Jagd im Staatswald

Die Jagd im Staatswald erfolgt nicht wie sonst in Thüringen üblich über langfristige Verpachtungen, sondern durch Bedienstete des Freistaats Thüringen oder durch Jagdgäste.

Ich frage die Landesregierung:

1. Bei welchen Beschäftigten gehört die Ausübung der Jagd zur Dienstpflicht?

2. Wie wird die in Ausübung dieser Dienstpflicht aufgewandte Arbeitszeit vergütet?

3. Wie werden die mit der Ausübung der Jagd verbundenen Kosten der Bediensteten (Fahrtkosten, Munition, Ausrüstung) vergütet?

4. Wie sind die Bediensteten bei Jagdunfällen versichert?

5. Müssen Bedienstete an der Ausübung der Jagd teilnehmen, auch wenn daran kein Interesse besteht?

6. Wie wird die Effizienz der Jagd durch die Beschäftigten des Landes bewertet?

7. Bleibt für die Bediensteten in Zeiten hoher Arbeitsbelastung genug Gelegenheit für die Ausübung der Jagd?

8. In welchen Forstämtern ist im Landeswald der Wildbestand zu hoch und welche Maßnahmen werden in diesem Zusammenhang ergriffen?

9. Wie wird in solchen Fällen die Möglichkeit des Einsatzes von Berufsjägern gesehen?

10.Welchen Anteil haben Jagdgäste an der Jagd im Landeswald?

11.Welche Kosten sind mit der Führung von Jagdgästen durch Landespersonal verbunden?

12.Wie erfolgt die Berechnung dieser Kosten gegenüber den Jagdgästen?

13.Welche Einnahmen werden vom Land durch Jagdgäste erzielt?

14.Welche Einnahmen resultieren aus dem Verkauf von Wildfleisch?

15.Welcher Aufwand wird für den Verkauf von Wildfleisch betrieben (Arbeitszeit, Veterinäruntersuchungen, Vorhaltung von Einrichtungen zur Lagerung von Wildfleisch und zum Verkauf)? 16.Wie viele Abschüsse von Wild wurden seit 2008 in welchem Wert und aus welchen Gründen verschenkt?

Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 11. Januar 2011 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Die Jagdausübung in den 27 Jagdbezirken gehört für Bedienstete (Beschäftigte und Beamte) der Landesforstverwaltung, die für die höhere oder gehobene Laufbahn forstlich ausgebildet sind, zur Dienstpflicht.

Zu 2.: Da für den in Beantwortung der Frage 1 benannten Personenkreis die Jagdausübung in den Landesjagdbezirken zur Dienstpflicht gehört, erfolgt dafür keine gesonderte Vergütung.

Zu 3.: Der zur Jagdausübung verpflichtete Bedienstete erhält eine Jagdaufwandsentschädigung p. a. von 70 Euro.

Für den eigenständigen Transport von erlegtem Schalenwild wird ein Lieferlohn - gestaffelt nach Wildart und Wildklasse - von sieben Euro bis neun Euro je Stück gezahlt.

Zu 4.: Beschäftigte der Landesforstverwaltung sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) in Verbindung mit § 128 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII bei Jagdunfällen bei der Unfallkasse Thüringen (UKT) gesetzlich unfallversichert. Wird ein Beamter durch einen Dienstunfall verletzt, wird ihm Unfallfürsorge durch den Freistaat Thüringen gewährt (§ 30 Beamtenversorgungsgesetz).

Zu 5.: Nein, Bedienstete müssen nicht an der Jagdausübung teilnehmen. Sie können auf Antrag von der Dienstpflicht zur Jagdausübung befreit werden.

Zu 6.: In Umsetzung der Anweisung über die Verwaltung, die Nutzung und den Betrieb der Jagd in den Landesjagdbezirken des Freistaats Thüringen (Jagdnutzungsanweisung - JNA) vom 17. Februar 2009 dient die Jagdausübung der Bediensteten der Abschussplanerfüllung. Durch diesen Personenkreis werden jährlich cirka 62 Prozent des Abschussplans der Schalenwildarten in den Landesjagdbezirken mittels Einzel- oder Bewegungsjagd erfüllt. Damit ist nachgewiesen, dass die Dienstverpflichtung für eine effiziente Abschussplanerfüllung notwendig ist.

Zu 7.: Da die Verpflichteten die Jagdausübung überwiegend außerhalb der regulär zu absolvierenden Arbeitszeit wahrnehmen, kann es bei extrem hohen Arbeitsbelastungen (z. B. Bewältigung von Naturkatastrophen) zwangsläufig zur Einschränkung der Jagdausübung kommen.

Zu 8.: Im Rhythmus von drei Jahren haben die unteren Forstbehörden ein forstliches Gutachten zur Situation der Waldverjüngung und der Schälschadensentwicklung über alle Waldbesitzarten hinweg zu erstellen. Die Thüringer Landesanstalt für Wald, Jagd und Fischerei (TLWJF) fasst die Ergebnisse in einer landesweiten Verbiss- und Schälschadensanalyse zusammen. Im neuesten Gutachten wurden regional differenziert zu hohe Wildschäden festgestellt. Die im Frühjahr 2011 anstehende dreijährige Abschussplanung für die Jagdjahre 2011/2012 bis 2013/2014 wird auf dieser Grundlage die notwendigen Rückschlüsse ziehen und die Abschusshöhen entsprechend den örtlichen Verhältnissen anpassen. Von teilweise noch zu hohen Wildschäden, die von herbivoren Schalenwildarten verursacht werden, sind insbesondere Landesjagdbezirke mit dominierendem Anteil an Fichten- und Kiefernwäldern betroffen.

Zu 9.: Der landesweite Einsatz von Berufsjägern in den hiesigen Landesjagdbezirken wurde bisher aufgrund der sich daraus ergebenden erheblichen zusätzlichen Personalkosten nicht in Erwägung gezogen. Im Landes

jagdbezirk Neuhaus/Rennweg läuft derzeit jedoch ein Versuch, u. a. zur Untersuchung eines solchen Einsatzes, bei dem ein Forstwirtschaftsmeister, der auch Berufsjäger ist, mitwirkt.

Zu 10.: Die Jagdgäste, die die Jagd in den Landesjagdbezirken entgeltlich ausüben, hatten im Jagdjahr 2007/2008 einen Anteil von 37,6 Prozent, im Jagdjahr 2008/2009 von 38,0 Prozent und im Jagdjahr 2009/2010 von 38,5 Prozent.

Zu 11.: Ich verweise auf die Antwort zu Frage 12.

Zu 12.: Wenn ein Jagdgast auf ein Stück Wild vom Bediensteten geführt wird, so hat der Jagdgast, unabhängig vom Jagderfolg, 40 Euro für jede angefangene Stunde Jagdführung, höchstens 120 Euro täglich zu entrichten. Die Führung wird erfahrungsgemäß nur im Einzelfall bei der Jagdausübung auf starke Trophäenträger in Anspruch genommen.

Zu 13.: Im Jagdjahr 2009/2010 betrugen die Gesamteinnahmen 1,72 Millionen Euro. Davon entfallen auf Einnahmen durch Jagdgäste 0,71 Millionen Euro.

Zu 14.: Aus dem Wildbretverkauf wurde im Jagdjahr 2009/2010 ca. 1,01 Millionen Euro eingenommen.

Zu 15.: Die Wildbretvermarktung umfasst den Verkauf des Wildes als ganzes Stück (in Decke bzw. Schwarte).

Das heißt, eine Veredlung (z. B. Zerwirken in Portionen) des Wildes erfolgt nicht. Der Verkauf wird durch das Forstamtspersonal im Rahmen der erledigt.Anfallende Kosten für Trichinenuntersuchungen und teilweise notwendige Fleischbeschau werden an den Käufer des Wildbrets weitergereicht.

Für die Lagerung des Wildbrets werden je staatliches Forstamt (Landesjagdbezirk) ein bis zwei Kühlzellen vorgehalten. Die Kosten der zeitweiligen Kühlung sind in dem Verkaufspreis des Wildbrets mit einkalkuliert.

Zu 16.: Das Land verschenkt generell. In der JNAist die Unentgeltliche Jagdausübung durch Jagdgäste und Forstbedienstete geregelt. Danach können im Interesse des Landes Einladungen zur Jagdausübung ausgesprochen und auf die Erhebung von Jagdbetriebskostenbeiträgen verzichtet werden.

In den letzten drei Jahren, von 2008 bis 2010, sind durchschnittlich pro Jahr 29 unentgeltliche Abschüsse, fast ausschließlich beim männlichen Rotwild, bewilligt worden. Davon entfielen jeweils ca. zehn Prozent der Abschüsse auf Personen, die sich in ihrer Region vor allem auf dem Sport- und dem Landwirtschaftssektor Verdienste erworben haben. Weiterhin entfielen ca. 30 Prozent der Abschussbewilligungen auf Personen, die vorwiegend auf jagdverbandspolitischem Gebiet wichtige Ehrenämter bereits über einen längeren Zeitraum hinweg wahrnehmen. Jeweils ca. 60 Prozent der unentgeltlichen Abschüsse wurden Forstbediensteten aufgrund außergewöhnlicher Leistungen oder jahrzehntelanger Verdienste im thüringischen Forstwesen im Zusammenhang mit deren bevorstehender Pensionierung und für Verdienste bei der Aufarbeitung der Kyrillschäden bewilligt. Die tatsächliche Realisierung der Abschüsse liegt bei den beiden erstgenannten Personengruppen bei etwa zwei Drittel und bei den Forstbediensteten bei etwa 90 Prozent. Danach errechnet sich im Mittel der freigegebenen Trophäenklassen (von Klasse III b über II b bis zur Klasse I) ein Verzicht von Einnahmen von insgesamt rund 30 000 Euro je Jahr. Dagegen stehen im Mittel der letzten drei Jagdjahre Jahreseinnahmen aus der Jagdnutzung in den Landesjagdbezirken in Höhe von 1,72 Millionen Euro. Die Einnahmeminderung durch unentgeltliche Abschussbewilligungen liegt damit durchschnittlich bei 1,6 Prozent pro Jahr.