Gegenwärtig werden mehrere Tunnelprojekte der ICE-Strecke zwischen Erfurt und Lichtenfels realisiert

Im Zusammenhang mit den Tunnelbauarbeiten fällt sogenanntes Tunnelwasser an, das durch Produktionsrückstände (u. a. Betonsegmente) belastet und deshalb vor der Einleitung in Aufbereitungsanlagen behandelt werden muss.

Im Planfeststellungsbeschluss sind Auflagen zur Behandlung und Einleitung dieser sogenannten Tunnelwasser konkret festgelegt. Die Einhaltung dieser Auflagen wird durch Umweltbehörden überwacht.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Bestimmungen enthalten die einzelnen Planfeststellungsbeschlüsse für die gegenwärtig im Bau befindlichen Tunnelprojekte der ICE-Strecke in Thüringen in Bezug auf die Erfassung und Behandlung des sogenannten Tunnelwassers (bitte Einzelaufstellung nach Tunnelprojekten)?

2. Inwieweit sind bei der Festlegung von Auflagen zur Erfassung und Behandlung von Tunnelwasser bei den nachgefragten Tunnelprojekten die wirtschaftlichen Interessen des Investors und der Bauauftragnehmer zu berücksichtigen und wie wird dies begründet?

3. Welche Landes- und Kommunalbehörden waren bei der Erstellung der nachgefragten Planfeststellungsbeschlüsse in Bezug auf die Erfassung und Behandlung des Tunnelwassers beteiligt? Welche Forderungen dieser Behörden wurden aus welchen Gründen im jeweiligen Planfeststellungsbeschluss nicht berücksichtigt?

4. Welche Behörden überprüfen in welchen Zeiträumen und mit welchen Verfahren die Einhaltung der Vorgaben der nachgefragten Planfeststellungsbeschlüsse in Bezug auf das Tunnelwasser? Welche Verstöße wurden dabei wann festgestellt (bitte Einzelaufstellung) und welche behördlichen Reaktionen erfolgten in diesem Zusammenhang?

5. Welche Umweltgefahren gehen vom sogenannten Tunnelwasser bei den nachgefragten Tunnelprojekten grundsätzlich aus, die die Auflagen im jeweiligen Planfeststellungsbeschluss rechtfertigen?

6. Die im Planfeststellungsbeschluss bzw. in den Planfeststellungsbeschlüssen gemachten Vorgaben beruhen auf Prognosen bzw. geologischen Gutachten für das anfallende Tunnelwasser. Entsprechen die Prognosen den sich jetzt tatsächlich darstellenden Gegebenheiten? Wenn nein, reichen die im Planfeststellungsbeschluss bzw. in den Planfeststellungsbeschlüssen für die einzelnen Bauwerke festgelegten

Vorgaben aus, um die wasserschutz- und naturschutzrechtlichen Vorgaben orientiert an den tatsächlichen Mengen anfallenden Tunnelwassers zu erfüllen? Welche nachträglichen Auflagen wurden gegebenenfalls im Zusammenhang mit dem nachgefragten Sachverhalt erlassen?

Das Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 29. Oktober 2010 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Die Planfeststellungsbeschlüsse und die dazugehörigen Unterlagen wurden öffentlich ausgelegt. In den verfügenden Teilen der Planfeststellungsbeschlüsse sind unter Punkt 4. die wasserrechtlichen Genehmigungen und Tatbestände geregelt.

Zur Beantwortung der Frage wurde das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) als zuständige Planfeststellungsbehörde angefragt. Die entsprechende Antwort wird im Folgenden wiedergegeben:

Im Punkt 4.1 des Planfeststellungsbeschlusses sind für die in diesem Abschnitt liegenden Tunnelbauwerke folgende zulässige Wasserableitmengen festgeschrieben: Tunnel Müss Endzustand 0,2 l/s Tunnel Baumleite Bauzustand 1,3 l/s Endzustand 0,3 l/s

Für den Tunnel Müss ist auf Grund der bereits fertigen Tunnelröhre die Einleitmenge im Bauzustand nicht relevant. Das anfallende Bergwasser wird zusammen mit dem im Voreinschnitt Süd anfallenden Wasser entsprechend der Längsneigung der Strecke in den im Freistaat Bayern liegenden Froschgrundsee abgeführt.

Der Bergwasseranfall im Tunnel Baumleite ist im Bauzustand minimal. Im Endzustand fällt kein Bergwasser an.

Im Punkt 4.1 des Planfeststellungsbeschlusses sind für die in diesem Abschnitt liegenden Tunnelbauwerke folgende zulässige Wasserableitmengen festgeschrieben: Tunnel Blessberg Bauzustand 50 l/s Endzustand 30 l/s Tunnel Goldberg Bauzustand 7 l/s Endzustand 5 l/s Tunnel Rehberg Bauzustand 2,5 l/s Endzustand 1 l/s Tunnel Masserberg Bauzustand 5 l/s Endzustand 1,5 l/s Tunnel Fleckberg Bauzustand 8 l/s Endzustand 3 l/s

Beim Tunnel Blessberg sind weitere 2,3 l/s für die Notausgänge zulässig. Mit Kenntnis des jetzigen Baustandes der bereits begonnenen Tunnelbauwerke Blessberg, Goldberg und Masserberg ist davon auszugehen, dass die im Baurecht enthaltenen Einleitmengen ohne Sondermaßnahmen eingehalten werden können.

Im Punkt 4.1 des Planfeststellungsbeschlusses sind für die in diesem Abschnitt liegenden Tunnelbauwerke folgende zulässige Wasserableitmengen festgeschrieben: Tunnel Silberberg Bauzustand 30 l/s Endzustand 25 l/s Tunnel Brandkopf Bauzustand 8 l/s Endzustand 4,9 l/s Tunnel Lohmeberg Bauzustand 1 l/s Endzustand 0,8 l/s Tunnel Tragberg Endzustand 0,5 l/s Falls im Tunnel Silberberg ein unerwartet hoher Wasserandrang auftreten sollte, bei dem auch mit den gemäß Baurecht vorgesehenen Sondermaßnahmen (Verpressen) die Einhaltung der gemäß Baurecht zulässigen Wassermenge im Bauzustand nicht eingehalten werden kann, müssen notwendige Festlegungen in Abstimmung mit der zuständigen Wasserbehörde getroffen werden. Im Endzustand wird durch den Bau druckdichter Tunnelbereiche die Einhaltung der Einleitmenge gemäß Baurecht gewährleistet.

Beim Tunnel Brandkopf werden die zulässigen Einleitmengen sowohl im Bau als auch im Endzustand wesentlich unterschritten. Der Vortrieb des Tunnels Lohmeberg hat noch nicht begonnen.

Für den Tunnel Tragberg ist auf Grund der bereits fertigen Tunnelröhre die Einleitmenge im Bauzustand nicht relevant. Tunnelwasserprobleme gab es beim Vortrieb nicht.

Zu den drei bereits fertig gestellten Tunnelbauwerken zwischen Ilmenau und Erfurt gilt: Tunnel Beringen:

Der Tunnel ist druckdicht ausgeführt.

Tunnel Sandberg:

Das in geringster Menge anfallende Bergwasser versickert bereits über den Sohlfilter im Tunnelbereich, so dass kein Bergwasser abgeleitet wird.

Tunnel Augustaburg:

Der Tunnel ist druckdicht ausgeführt.

Zu 2.: Die Festlegungen von Auflagen zur Erfassung und Behandlung von Tunnelwasser bei den nachgefragten Tunnelprojekten erfolgte unabhängig von Einzelinteressen des Maßnahmeträgers in Anwendung der entsprechenden Gesetze und Rechtsverordnungen.

Zu 3.: Beteiligte im Planfeststellungsverfahren waren u. a. die jeweils zuständigen Umweltbehörden des Freistaats Thüringen. Die sachlich und rechtlich begründeten Forderungen der Anzuhörenden sind grundsätzlich im Rahmen der Planfeststellung zu berücksichtigen.

Die konkret beteiligten Behörden einschließlich der Ergebnisse der Abwägung sind in den jeweiligen Planfeststellungsbeschlüssen festgehalten.

Zu 4.: Die wasserrechtlichen Überwachungen der Tunnelbaustellen erfolgen, neben der Eigenüberwachung der ausführenden Unternehmen, kontinuierlich und unabhängig durch die zuständigen Umweltbehörden der Landkreise. Der Landesregierung sind Einzelfälle über Verstöße gegen Planfeststellungsbeschlüsse in Bezug auf das Tunnelwasser bekannt. Es handelt sich zum einen um den Blessbergtunnel mit und zum anderem um den Tunnel Silberberg (Havarie-Ausfall der Neutra-Anlage im Juni 2010 mit Fischsterben). Die zuständigen Wasserbehörden haben entsprechende Verfahren eingeleitet (Bußgeldverfahren im Fall Blessbergtunnel und Anzeige einer Straftat im Fall Tunnel Silberberg).

Zu 5.: Von den aus den Tunneln abgeleiteten Bergwässern gehen grundsätzlich keine Umweltgefahren aus, da es sich um natürlich vorkommendes Wasser handelt, das lediglich an die Oberfläche geleitet wird.

Im Übrigen berücksichtigen die Planfeststellungsbeschlüsse die Umweltgesetzgebung. Dementsprechend ist das anfallende Tunnelwasser so aufzubereiten, dass es schadlos abgeleitet werden kann.

Zu 6.: Bei den bisher aufgefahrenen Tunneln und laufenden Vortrieben werden die Prognosen der geotechnischen Gutachten bestätigt. Die vorhergesagten Wassermengen wurden bei einer Reihe von Tunneln deutlich unterschritten.