Zukunft des Sandsteinabbaus auf dem Gothaer Seeberg

Der Seeberg bei Gotha, verteilt auf die beiden Gemarkungen Gotha und Günthersleben-Wechmar, ist nicht nur der Gothaer Hausberg und wichtiges Naherholungsgebiet der beiden Kommunen, sondern auch ein bedeutendes thüringisches Naturschutz- und Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie(FFH)-Gebiet. So beherbergt der Seeberg über die Hälfte aller in Thüringen vorkommenden Farn- und Blütenpflanzen sowie den Kammmolch - eine prioritäre FFH-Art.

Seit dem Mittelalter bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts wurde auf dem Seeberg Sandstein abgebaut. 1956 erfolgte die Einstellung des Abbaus, der jedoch nach der Wende wieder aufgenommen wurde. Die Firma Schraps, Waltershausen, heutiger Rechtsnachfolger die SBS Thüringer Sandstein und die Firma Traco Bad Langensalza, haben 1992 bzw. 1993 die Abbaurechte auf dem Seeberg für 30 Jahre erworben. Gegen die Wiederaufnahme des Sandsteinabbaus, an der auch die Ausweisung des Naturschutzgebiets Seeberg im Jahr 1994 nichts ändern konnte, entstand eine umfangreiche Protestbewegung, die sich zum Ziel setzte, den Seeberg, der zu DDR-Zeiten teilweise auch als militärisches Übungsgelände genutzt wurde, in seiner ursprünglichen Form für die Öffentlichkeit zu erhalten.

Im Jahr 1999 wurde der größte Teil des knapp 370 Hektar umfassenden Naturschutzgebiets Seeberg als FFH-Gebiet ausgewiesen. Dabei kam es zur Aussparung von 20 Hektar - rein zufällig gerade jene Flächen, auf denen weitere hochwertige Sandsteinvorkommen vermutet werden - die damit auch zukünftig für den Abbau zur Verfügung stehen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Was hat die Landesregierung 1999 dazu bewogen, nicht das gesamte Naturschutzgebiet als FFH-Gebiet auszuweisen?

2. Wurde das Kammmolch-Vorkommen (prioritäre FFH-Art) bei der Nichtausweisung der 20 Hektar berücksichtigt?

3. Ist zukünftig eine Erweiterung der bestehenden Steinbrüche auf dem Seeberg geplant; wenn ja, in welchem Umfang?

4. Besteht mittelfristig die Chance, das im Jahr 1999 ausgesparte Areal nachträglich als FFH-Gebiet auszuweisen, um es dauerhaft vor dem Zugriff des Bergbaus zu retten?

5. Wird mit dem Ende der Abbaurechte 2022/2023 der Sandsteinabbau auf dem Seeberg eingestellt oder muss mit einem weiteren Abbau gerechnet werden?

6. Welche Auswirkungen hat der Sandsteinabbau am Seeberg auf den Wasserhaushalt und das Schutzgut Landschaftsbild?

Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 24. November 2010 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Die Abgrenzung des FFH-Gebietes Nr. 54 erfolgte nach den fachlichen Kriterien der FFH-Richtlinie. Im Vordergrund stand für dieses Gebiet die Einbeziehung der dort vorhandenen Lebensraumtypen des Anhangs I der Richtlinie, nämlich der Trockenrasen (60 Hektar) und der Eichen-Hainbuchenwälder (ca. 150 Hektar). In Ausübung des von der Richtlinie vorgesehenen fachlichen Ermessens wurden während des Abgrenzungsprozesses kleinere Teilflächen des Naturschutzgebiets (NSG) nicht in die FFH-Gebietskulisse einbezogen, da sie die geforderte FFH-Qualität nicht erreichten, aber es wurden andererseits auch größere Teilflächen außerhalb des NSG in die Abgrenzung einbezogen, weil sie die FFH-Qualität erfüllten. Im Rahmen dieser Vorgehensweise wurde u. a. auch eine Teilfläche, welche Bestandteil des NSG ist, nicht in die FFH-Abgrenzung integriert. Es handelte sich dabei zwar um eine schützenswerte Fläche nach den nationalen NSG-Kriterien, jedoch musste sie unter FFH-Aspekten aus nachfolgend genannten Gründen nicht zwingend in die Gebietskulisse aufgenommen werden: Prioritäre Lebensraumtypen des Anhangs I der Richtlinie waren dort nicht vorhanden und die dort vorkommende Teilpopulation des Kammmolchs (Anhang-II-Art) zählte nachweislich nicht zu den landesweit bedeutenden Vorkommen.

Zu 2.: Zunächst darf ich darauf hinweisen, dass der Kammmolch zwar eine Art des Anhangs II (für diese Arten sind Gebiete auszuweisen) und des Anhangs IV (diese Arten unterliegen strengem Schutz) der FFH-Richtlinie ist, jedoch nicht zu den so genannten prioritären Arten gemäß der Richtlinie zählt.

Die gestellte Frage ist ansonsten zu bejahen, denn es erfolgte eine eingehende Betrachtung und Einschätzung dieses lokalen Kammmolchvorkommens im Kontext mit den anderen Vorkommen der Art in der Thüringer Meldekulisse. Im Ergebnis zeigte sich, dass der Kammmolch in mehreren Thüringer FFH-Gebieten schwerpunktmäßig verbreitet und damit gut vertreten war. Landesweit ist er damit ausreichend repräsentiert.

Zu 3.: Planungen sind grundsätzlich Angelegenheit des Unternehmers. Derzeit liegen dem Thüringer Landesbergamt keine Anträge zur Erweiterung der bestehenden Steinbrüche vor, sodass dazu keine weitere Auskunft gegeben werden kann

Zu 4.: An den zu den Fragen 1 und 2 ausgeführten fachlichen Argumenten für die erfolgte Abgrenzung hat sich bis dato nichts geändert. Es ist noch einmal zu betonen, dass die Meldung von prinzipiell nach Vorgaben der EU möglichen Abgrenzungsänderungen an den FFH-Gebieten (bei Erkenntniszuwachs oder Meldefehlern) ausschließlich nach fachlichen Kriterien vorzunehmen ist. Derzeit wird keine Notwendigkeit gesehen, eine Erweiterung des bestehenden FFH-Gebietes Nr. 54 vorzunehmen.

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die EU-Kommission dem Freistaat Thüringen nach Abschluss seiner Meldung von insgesamt 212 FFH-Gebieten, die zehn Prozent der Landesfläche einnehmen, eine substanzielle und respektable FFH-Meldung bescheinigt hat. Nach eingehenden Prüfungen der Gebietskulisse und Meldedaten wurde das Gebiet Nr. 54 im Jahr 2004 unter der EU-Nr. 5030-301 in die inzwischen europaweit veröffentlichte Kontinentale Liste der Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen. Diese Liste wird kontinuierlich fortgeschrieben und ist mittlerweile dreimal von den Ländern selbst sowie von der EU geprüft worden. Für die dritte Fortschreibung der kontinentalen Liste trat mit dem Eingang der Entscheidung der Europäischen Kommission bei der Ständigen Vertretung Deutschlands am 28. Dezember 2009 Rechtskraft für Deutschland ein.

Zu 5.: Die Bewilligungen sind befristet erteilt, für den Kammerbruch bis 14. Mai 2023 und für den Güntherslebener Bruch bis 1. März 2022. Sofern zum Zeitpunkt des Fristablaufes in den Bewilligungsfeldern noch gewinnbare Rohstoffvorräte vorhanden sind, kann die Frist auch bei einer ordnungs- und planmäßigen Gewinnung bis zur Erschöpfung des Vorkommens verlängert werden (§ 16 Abs. 5 Bundesberggesetz).

Zu 6.: Das Landschaftsbild wird durch den Sandsteinabbau nicht nennenswert beeinflusst, da die bestehende das Landschaftsbild prägende Waldkulisse den Tagebau kaschiert und durch den Abbaubetrieb keine Veränderung erfährt.

Die Auswirkungen auf den Wasserhaushalt wurden durch die zuständigen Wasserbehörden (Landratsamt Gotha, Untere Wasserbehörde) geprüft. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass es durch den Sandsteinabbau zu keiner Beeinträchtigung des Schutzgutes Wasser kommt.