Bemühungen um das Stasigefängnis Suhl. Die ehemalige Untersuchungshaftanstalt des MfS in Suhl wird seit 1990 als Archiv genutzt

Nach der vorgetragenen Auffassung der Landesbeauftragten ist das Problem, dass autoritäre, Fremde und Unangepasste ausgrenzende Wertvorstellungen in Thüringen verbreitet sind, wesentlich durch das geistig-mentale Erbe nach 12 plus 4 plus 40 Jahren Diktatur verursacht. Autoritäts- und staats-gläubige und die persönliche Verantwortung leugnende Untertanen waren beiden Systemen die besten Diener. Da in der DDR der Nationalsozialismus nicht unter den Kriterien der Freiheits- und Grundrechte, der demokratische Mitwirkung und der Rechtssicherheit aufgearbeitet wurde, wurde der grundsätzliche Gegensatz zwischen Demokratie und Diktatur verwischt. Nur eine umfassende Diktatur-Aufarbeitung und vor allem ein gesellschaftlicher Konsens über die Bewertung des SED-Staates als Diktatur wird zu einer dauerhaften Änderung dieser Wertestruktur führen können.

Bemühungen um das Stasigefängnis Suhl

Die ehemalige Untersuchungshaftanstalt des in Suhl wird seit 1990 als Archiv genutzt. Nachdem zunächst die Stasi-Unterlagen aus dem Bezirk und Unterlagen des Hauptstaatsarchiv Meiningen dort zusammengeführt wurden, übernahm im Dezember 1992 das Hauptstaatsarchiv Meiningen das Haus als Depot. Im Lichthof des Zellenhauses wurde eine Hebelschubanlage errichtet, die inzwischen wieder beseitigt ist. Das Haus birgt derzeit über vier km Akten, der Bestand ist auf maximal fünf km erweiterbar. Bis zum Stopp des Archiv-Neubaus in Meiningen gab es am Gebäude in Suhl nur eine größere Baumaßnahme, es wurden die Sanitäranlagen und Aufenthaltsräume der Wachmannschaft heraus gerissen. Weitere Änderungen wurden nicht durchgeführt, da man von einem baldigen Auszug ausging. Seitdem wurde ein Umbau des Gefängnisses zu einem einigermaßen vorschriftsmäßigen Archivbau geplant, besonders ein Brandschutzkonzept sollte 2010 umgesetzt werden. Dabei ging weitere Originalsubstanz des verloren. Die Häftlings-Duschzelle wurde herausgerissen, glasstein- vermauerte Fenster entfernt und durch moderne Kunststofffenster ersetzt. Türen wurden verändert, verbreitert und durch Brandschutztüren ersetzt. Ein Teil der Umfassungsmauer ist schon vor Jahren nicht denkmalgerecht durch Beton ersetzt worden. Trotz aller Umbauten wird nach Aussage der Zuständigen daraus nie ein vernünftiges Archiv, es wird immer den Charakter einer Ersatzlösung behalten.

Auf der anderen Seite gibt es ein recht lebhaftes Interesse der Bevölkerung im Bereich des ehemaligen Bezirkes Suhl an diesem ehemaligen Unrechtsort. Immer wieder bitten ehemalige Häftlinge und Schulklassen um Besichtigung und Führungen. Hier wird oft auf den Tag des offenen Denkmals, oder den historischen Buchhof verwiesen. Auch wurde in vielen Fällen auf die noch fehlende Brandschutzordnung verwiesen. Zu dem alle zwei Jahre vom Staatsarchiv Meiningen veranstalteten historischen Buchhof, an dem die Behörde wie auch die des regelmäßig beteiligt sind, kommen viele Interessierte, um das Stasi-Gefängnis zu sehen. Eine Zelle und ein Verhörraum wurden zur Besichtigung im heutigen Zustand frei gegeben und mit Gegenständen die aber nicht historisch belegt sind eingerichtet waren. Aus Anlass der Stasibesetzung 1989 wurde im Dezember 2009 eine Veranstaltung in der U-Haft mit der Unterstützung des Staatsarchiv Meiningen mit großem Erfolg durchgeführt. Da der Lichthof zu dem Zeitpunkt wieder frei war, waren zu dieser Veranstaltung ca. 60 Personen anwesend. Es wurde auch vorgeschlagen von dem Nutzer und von den Veranstaltern doch noch mehr Veranstaltungen mit ca. 40 Personen durch zuführen, da der Ort mit den Zellen ringsherum über drei Etagen eine sehr dichte Atmosphäre erzeugt. Im Jahr 2010 kam Joachim Gauck zu einer Buchlesung nach Suhl. Er hatte den Wunsch, in dem ehemaligen Gefängnis mit zwei Schulklassen eine Lesung mit Gespräch durchzuführen. Seitens des Staatsarchivs wurden nach anfänglichem Interesse Hürden aufgebaut. Man könne Gauck durch das Gefängnis führen, die Schulklassen dürften aber nicht mit reinkommen. Gauck lehnte einen Besuch der U-Haft ohne Schüler ab. Erst nach der Ankündigung der Leiterin der Suhl Monika Aschenbach, diese Vorgehensweise an die örtliche Presse zu geben, wurde die Lesung mit Herrn Gauck und den Schülern genehmigt.

Anfängliche Zusagen des Staatsarchivs Meiningen, gelegentliche Veranstaltungen im Lichthof des Zellenbaus möglich zu machen, scheiterten bisher an immer wieder anderen Gründen: man brauche ein gesonderte brandschutzrechtliche Genehmigung dafür, es fehle an technischen Voraussetzungen, die Bauarbeiten seien nicht abgeschlossen oder keine Mitarbeiter für das abendliche Aufschließen zur Verfügung. Immer wieder wird als Begründung für die Ablehnung von Veranstaltungen die Brandschutzordnung aufgeführt, obwohl im Juli 2010 von Herrn Dr. Mötsch und seitens der Stadt Suhl die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung durch den örtlichen Brandschutz der Stadt Suhl eröffnet wurde. Diese wird ja auch für den Buchhof mit noch mehr Personen regelmäßig erteilt wird.

Als im letzten Jahr die Verluste an Originalsubstanz noch mehr sichtbar wurden, bat ich das Staatsarchiv um ein Gespräch und lud dazu das Amt für Denkmalpflege, die Denkmalschutzbehörden, die Eigentümer und die Nutzer sowie die Außenstelle des Bundesbeauftragten für die Stasiunterlagen und das Bürgerkomitee des Landes Thüringen e.V. (Sitz Zella-Mehlis) als am historischen Ort Interessierte und Vertreter der dort ehemals Inhaftierten ein. Bei dem Gespräch am 13.07.2010 am Ort stellte sich heraus, dass es für die denkmalgeschützte Liegenschaft keine denkmalpflegerische Zielstellung gibt. Die einzelnen Maßnahmen für den Brandschutz seien zwar bei Begehungen besprochen worden, sind aber nie schriftlich genehmigt worden. Trotz des Drängens seitens des Landesamtes für Denkmalpflege ist die Zielstellung bis heute nicht erarbeitet oder auch nur begonnen worden.

Als besonders gefährdet sind die letzten in Thüringen erhaltenen Freigang- Zellen zu betrachten. Die hölzernen Freigang-Zellentüren sind seit 20 Jahren ungeschützt dem Wetter ausgesetzt und auch das Mauerwerk und der Wachgang sind dringend sanierungsbedürftig. Alle Zusagen, die Türen auszuhängen und wenigstens den Winter über trocken zu lagern, wurden bis zum heutigen Tag nicht umgesetzt, sie waren einen weiteren Winter über der Witterung preisgegeben. Angebote, dies im

ehrenamtlichen Arbeitseinsatz zu erledigen wurden nicht angenommen. Doch wäre das auch mit den Mitteln des Hauptstaatsarchiv Meiningen machbar (Hausmeister/Haushandwerker) gewesen

Die Bemühungen, im TMBWK Interesse für das Problem zu wecken, blieben vergeblich. Auch die Expertenkommission unter Prof. Knigge, die die Zukunft der Erinnerung an die SED-Diktatur in Thüringen bedenken sollte, nahm das Thema nicht auf. Auch weitere Schreiben der Außenstelle des Bundesbeauftragten in Suhl haben bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Antwort erfahren.

Lediglich im 2. Diskussionsentwurf des Geschichtsverbundes für ein Landeskonzept zur Aufarbeitung der SED- Diktatur (Stand 1.September 2010, II.2 Institutionelle Bestandsaufnahme unter Ziffer 150- 154) erwähnt. Das ist einfach zu wenig für diese wichtige Stätte der SED- Diktatur im Grenzbezirk Suhl.

Hier. Im ehemaligen Bezirk Suhl, der das längste Stück innerdeutsche Grenze hatte, in dem eine Offiziershochschule mit all ihrem Personal arbeitete und eine Waffenfabrik ein besonderer Sicherheitsschwerpunkt der DDR-Organe war, gibt es sonst keinen Ort der Opfer des SED-Regimes. Dieser geht vor unseren Augen verloren, wenn nicht bald etwas geschieht.

Kinderheime in der DDR

Das Thema Kinderheime der DDR bewies im Jahr 2010 seine Wichtigkeit.

Schon bisher waren einzelne Personen an die Behörde heran getreten und hatten versucht, eine Strafrechtliche Rehabilitierung für die Einweisung in Kinderheime der ehemaligen DDR zu erhalten. Die Rehabilitierungssenate übten eine sehr uneinheitliche Spruchpraxis. Nur in wenigen Fällen gelang es den Antragstellern, die Einweisung als Akt politischer Verfolgung anerkannt zu bekommen. Da das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz von den die Einweisung begründenden Tatsachen her denkt, konnten zudem die häufig geschilderten Menschenrechtsverletzungen in den Heimen sowie die physischen, psychischen und sozialen Folgeschäden nicht für die Rehabilitierung berücksichtigt werden. Hier zeigten sich deutlich die Grenzen der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze bei der Behandlung dieses Gegenstandes.

Um die Sensibilität und das Fachwissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stärken, unternahm die Behörde am 11. Mai eine Bildungsreise zur Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau. Neben einer Führung durch die Ausstellung im ehemaligen Verwaltungs- und Direktorenhaus und die wenigen noch erhaltenen Dunkel-Arrest-Zellen im Keller des heute als Wohnanlage genutzten ehemaligen Zellen-Gebäudes, fand ein ausführliches Gespräch mit einem Zeitzeugen und mit den Trägern der Gedenkstätte statt.