Die Entscheidungshoheit für diese Ausnahmen liegt beim zuständigen Schulamt

Januar 2011 hat folgenden Wortlaut:

Nach Beschlussfassung zur Novellierung des Schulgesetzes durch den Thüringer Landtag im Dezember 2010 gilt ab sofort die zehnjährige Vollzeitschulpflicht, die Berufsschulpflicht gilt dagegen nur noch für diejenigen, die in Ausbildung befindlich eine Fachklasse besuchen müssen. Dies ist auch zur Erfüllung des 10. Pflichtjahres möglich, wenn ein Hauptschulabschluss und Ausbildungsvertrag vorliegen. Für ehemalige Schülerinnen und Schülder im Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) ist unter § 20 vorgesehen, dass Jugendliche mit erhöhtem Förderbedarf... ihre Vollzeitschulpflicht in Maßnahmen erfüllen können, die eine gleichwertige Bildung gewährleisten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Was sind Kriterien für einen erhöhten Förderbedarf; wird erhöhter Förderbedarf bei Jugendlichen mit Behinderung oder auch bei Sozial- oder Lernbeeinträchtigung gesehen?

2. Was zeichnet gleichwertige Maßnahmen aus?

3. Die Entscheidungshoheit für diese Ausnahmen liegt beim zuständigen Schulamt. Auf welcher Grundlage fällt diese Entscheidung?

4. Wie wird sichergestellt, dass die Schüler in diesen Maßnahmen ankommen?

5. Regelschulen sind irritiert darüber, was sie mit Jugendlichen machen sollen, die zwar den Hauptschulabschluss, aber keinen Ausbildungsvertrag haben. Sie müssten mit Ziel Qualifizierter Hauptschulabschluss weiter die Regelschule besuchen. Bei einzügigen Schulen sind das dann drei/vier Jugendliche.

Was ist mit dem Klassenteiler nach Verwaltungsvorschrift? Werden dann Klassen aus diversen Regelschulen gebildet? Wer übernimmt die Fahrtkosten?

6. Wie können sich berufsbildende Schulen auf ihre weitere Planungen einstellen? Das BVJ ist jetzt quasi ein Kann-Angebot. Die Berufsschulen bekommen aus o. g. Gründen keine Aussagen der abgebenden Schulen zu möglichen Schülerzahlen für das BVJ oder die Berufsfachschule (BFS). Werden Projekte wie BVJ-Impuls erweitert?

7. Die Agenturen für Arbeit kaufen im Ergebnis eines Verfahrens nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) Plätze für sogenannte berufsvorbereitende Maßnahmen ein. Die Ausschreibungen müssten im März spätestens erfolgen. Auf welcher Planungsgrundlage werden die Ausschreibungen erfolgen?

Das Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 25. März 2011 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Ziel des § 20 Abs. 3 Thüringer Schulgesetz in der Fassung ab 1. August 2011 ist es, Jugendlichen die Teilnahme an Maßnahmen der Agentur für Arbeit und der Jugend- und Sozialhilfe im zehnten Jahr der Vollzeitschulpflicht zu ermöglichen.

Der Begriff des erhöhten Förderbedarfs orientiert sich dabei an den Voraussetzungen der entsprechenden außerschulischen Maßnahmen (vgl. z. B. § 245 SGB III: (1) Förderungsbedürftig sind lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte Jugendliche, die wegen der in ihrer Person liegenden Gründe ohne die Förderung 1. eine Berufsausbildungsvorbereitung nach dem Berufsbildungsgesetz, eine Einstiegsqualifizierung oder eine Berufsausbildung nicht beginnen... können). Anhand des konkreten Einzelfalls wird unter Berücksichtigung der Schullaufbahn des Schülers über das Vorliegen eines erhöhten Förderbedarfs entschieden. Da die Maßnahmen der Agentur für Arbeit sich an lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte Jugendliche richten, ist die Anwendung der Vorschrift nicht auf Schüler mit Behinderungen und einem entsprechenden sonderpädagogischen Förderbedarf beschränkt.

Zu 2.: Gleichwertig sind die Maßnahmen, wenn sie die Möglichkeit eröffnen, einen Schulabschluss zu erwerben und/oder die Ausbildungsreife zu erhöhen. Gleichzeitig ist durch die Teilnahme an einer solchen Maßnahme die Erfüllung der Vollzeitschulpflicht zu gewährleisten.

Zu 3.: Die Entscheidung fällt auf der Grundlage des § 20 Abs. 3 in der Fassung ab 1. August 2011.

Zu 4: Für die Einhaltung der Vollzeitschulpflicht ist der jeweilige Schulleiter der besuchten Schule zuständig. Die Anwesenheit des an einer Maßnahme teilnehmenden Jugendlichen des Maßnahmeträgers.

Zu 5.: Schüler, die nach neun Schulbesuchsjahren an der Regelschule den Hauptschulabschluss erworben haben und keine duale Ausbildung beginnen, müssen nicht an der Regelschule verbleiben. Sie können wie bisher auch an die Berufsfachschule wechseln. Daneben wird ihnen die Möglichkeit eröffnet, in einem zusätzlichen 10. Schuljahr den qualifizierenden Hauptschulabschluss zu erwerben.

Zu 6.: Die Planungsunsicherheit in Bezug auf die Klassenbildung im BVJ war nach bisherigem Schulgesetz in Thüringen gängige Praxis. Erst am Ende eines Schuljahrs kann in Regelschulen und Förderzentren festgestellt werden, ob Schüler weiter in dieser Schule verbleiben oder ins BVJ bzw. in andere Maßnahmen übergehen. Planungsgrundlage kann lediglich die individuelle Absprache zwischen den abgebenden und den aufnehmenden Schulen und den Berufsberatern der Bundesagentur für Arbeit sein. Es ist angedacht, das BVJ-Impuls fortzuführen. Eine Erweiterung des Projektes hängt von den Bedarfsmeldungen der berufsbildenden Schulen und den tatsächlichen Schülerzahlen im BVJ ab.

Zu 7.: Es handelt sich um ein internes Verfahren der Agentur für Arbeit. Insoweit liegen der Landesregierung hierzu keine Informationen vor.