Welche zusätzlichen Kosten entstehen durch die Freigabe von Gefahrguttransporten in den

Oktober 2010 hat folgenden Wortlaut:

Bis Jahresende soll die Entscheidung gefallen sein, welche Gefahrgüter durch die Autobahntunnel der A 71 im Thüringer Wald transportiert werden dürfen. Derzeit soll noch geklärt werden, welche Forderungen zur Gefahrenabwehr erfüllt werden müssen. Bei der Kategorisierung geht es um die Frage, ob die Tunnel für Gefahrgüter freigegeben werden. In Thüringen sind bisher sechs Straßentunnel für Gefahrguttransporte freigegeben (Lobdeburgtunnel - A 4, Heidkopf- und Höllbergtunnel - A 38, Schmücketunnel, Tunnel Behringen und Eichelberg - A 71). Gefahrguttransporte sollten möglichst auf der Schiene transportiert werden, da diese 40-mal sicherer ist als die Straße. Im Zuge der Baumaßnahme der Schnellbahn-Trasse Nürnberg­Erfurt­Leipzig/Halle­Berlin werden insgesamt 22 weitere Tunnel entstehen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche zusätzlichen Kosten entstehen durch die Freigabe von Gefahrguttransporten in den Thüringer Autobahntunneln?

a) Wie hoch sind die notwendigen Investitionskosten?

b) Wie hoch sind derzeit die Betriebs- und Personalkosten der Thüringer Autobahntunnel und wie hoch werden diese nach der Zulassung für Gefahrguttransporte insgesamt voraussichtlich sein?

c) Welche Kosten übernimmt davon der Freistaat und welche Kosten der Bund oder andere?

d) Welche weiteren Kosten kommen voraussichtlich in den nächsten zehn Jahren durch spezielle Weiterbildungsmaßnahmen z. B. der Tunnelfeuerwehren, die Anschaffung spezieller Rettungsfahrzeuge sowie Materialkosten bei der Sicherung der Autobahntunnel hinzu?

2. Welche Gefahrguttransporte müssen vor einer Tunnelfahrt bei Polizei und Rettungskräften gemeldet werden? Gibt es hierbei Unterschiede zu Fahrten auf Straßen ohne Tunnel und zwischen Autobahnen und anderen Straßen?

3. Für welche Gefahrgutklasse wird der Pörzbergtunnel im Verlauf der L1048 zwischen Rudolstadt und der A 71 voraussichtlich klassifiziert?

4. Welche Gefahrgüter dürfen im Güterzugverkehr durch die Tunnel der Schnellbahn-Trasse Nürnberg­Erfurt­Leipzig/Halle­Berlin nach Fertigstellung fahren?

5. Inwiefern beteiligt sich die Landesregierung an der Erstellung des Sicherheitskonzepts für die Tunnel der Schnellbahntrasse Halle­Erfurt­Ebensfeld?

6. In welchem zeitlichen und personellen Umfang müssen nach Fertigstellung der ICE-Trasse Rettungskräfte vorgehalten werden? Falls zutreffend, welche örtlichen Feuerwehren sind für welchen der Thüringer Tunnel zuständig?

Das Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 30. November 2010 wie folgt beantwortet: Vorweg zu schicken ist, dass grundsätzlich alle Straßentunnel, die gemäß den Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln (RABT) errichtet werden, als Teil der öffentlichen Straßen uneingeschränkt dem Verkehr zur Verfügung stehen. Lediglich in bestimmten Fallkonstellationen ist eine Einschränkung der Nutzbarkeit für Gefahrguttransporte vorzunehmen.

Zu 1. a:

Da bislang nicht bekannt ist, welche zusätzlichen Investitionsmaßnahmen über die in den Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln (RABT) beschriebenen Maßnahmen hinaus gefordert werden, kann derzeit keine Aussage zur Höhe der zu übernehmenden Investitionskosten getroffen werden.

Zu 1. b:

Die Betriebskosten der Thüringer Autobahntunnel beliefen sich im Jahr 2009 auf ca. 2,5 Millionen Euro.

Im Jahr 2010 werden die Kosten voraussichtlich 2,8 Millionen Euro betragen (Erhöhung infolge Inbetriebnahme A 38 Tunnel Höllberg im Dezember 2009). Die Betriebskosten werden sich allein durch die beabsichtigte Aufhebung des Durchfahrverbots für Gefahrguttransporte nicht erhöhen.

Im Zusammenhang mit der Gefahrenabwehr in der Tunnelkette der A 71 können folgende Aussagen zu anfallenden Betriebs- und Personalkosten getroffen werden.

Zur Sicherstellung des Brand- und Katastrophenschutzes in der Tunnelkette der A 71 trägt der Freistaat Thüringen entsprechend der Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Freistaat Thüringen und der Stadt Suhl die Kosten für die Einsatzkräfte der Feuerwehr Suhl. Daraus entstehen dem Freistaat im Jahr 2010 voraussichtlich folgende Kosten: Personal- und Sachkosten: 1 299 030 Euro Kosten für Bewirtschaftung des Gefahrenabwehrzentrums: 53 000 Euro

Bei der Aufhebung des Durchfahrverbotes für Gefahrguttransporte durch die Tunnelkette trägt der Freistaat entsprechend der Festlegungen der Verwaltungsvereinbarung zunächst die zusätzlichen Kosten für weitere hauptamtliche Ersteinsatzkräfte, deren Ausbildung und Ausstattung sowie die Kosten für die notwendige zusätzliche feuerwehrtechnische Ausrüstung.

Im Rahmen des derzeit laufenden Verfahrens zur Tunnelkategorisierung befinden sich die Kriterien der Gefahrenabwehr für die Tunnelkette in der Erarbeitung, die dann noch mit den zuständigen Gefahrenabwehrbehörden abzustimmen sind. Inwieweit sich daraus gegebenenfalls Änderungen für die Verwaltungsvereinbarung ergeben könnten, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar. Eine Aussage zu künftigen Kosten bei der Aufhebung des Durchfahrverbotes für Gefahrguttransporte ist deshalb derzeit nicht möglich.

Zu 1. c:

Das Land übernimmt die unter Antwort zu Frage 1 b bezifferten Kosten, die aufgrund der Verwaltungsvereinbarung entstehen. Die Betriebskosten werden vom Bund getragen.

Zu 1. d: Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass es in Thüringen nach geltendem Recht den Begriff der Tunnelfeuerwehr nicht gibt. Bei Ereignissen in Tunneln kommen die Gemeindefeuerwehren entsprechend ihrer örtlichen Zuständigkeit zum Einsatz. Umgangssprachlich wurde der Begriff Tunnelfeuerwehr in den letzten Jahren für die durch den Freistaat finanzierten Ersteinsatzkräfte der Feuerwehr Suhl verwendet.

Aus- und Fortbildung:

In den unter Antwort zu Frage 1 b genannten Zahlen sind Kosten für die Aus- und Fortbildung der durch den Freistaat finanzierten Ersteinsatzkräfte der Feuerwehr Suhl bereits enthalten. Bei Aufstockung der Ersteinsatzkräfte würden entsprechend höhere Kosten anfallen; diese können aus den unter Antwort zu Frage 1 b genannten Gründen derzeit noch nicht beziffert werden. Darüber hinaus ist zu beachten, dass Neueinstellungen von Einsatzkräften in der Regel zur Ausbildung erfolgen, da Personal mit der erforderlichen feuerwehrtechnischen Laufbahnausbildung auf dem Arbeitsmarkt kaum verfügbar ist. Diese Ausbildungskosten (ca. 15 000 Euro pro Einsatzkraft) wären dann ebenfalls durch den Freistaat zu übernehmen.

Hinsichtlich der tunnelspezifischen Fortbildung entstehen den Aufgabenträgern bei Nutzung der durch die Thüringer Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule angebotenen Lehrgänge Brandbekämpfung in unterirdischen Verkehrsanlagen lediglich Reisekosten. Bei Nutzung externer Angebote ist hingegen mit erheblichen Kosten zu rechnen. Die Entscheidung für die Auswahl der Fortbildungsmaßnahmen liegt letztlich bei den kommunalen Aufgabenträgern.

Tunnelspezifische Ausstattung der Feuerwehren: Bezifferbare Kosten liegen gegenwärtig nur für den Tunnel Jagdberg vor. Diese betragen ca. 420 000 Euro für ein Staffellöschfahrzeug sowie 203 700 Euro für sonstige Ausrüstungen. Für alle anderen Tunnel kann dieser Bedarf nicht eingeschätzt werden. Für die bereits uneingeschränkt nutzbaren Tunnel sind die Beschaffungen abgeschlossen.

Allerdings wird in den nächsten Jahren mit Forderungen nach Ersatzbeschaffungen sowie verstärkt nach Übernahme der Wartungskosten für die durch das Land zur Verfügung gestellten tunnelspezifischen Ausstattungen zu rechnen sein.

Zu 2.: In Deutschland besteht zur Anmeldung einer Tunnelfahrt bislang keine Pflicht.

Die Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB) normiert eine Pflicht für besonders gefährliche Güter zur Festlegung des Fahrweges außerhalb von Autobahnen.

Zu 3.: Bei der Anwendung von Beschränkungen für die Durchfahrt von Fahrzeugen mit gefährlichen Gütern durch Tunnel muss die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Straßentunnel einer im Regelwerk festgelegten Kategorie zuordnen. Die Kategorisierung basiert auf der Annahme, dass in Tunneln drei Hauptgefahren bestehen, die zu zahlreichen Opfern oder ernsthaften Schäden am Tunnelbauwerk führen können:

a) Explosionen;

b) Freiwerden giftiger Gase oder flüchtiger giftiger flüssiger Stoffe;

c) Brände.

Die Kategorisierung erfolgt nicht nach Gefahrgutklassen, sondern wird von den Gefahren, die bei Freisetzung eines Stoffes oder Gegenstandes im Tunnel ausgehen können, bestimmt.

Das Verfahren zur Kategorisierung des Tunnels Pörzberg ist noch nicht abgeschlossen.

Zu 4.: Grundsätzlich können auf den Strecken der DB AG einschließlich der Tunnel alle Güter befördert werden, deren Beförderung nach der Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID) sowie der Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt zugelassen ist.

Eine Einschränkung im Güterzugverkehr ergibt sich aufgrund Nummer 3.1 der Richtlinie über Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes an den Bau und Betrieb von Eisenbahntunneln des Danach dürfen fahrplanmäßige Begegnungen zwischen Reise- und Güterzügen in zweigleisigen Tunneln ab 500 Meter nicht vorgesehen werden.

Zu 5.: Nach dem Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz sind im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung im eigenen Wirkungskreis die Gemeinden für den örtlichen Brandschutz und die allgemeine Hilfe und die Landkreise für den überörtlichen Brandschutz und die allgemeine Hilfe zuständig. Die Aufgaben des Katastrophenschutzes werden durch die Landkreise und die kreisfreien Städte als Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises erfüllt. Die staatliche Aufsicht richtet sich nach den Bestimmungen der Kommunalordnung.

In Bezug auf den Bau und den Betrieb dieser ICE-Strecke, voraussichtliche Inbetriebnahme im Jahr 2017, ist nach § 4Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) das und Genehmigungsbehörde für Eisenbahnen des Bundes. Es ist insbesondere für Genehmigung und Überwachung, für Errichtung und Betrieb der Betriebsanlagen und für Schienenfahrzeuge im Bereich der Eisenbahnen des Bundes zuständig. Zur sicheren Führung des Eisenbahnbetriebs besteht eine Tunnelrichtlinie. Diese enthält auch den wirksamen Brand- und Katastrophenschutz als organisatorische Maßnahme, die der Eisenbahninfrastrukturunternehmer, die DB AG, zu gewährleisten hat.

Zu 6.: Brandschutz und Allgemeine Hilfe sind nach dem Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz kommunale Pflichtaufgaben, die von den Gemeinden und Landkreisen als Aufgaben des eigenen Wirkungskreises wahrgenommen werden. Sie haben eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende Feuerwehr aufzustellen und zu unterhalten und die Gefahrenabwehr in ihrem Zuständigkeitsbereich zu gewährleisten. Darüber hinaus können Eigentümer, Besitzer und Betreiber von baulichen Anlagen, von denen im Fall eines Gefahr bringenden Ereignisses ernste Gefahren für das Leben und die Gesundheit einer größeren Zahl von Menschen ausgehen können, nach dem Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz von den kommunalen Aufgabenträgern verpflichtet werden, zusätzliche Ausstattungen zur Gefahrenabwehr bereitzustellen.