JVA

Dezember 2010 hat folgenden Wortlaut:

Wie die Thüringische Landeszeitung (TLZ) vom 25. November 2010 berichtete, soll der bisherige Leiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) Tonna juristisch bzw. gerichtlich gegen seine Abordnung als Referatsleiter in das Thüringer Justizministerium vorgehen. Die Abordnung ist im Zusammenhang mit dem Tod eines Untersuchungsgefangenen aus der JVA Tonna vollzogen worden. Nun will der Betroffene mit Unterstützung eines Anwalts erreichen, dass die Abordnung rückgängig gemacht wird und er seine Stelle als JVA-Leiter wieder erhält. Denn diese Abordnung sei - vor allem mangels zutreffender Gründe - grob rechtswidrig.

Ich frage die Landesregierung:

1. Mit welcher inhaltlichen Aufgabenstellung und welcher sachlichen Begründung hat die Landesregierung bzw. das zuständige Ministerium die Abordnung des Leiters der JVA Tonna als Referent bzw. Referatsleiter in das Thüringer Justizministerium verfügt und inwiefern spielt bei der Begründung der Abordnung gegebenenfalls die Einleitung staatsanwaltlicher Ermittlung gegen den Betroffenen bzw. ihm zuvor unterstellte Bedienstete eine Rolle?

2. Auf welcher rechtlichen Grundlage und in welcher Form können nach Ansicht der Landesregierung Abordnungen, insbesondere in das Ministerium, vorgenommen werden, vor allem in Fällen, in denen ein Pflichtverstoß des betroffenen Beamten in der Ausübung seiner vorhergehenden Funktion, z. B. hinsichtlich der Erfüllung von Informationspflichten, im Raum steht?

3. Wie sind in solchen Fällen, wie dem oben in der Einleitung geschilderten, die Weisungs- und Informationsketten bzw. Verantwortungshierarchien strukturell und inhaltlich ausgestaltet, insbesondere wie definiert die Landesregierung in diesem Zusammenhang den Begriff einer adäquaten Information (vgl. TLZ vom 25. November 2010)?

4. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, dass es im Zusammenhang mit dem oben genannten Todesfall Mängel in der Arbeitsorganisation und in Handlungsstrategien, insbesondere bei der Neuaufnahme von Gefangenen, gab, wenn ja, worin lagen diese begründet und welche Schlussfolgerungen zu deren künftiger Vermeidung wurden gezogen?

Das Thüringer Justizministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 18. Januar 2011 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Der Leiter der JVA Tonna wurde mit Wirkung vom 24. Juli 2010 an das Thüringer Justizministerium abgeordnet. Er leitet derzeit das Referat Haushaltsangelegenheiten, Wirtschaftsverwaltung, Bau- und Liegenschaftsangelegenheiten in der Abteilung Justizvollzug und Straffälligenhilfe.

Die Abordnung erfolgte sowohl im Rahmen der Aufklärung der Umstände, die zum Tod des Untersuchungsgefangenen führten, als auch im Hinblick auf die Besetzung des vorbezeichneten Referats mit einem in Bausachen erfahrenen und mit der vollzuglichen Praxis vertrauten Beamten.

Gegen den Leiter der JVA Tonna wird derzeit weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich ermittelt. Allerdings wurden Überprüfungen der Aufsichtsbehörde im Rahmen der Fachaufsicht aufgenommen.

Zu 2.: Abordnungen können unter den Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Thüringer Beamtengesetz ausgesprochen werden. Danach kann der Beamte, wenn ein dienstliches Bedürfnis besteht, vorübergehend ganz oder teilweise zu einer seinem Amt entsprechenden Tätigkeit an eine andere Dienststelle abgeordnet werden.

Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.

Zu 3.: Nach Nummer 3 der bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift zu § 156 Strafvollzugsgesetz berichtet der Anstaltsleiter unverzüglich über außerordentliche Vorkommnisse und zu allgemeinen Regelungen geben könnten. Darüber hinaus ist es im Thüringer Justizvollzug geübte Praxis, dass die Justizvollzugseinrichtungen der Aufsichtsbehörde anlässlich eines besonderen Vorkommnisses einen sogenannten unverzüglichen Vorausbericht zukommen lassen. Dies geschieht in der Regel mittels eines per Telefax übersandten Vordrucks und zusätzlich fernmündlich im Voraus.

Eine adäquate Information ist die zügige und vollständige Unterrichtung über Vorkommnisse, die aufgrund ihrer Tragweite sowohl in der Öffentlichkeit als auch im parlamentarischen Raum besondere Aufmerksamkeit hervorrufen. Dies ist erforderlich, um sowohl auf solche gravierenden Ereignisse angemessen reagieren zu können als auch im Hinblick auf eine zügige und inhaltlich zutreffende Information von Parlament und Öffentlichkeit.

Die Landesregierung vertritt die Auffassung, dass der vorliegende Fall aufgrund der Schwere des Vorkommnisses besondere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und im parlamentarischen Raum hervorgerufen und entsprechende Anforderungen an die Berichterstattung gestellt hat.

Zu 4.: Eine abschließende Bewertung des in der Anfrage thematisierten Sachverhalts kann erst nach Beendigung der zurzeit noch laufenden Verfahren erfolgen. Gleiches gilt für die Frage nach der persönlichen Verantwortung einzelner Bediensteter der JVA Tonna. Auch insoweit wird erst nach Abschluss der derzeit von der Staatsanwaltschaft Erfurt geführten Ermittlungsverfahren und den sich gegebenenfalls anschließenden dienstrechtlichen Verfahren eine abschließende Bewertung möglich sein. Die Landesregierung wird in jedem Fall erforderliche Konsequenzen ziehen, seien sie personeller oder organisatorischer Natur.