Grundbuchbereinigungsgesetz

Das Grundbuchbereinigungsgesetz regelt die grundbuchseitige Besicherung von Leitungsrechten für Energieversorgungsunternehmen und Aufgabenträger bzw. Unternehmen der Wasserver- und der Abwasserentsorgung auf fremden Grundstücken bei gleichzeitiger Ausgleichszahlung an die Grundstückseigentümer.

Durch das Gesetz wird eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit an den Grundstücken begründet, die von der Energieanlage in Anspruch genommen werden.

Im Gegenzug sind die Versorgungsunternehmen verpflichtet, dem Grundstückseigentümer einen einmaligen Ausgleich für das Recht auf persönliche Dienstbarkeit zu zahlen. Diese Ausgleichszahlungen müssen bis 1. Januar 2011 erfolgen. Die Ausgleichszahlung erfolgt jedoch nur nach Aufforderung des Grundstückseigentümers. Unter bestimmten Voraussetzungen entfällt der Anspruch auf Ausgleichszahlungen.

Eine Verpflichtung zur Zahlung eines Ausgleichs für Wasserversorgungs- und Abwasserbehandlungsanlagen (Leitungssysteme) besteht nicht, soweit nach Landesrecht bereits Entschädigungen geleistet wurden.

Nach § 9 Abs. 4 i.V.m. der Sachenrechtsdurchführungsverordnung vom 20. Dezember 1994 und der Thüringer Verordnung über die Zuständigkeit für das Bescheinigungsverfahren nach dem Grundbuchbereinigungsgesetz vom 27. April 1999 ist das Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr - TLBV - (Außenstellen Sondershausen und Sonneberg) für das Bescheinigungsverfahren nach § 9 in Thüringen zuständig.

Dies betrifft jedoch nur die Anlagen zur Fortleitung von Elektrizität, Gas und Fernwärme (§ 9 Abs. 1 sowie Öl-, Rohstoff- und Transportleitungen im Sinne des § 9 Abs. 11 Für Wasser- bzw. Abwasserleitungen sind gemäß § 1 Abs. 3 die unteren Wasserbehörden zuständig.

Ich frage die Landesregierung:

1. Unter welchen Voraussetzungen haben Grundstückseigentümer in Thüringen einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen für Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsleitungen Dritter auf ihren Grundstücken? Wie wird begründet, dass in Thüringen möglicherweise ein solcher Anspruch auf Ausgleichszahlungen nicht besteht?

2. Bis zu welchem Zeitpunkt muss nach Auffassung der Landesregierung das Verfahren zur dauerhaften Besicherung der Leitungsrechte nach dem Grundbuchbereinigungsgesetz abgeschlossen sein?

3. Wie viele Anträge von Leitungsinhabern für wie viele Grundstücke wurden auf Grundlage des Grundbuchbereinigungsgesetzes bisher bei den zuständigen Landes- bzw. Kommunalbehörden gestellt (bitte Einzelaufstellung nach Leitungsart sowie Landkreisen und kreisfreien Städten)?

4. Wie viele dieser nachgefragten Anträge wurden bisher abschließend entschieden (bitte Einzelaufstellung nach Leitungsarten sowie Landkreisen und kreisfreien Städten)?

5. Bis zu welchem Zeitpunkt sollen die noch nicht entschiedenen Anträge entschieden werden?

6. Wie viele der nachgefragten Anträge wurden aus welchen Gründen abgelehnt (bitte Einzelaufstellung nach Leitungsarten sowie Landkreisen und kreisfreien Städten)?

7. Wie bewertet die Landesregierung den gegenwärtigen Stand der Umsetzung des Grundbuchbereinigungsgesetzes in Thüringen und welche Maßnahmen werden in diesem Zusammenhang für erforderlich gehalten?

8. Inwieweit sind die Verfahren auf Grundlage des Grundbuchbereinigungsgesetzes durch die Grundbuchämter in Thüringen zeitnah abgearbeitet (grundbuchseitige Besicherung der Leitungsrechte)?

9. Nach welchem Verfahren und auf Grundlage welcher Datenbasis wurden die Ansprüche auf Ausgleichszahlungen ermittelt? In welcher Höhe wurden bisher Ausgleichszahlungen geleistet? (bitte Einzelaufstellung nach Leitungsarten so wie Landkreisen und kreisfreien Städten)

Das Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 4. Oktober 2010 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Die Voraussetzungen für die Zahlung des Ausgleichs für eine Anlage der öffentlichen Wasserversorgung oder der öffentlichen Abwasserbeseitigung im Sinne des § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 der Sachenrechts- Durchführungsverordnung sind in § 9 Abs. 3 geregelt. Danach ist das Versorgungsunternehmen verpflichtet, dem Eigentümer des nach Absatz 1 mit dem Recht belasteten Grundstücks, in den Fällen des § 9 Abs. 1 Satz 3 als Gesamtgläubiger neben dem Inhaber des Erbbaurechts oder Gebäudeeigentums, einen einmaligen Ausgleich für das Recht zu zahlen. Dieser Ausgleich bestimmt sich nach dem Betrag, der für ein solches Recht allgemein üblich ist. Die erste Hälfte dieses Betrags ist unverzüglich nach Eintragung der Dienstbarkeit zugunsten des Versorgungsunternehmens und Aufforderung durch den Grundstückseigentümer, frühestens jedoch am 1. Januar 2001 zu zahlen, die zweite Hälfte wird am 1. Januar 2011 fällig.

Zu 2.: § 9 enthält keine Ausschlussfrist für die Antragstellung bzw. für die Erteilung von Leitungs- und Anlagenrechtsbescheinigungen.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 gilt für Anträge, die nach dem 31. Dezember 2010 gestellt werden, allerdings der öffentliche Glaube des Grundbuchs nach § 892 Bürgerliches Gesetzbuch wieder uneingeschränkt.

Zu 3.: Zu den Anlagen der öffentlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung liegen der Landesregierung keine Übersichten vor.

Die genehmigten Anträge bezüglich Energieanlagen ergeben sich aus folgender Übersicht. Eine Einzelaufstellung nach Kreisen und kreisfreien Städten liegt nicht vor.

Die Abarbeitung der vorliegenden und noch nicht entschiedenen 491 Anträge betreffend Energieanlagen erfolgt zügig in Abhängigkeit von den Veröffentlichungsterminen in den Amtsblättern der Landkreise und kreisfreien Städte sowie den einzuhaltenden Auslegungsfristen. Der überwiegende Teil wird bis zum Ende des 1. Quartals 2011 bescheinigt sein.

Zu 6.: Zu den Anlagen der öffentlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung liegen der Landesregierung keine Übersichten vor.

Betreffend Energieanlagen wurden bisher lediglich abgelehnt. erfolgten nach § 9 Abs. 2 weil es sich um Leitungen in öffentlichen Verkehrsflächen handelte. Es handelte sich um Anlagen der Stromversorgung im Gebiet der Stadt Suhl.

Zu 7.: Es wird eingeschätzt, dass der überwiegende Teil der Bescheinigungsverfahren nach § 9 für Energieanlagen abgeschlossen ist. Ab dem 1. Januar 2011 wird mit einem Rückgang der Anträge gerechnet.

Zu 8.: Die Verfahren nach § 9 Abs. 5 werden von den Grundbuchämtern in Thüringen grundsätzlich zeitnah erledigt. Es ist hier bisher zu keinen erheblichen Rückständen gekommen. Allerdings sind bei einzelnen Amtsgerichten seit August 2010 in größerem Umfang Anträge eingegangen. Insgesamt variiert die Bearbeitungsdauer erheblich und hängt maßgeblich von der Anzahl der betroffenen Grundstücke ab. Regelmäßig umfasst ein Leitungsrecht bis zu 100 Grundstücke und mehr. Es gibt einzelne Anträge, bei denen mehr als 300 Grundstücke betroffen sind.

Zu 9.: Der Landesregierung liegen hierzu keine Angaben vor. Die Ausgleichszahlungen sind zivilrechtlicher Natur und im Einzelfall zwischen dem Inhaber der Dienstbarkeit und dem Eigentümer zu klären. Nach § 9 Abs. 3 Satz 2 bestimmt sich der Ausgleich nach dem Betrag, der für ein solches Recht allgemein üblich ist.