Investition

August 2010 hat folgenden Wortlaut:

Der Stadtrat Jena hat am 17. Dezember 2009 einen Beschluss zur Erneuerung der Straße Pennickental getroffen. Die Ausschreibung hinsichtlich der geplanten Baumaßnahme und damit die Einholung von Angeboten waren dem Beschluss zeitlich weit vorgelagert, so dass bereits am 21. Dezember 2009 die Bindefrist für die Angebote auslief.

In diesem Zusammenhang stellt sich die generelle Frage, unter welchen Voraussetzungen die Ausschreibung von Leistungen für geplante, aber vom Stadtrat noch nicht durch Beschluss bestätigte Baumaßnahmen erfolgen darf.

Ich frage daher die Landesregierung:

1. Unter welchen Voraussetzungen und inwieweit darf eine Gemeinde im Vorfeld eines Grundsatzbeschlusses des Gemeinderates Leistungen für perspektivische Investitionsmaßnahmen ausschreiben? Inwieweit ist dabei ein Vermerk im Investitionsplan der Gemeinde erforderlich? Lagen diese Voraussetzungen im Fall der Erneuerung der Straße Pennickental in Jena vor?

2. Inwieweit darf eine Gemeinde ohne und ohne entsprechenden Gemeinderatsbeschluss Leistungen öffentlich ausschreiben? Wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?

3. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass die ablaufende Bindefrist der Angebote eine gewisse Eilbedürftigkeit bei der Beschlussfassung hervorruft und damit die Gefahr besteht, dass fachliche und sachliche Fakten keiner umfänglichen Prüfung unterzogen werden können?

4. Wer trägt die Kosten der Ausschreibung in den Fällen, in denen Planungsleistungen schon erfolgt und entsprechende Kosten angefallen sind, der Gemeinderat die Maßnahme aber nicht beschließt? Wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?

5. Unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Konsequenzen kann der Gemeinderat einen Beschluss im Nachgang aufgrund nachträglich bekannt gewordener, aber nachvollziehbarer Informationen aufheben?

6. Inwieweit hat die Kommunalaufsicht, insbesondere aufgrund der Haushaltgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, die tatsächliche Erforderlichkeit einer Maßnahme zu prüfen und darf nicht lediglich auf die kommunale Selbstverwaltung verweisen?

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 13. Oktober 2010 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Die Einleitung der Vergabe einer Investitionsleistung der Gemeinde durch eine öffentliche Ausschreibung setzt voraus, dass im Innenverhältnis die Zuständigkeit der Gemeindeorgane beachtet wurde. Unter welchen Voraussetzungen eine Beteiligung des Gemeinderats erforderlich ist, richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen des Kommunalverfassungsrechts und gegebenenfalls der entsprechenden Konkretisierungen durch die Gemeinde in der Hauptsatzung und/oder der Geschäftsordnung.

Das Thüringer Landesverwaltungsamt als zuständige Rechtsaufsichtsbehörde für die Stadt Jena verweist auf die in der Sache vom Stadtrat der Stadt Jena gefassten Beschlüsse und sieht im konkreten Fall keinen Grund für eine Beanstandung. Der Stadtrat der Stadt Jena hat nach Mitteilung des Thüringer Landesverwaltungsamtes am 17. Dezember 2009 über die Vergabe auf der Grundlage des Ergebnisses der Ausschreibung entschieden. Er hat damit inzidenter spätestens zu diesem Zeitpunkt auch die vorherige Ausschreibung gebilligt.

Hinsichtlich der Frage, inwieweit ein Vermerk im Investitionsplan der Gemeinde erforderlich ist, wird auf § 24 der Thüringer Gemeindehaushaltsverordnung verwiesen, der regelt, welche Angaben im Finanzplan enthalten sein müssen. Da es sich nach Mitteilung des Landesverwaltungsamtes bei der nachgefragten Baumaßnahme um eine überplanmäßige Sofortmaßnahme handelt, welche im laufenden Haushaltsjahr zusätzlich durchgeführt wurde, war eine Darstellung im Finanzplan bzw. dem ihm zu Grunde liegenden Investitionsprogramm nicht erforderlich.

Zu 2.: Eine Gemeinde darf eine Leistung grundsätzlich nur unter Wahrung der Organzuständigkeit und der haushaltsrechtlichen Voraussetzungen öffentlich ausschreiben.

Zu 3.: Es obliegt den Gemeinden im Rahmen ihrer Organisationshoheit gegebenenfalls durch interne Regelungen in der Geschäftsordnung sicherzustellen, dass die Vergabeverfahren so gestaltet werden, dass die kommunalverfassungsrechtlichen und haushaltsrechtlichen Voraussetzungen eingehalten werden.

Zu 4.: Eine allgemeine Aussage kann hierzu nicht getroffen werden. Wer die Kosten der Ausschreibung zu tragen hat, richtete sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalls.

Zu 5.: Grundsätzlich kann der Gemeinderat durch einen erneuten Beschluss die von ihm zuvor gefassten Beschlüsse wieder aufheben. Allerdings wird er hierbei die von der Gemeinde bereits getroffenen Maßnahmen und die rechtlichen Folgen der Aufhebung in den Blick nehmen müssen.

Zu 6.: In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises beschränkt sich die staatliche Aufsicht gemäß § 117 Abs. 1 Thüringer Kommunalordnung darauf, die Erfüllung der gesetzlich festgelegten und übernommenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben und Verpflichtungen und die Gesetzmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit zu überwachen (Rechtsaufsicht). Hierzu gehört die Wahrung des Grundsatzes der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit und die entsprechenden gesetzlichen Konkretisierungen. Bei der Frage der Erforderlichkeit einer Maßnahme der Gemeinde im Einzelfall ist allerdings der mit Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht grundsätzlich weite Beurteilungsspielraum der Gemeinde zu berücksichtigen.