Die Unternehmen können ihre Leistungen den nach §§ 10 und 11 Ordnungsbehördengesetz OBG Verantwortlichen in Rechnung

November 2010 hat folgenden Wortlaut:

Der Freistaat Thüringen hat im Jahr 1996 die Kampfmittelbeseitigung nahezu vollständig privatisiert. Für die Kampfmittelbeseitigung können gemäß § 4 Ordnungsbehördliche Verordnung über die Abwehr von Gefahren durch Kampfmittel zugelassene Unternehmen seit 2001 frei ausgewählt werden.

Die Unternehmen können ihre Leistungen den nach §§ 10 und 11 Ordnungsbehördengesetz (OBG) Verantwortlichen in Rechnung stellen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Auf wie vielen Grundstücken im Freistaat Thüringen wurde in den Jahren 2001 bis 2009 eine Kampfmittelsuche durchgeführt (bitte getrennt nach Privateigentümer sowie Eigentümer Bund, Land und Kommune angeben)?

2. Welche Kosten sind den jeweiligen Verantwortlichen durch die Beauftragung eines zugelassenen Unternehmens für die Kampfmittelsuche in den Jahren 2001 bis 2009 entstanden (bitte getrennt nach Privateigentümer sowie Eigentümer Bund, Land und Kommune angeben)?

3. Welche Unternehmen sind für die Kampfmittelsuche in Thüringen zugelassen?

4. Auf wie vielen Grundstücken im Freistaat Thüringen wurde, nach der Kampfmittelsuche in den Jahren 2001 bis 2009, eine Kampfmittelräumung vorgenommen (bitte getrennt nach Privateigentümer sowie Eigentümer Bund, Land und Kommune angeben)?

5. Welche Kosten sind den jeweiligen Verantwortlichen durch die Kampfmittelräumung in den Jahren 2001 bis 2009 entstanden (bitte getrennt nach Privateigentümer sowie Eigentümer Bund, Land und Kommune angeben)?

6. Welche Unternehmen sind für die Kampfmittelräumung in Thüringen zugelassen?

7. Wurde die Leistung der Kampfmittelräumung öffentlich ausgeschrieben?

8. Falls ja, wann, für welchen Zeitraum und unter welchen Kriterien wurde die Leistung der Kampfmittelräumung ausgeschrieben bzw. vergeben?

9. Findet in Thüringen eine systematische Suche nach Altmunition bzw. Kampfmitteln statt? Falls nicht, auf wessen Veranlassung und unter welchen Voraussetzungen bzw. Vertragsinhalten findet eine Beauftragung der zugelassenen Unternehmen zur Kampfmittelsuche und/oder Kampfmittelräumung statt?

10.Aus welchen Gründen wurde die Aufgabe der Kampfmittelsuche und Kampfmittelbeseitigung vom staatlichen Kampfmittelräumdienst an private Unternehmen übertragen?

11.Wie erfolgt die Überprüfung der zugelassenen Unternehmen der Kampfmittelsuche und Kampfmittelräumung?

12.In welchen Stellen im Landeshaushalt sind die Kosten für die Kampfmittelsuche und die Kampfmittelräumung enthalten?

13.In wie vielen Fällen und in welcher Höhe erfolgte zwischen 2001 und 2009 auf Antragsstellung eine Kostenübernahme bei Privatpersonen und die Kostenrückerstattung bei Kommunen durch das Thüringer Innenministerium?

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 27. Dezember 2010 wie folgt beantwortet: Vorab ist zu den rechtlichen Rahmenbedingungen für die Kampfmittelbeseitigung in Thüringen das Folgende anzumerken:

Unter dem Begriff der Kampfmittelbeseitigung ist grundsätzlich die Abwehr der von Kampfmitteln ausgehenden Gefahren einschließlich der Entschärfung und Vernichtung der Kampfmittel selbst zu verstehen. Sie umfasst auch das Sondieren, Freilegen, Sammeln, Lagern, Zwischenlagern und Transportieren von Kampfmitteln (vgl. § 1 Abs. 3 Ordnungsbehördliche Verordnung über die Abwehr von Gefahren durch Kampfmittel -

1. Auf die Beseitigung von Kampfmitteln sind zunächst die Sondervorschriften des Artikels 120 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) und das Allgemeine Kriegsfolgengesetz (Gesetz zur allgemeinen Regelung durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reiches entstandener Schäden vom 5. November 1957, BGBl. I S. 2512) anzuwenden, soweit es sich um reichseigene Kampfmittel handelt. Nach § 2 Nr. 3, § 19 Abs. 2 Nr. 1 Allgemeines Kriegsfolgengesetz (AKG) sind Ansprüche, die auf eine Beeinträchtigung oder Verletzung des Eigentums an einer Sache beruhen, durch den Bund zu erfüllen, wenn die Erfüllung des Anspruchs zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben erforderlich ist. Nach der von der Bundesregierung erlassenen Verwaltungsvorschrift zum Allgemeinen Kriegsfolgengesetz richtet sich die Kostenerstattung des Bundes für die Suche und Räumung gegenüber den Ländern nach der auf die 50er Jahre zurückgehenden Staatspraxis, welche der Bund im Jahr 1991 mit Erlass auch in den neuen Bundesländern für anwendbar erklärte. Thüringen reicht diese Gelder auf Antrag an die betroffenen Grundstückseigentümer weiter.

2. Anders verhält es sich bei nichtreichseigenen Kampfmitteln: Werden solche Kampfmittel aufgefunden, dann greift nach der durch das Grundgesetz festgelegten Zuständigkeitsregelung im Sinne von Artikel 30 GG die Zuständigkeit der Länder für die Gefahrenabwehr. Für die Abwehr von Gefahren sind in Thüringen die Gemeinden im übertragenen Wirkungskreis in ihrer Eigenschaft als Ordnungsbehörden gemäß § 1 Satz 1 Ordnungsbehördengesetz (OBG) zuständig. Verantwortlich für die Beseitigung im ordnungsbehördlichen Sinne ist neben dem Handlungsstörer der Zustandsverantwortliche gemäß § 11 OBG, in aller Regel also der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück - also insbesondere der Besitzer - oder der Grundstückseigentümer.

Das gemäß §§ 27, 28 OBG zuständige Thüringer Landesverwaltungsamt hat am 26. September 1996 die Ordnungsbehördliche Verordnung über die Abwehr von Gefahren durch Kampfmittel erlassen (vgl. Thüringer Staatsanzeiger, 1996, S. 1894). In der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Abwehr von Gefahren durch Kampfmittel wird näher geregelt, auf welche Weise die Kampfmittelsuche und die Kampfmittelräumung in Thüringen ausgestaltet werden.

- Die Kampfmittelsuche obliegt grundsätzlich einem hiermit beauftragten Unternehmen. Dies bedeutet in der Praxis, dass der Zustandsverantwortliche im Sinne des § 11 OBG ein entsprechendes Unternehmen mit der Kampfmittelsuche auf der Liegenschaft zu beauftragen hat. Die Kosten der Kampfmittelsuche hat der Zustandsverantwortliche selbst zu tragen.

- Für die Kampfmittelräumung sieht § 4 Abs. 2 vor, dass aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Thüringen nur ein einziges Unternehmen beauftragt wird. Diese Firma wurde ab dem 1. Dezember 1996 mit der Entschärfung, dem Transport, der Lagerung und der Vernichtung von Kampfmitteln vom Innenministerium beauftragt (vgl. Thüringer Staatsanzeiger Nr. 11, 1998, S. 463). Das beauftragte Unternehmen ist berechtigt, den nach §§ 10 und 11 OBG Verantwortlichen seine Kosten in Rechnung zu stellen. Aus Billigkeitsgründen und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht übernimmt das Land in der Regel die Kosten für die Kampfmittelräumung gegenüber Privatpersonen und Kommunen, allerdings unter der Einschränkung, dass es sich bei den betroffenen Grundstücken um solche handelt, die nicht für gewerbliche oder industrielle Zwecke oder auf andere Weise zur Einnahmeerzielung genutzt werden.

Die mit der Kampfmittelsuche beauftragten Unternehmen müssen vor Beginn der Maßnahme diese anzeigen und nach Beendigung einen Abschlussbericht vorlegen Nr. 7/1999). In den Jahren 2001 bis 2009 wurden 627 solcher Maßnahmen angezeigt. Aus den von den Unternehmen gemachten Angaben zum jeweiligen Auftraggeber kann keine Aufschlüsselung nach Privateigentümer oder Sonstigen vorgenommen werden.

Im Rahmen der Privatisierung des Kampfmittelräumdienstes wurden im Jahre 1996 zunächst im Rahmen einer Vorauswahl unter 13 Fachfirmen drei Unternehmen in die nähere Auswahl gezogen. Von diesen drei Unternehmen wurde die oben genannte Firma Tauber schließlich mit der Kampfmittelräumung in Thüringen beauftragt.

Eine öffentliche Ausschreibung fand nicht statt.

Mit der Firma Tauber Delaborierung Erfurt, wurde am 1. Oktober 1996 ein Vertrag über die Übertragung der Kampfmittelräumung geschlossen; dieser trat am 1. Dezember 1996 in Kraft. Wesentliche Kriterien für die Beauftragung dieses Unternehmens waren - neben des vom damaligen Staatlichen Kampfmitteldienst übergeleiteten Personals - die hohe fachliche Kompetenz auf dem Gebiet der Kampfmittelräumung und dessen wirtschaftliche Solidität sowie dessen Bereitschaft, die strengen Kontroll- und Prüfungsrechte des Landes über seine Tätigkeit vertraglich zu akzeptieren. Hierzu gehörten u.a., dass sich das beauftragte Unternehmen verpflichtet hat, sich einer Preisprüfung gemäß § 9 der Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen durch das Thüringer Landesverwaltungsamt als zuständige Behörde zu unterziehen und die jederzeitige Erreichbarkeit für Ordnungs- und Polizeibehörden sicherzustellen.