- § 3a in Verbindung mit § 36a SGB I, § 110 a, b und d SGB IV

Für den Datenschutz werden folgende maßgebliche Regelungen zugrunde gelegt:

- § 35 SGB I - Sozialgeheimnis

- §§ 67 ff. SGB X - Schutz der Sozialdaten

- § 78 SGB X - technische und organisatorische Maßnahmen

- §§ 110a bis 110d SGB IV - Aufbewahrung von Unterlagen

- § 33 Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG)

- § 39 Postgesetz - § 5 BDSG - Datengeheimnis

- § 80 SGB X - Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten im Auftrag Ergänzend sind relevant:

- § 12 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien

- §§ 2 und 8 der Registraturrichtlinie der Bundesministerien

Die Deutsche Post AG als Dienstleister ist vertraglich auf die rechtlichen Vorgaben verpflichtet. Zudem sind vertraglich umfassende Schadensersatz- und Haftungsregelungen fixiert. Die Qualität der Dienstleistungen wird kontinuierlich, auch vor Ort, durch die BA überwacht.

Zu 2.: Während der Pilotierungsphase wird die gesamte Eingangspost im Rechtskreis Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und der Familienkasse Halle gescannt.

Es werden Schriftstücke unter Berücksichtigung festgelegter Ausnahmen digitalisiert. Beispielsweise wird das Schriftgut, das an den Rechtskreis SGB II, Ärztlichen und Psychologischen Dienst der Agentur und den Bereich Personal adressiert ist, ungeöffnet vom Scan-Dienstleister aussortiert, mit Eingangsstempel versehen und an die zuständige Agentur für Arbeit geleitet. Gleiches erfolgt mit Originalen in geöffneten Sendungen (z. B. Urkunden bzw. Dokumente, die Urkundenwert oder Beweiswert besitzen, vollstreckbare Ausfertigung von Urteilen etc.).

Zu 3.: Während der Pilotierung der im Bezirk der RD SAT werden alle digitalisierten Papierdokumente aufbewahrt. Die Lagerung erfolgt revisionssicher und nach ISO 27001 sicherheitszertifiziert. Über ein Verwaltungssystem können den elektronischen Dokumenten die aufbewahrten Papierdokumente zugeordnet werden. Mit der Flächeneinführung werden die Papierdokumente vom Scan-Dienstleister nach sechs Wochen Aufbewahrungsdauer datenschutzgerecht vernichtet. Eine Verlängerung der Aufbewahrungsfristen von Dokumenten ist möglich. Für die Familienkasse gelten gesonderte Regelungen.

Zu 4.: Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen.