Versicherungsrecht

März 2011 hat folgenden Wortlaut:

Das Bestattungswesen ist eine Materie, bei deren Behandlung und Ausgestaltung äußerstes Fingerspitzengefühl gefragt ist. Es gilt, die Würde des Verstorbenen auch über den Tod hinaus zu wahren. Hinzu tritt der Umstand, dass die Angehörigen in ihrer Trauer nicht noch zusätzlich mit übermäßigen Kosten und Aufwand konfrontiert werden sollen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Kosten im Sinne von § 7 Thüringer Bestattungsgesetz entstehen den zur Bestattung verpflichteten Personen für die Durchführung der Leichenschau und die Ausstellung des Totenscheins derzeit in Thüringen? Entstehen für die Ausstellung eines vorläufigen Totenscheins im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 5 zusätzliche Kosten für zur Bestattung verpflichtete Personen? Wenn ja, in welcher Höhe?

2. In welchen Fällen wird ein Interesse der Angehörigen für die Durchführung einer klinischen Sektion im Sinne von § 11 Satz 2 bejaht? Welchen Kriterienkatalog gibt es gegebenenfalls als Entscheidungshilfe? Wie viele solcher Sektionen wurden in den Jahren 2006 bis 2010 in Thüringen durchgeführt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Werden die Angehörigen auch zur Kostentragung herangezogen, wenn sie die klinische Sektion nicht veranlasst haben, sondern lediglich ein Interesse an dieser besteht bzw. fingiert wird?

3. In wie vielen Fällen wurde in Thüringen in den Jahren 2006 bis 2010 eine zweite Leichenschau durchgeführt? Welche Gründe sind dafür erkennbar und wer entscheidet über die Durchführung? Welche Kosten entstehen bei der Durchführung einer zweiten Leichenschau nach § 21 Abs. 1 Satz 1

Wer wird in welcher Höhe zur Tragung dieser Kosten derzeit herangezogen? Besteht aus Sicht der Landesregierung hier die Gefahr, dass Personen, die ihre verstorbenen Angehörigen einer Feuerbestattung zukommen lassen wollen, im Vergleich zu denen, die ihre verstorbenen Angehörigen in einer Erdbestattung beisetzen wollen, benachteiligt werden?

4. Wie viele Feuerbestattungsanlagen existieren derzeit in Thüringen (bitte getrennt nach dem Betrieb durch Gemeinden, Zweckverbände und private Träger aufschlüsseln)? Gibt es nach Auffassung der Landesregierung im Thüringer Bestattungsgesetz lückenhafte und unzureichende Regelungen durch die Gemeinden und Zweckverbände, die im Rahmen ihrer Rechtsetzungsbefugnis unmittelbar bzw. mittelbar private Träger beim Betrieb von Feuerbestattungsanlagen benachteiligen (können)?

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 11. Mai 2011 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Bundesrechtliche Grundlage für die Berechnung der Vergütung der ärztlichen Leichenschau einschließlich der Ausstellung des Totenscheins ist Nummer 100 der Anlage zur Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Februar 1996 - BGBl. I S. 210 - in der jeweils geltenden Fassung).

Nach Nummer 100 kann der Arzt für die Untersuchung eines Toten einschließlich der Feststellung des Todes und Ausstellung des Leichenschauscheins 14,57 Euro in Rechnung stellen. Gemäß § 5 GOÄ liegt es dabei im Ermessen des Arztes, unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwands für die Leistung sowie die Umstände bei der Ausführung zwischen dem 1,0-fachen und 3,5-fachen Faktor zu wählen.

Begibt sich der Arzt zur Erbringung seiner Leistung außerhalb seiner Arbeitsstätte oder seiner Wohnung, kann er für die zurückgelegte Wegstrecke zusätzlich noch Wegegeld nach § 8 GOÄ berechnen.

Ausgenommen von der Gebührenberechnung sind gemäß § 7 Sterbefälle in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen, zu deren Aufgaben auch die ärztliche Behandlung der aufgenommenen Personen gehört, für die eine besondere Vergütung nicht verlangt werden kann.

Der Landesregierung liegen keine Informationen darüber vor, ob in Thüringen für die Ausstellung eines vorläufigen Totenscheins tatsächlich Kosten erhoben werden.

Die Bundesärztekammer ist der Auffassung, dass die ärztlichen Leistungen im Zusammenhang mit einer im Rettungsdienst erfolgten Ausstellung eines vorläufigen Totenscheins gesondert berechnungsfähig seien (Nummer 7 GOÄ für die Untersuchung [9,33 Euro] plus Nummer 70 GOÄ analog für die Ausstellung eines vorläufigen Totenscheins [2,33 Euro]).

Zu 2.: Gemäß § 9 kann neben dem behandelnden Arzt oder dem die Leichenschau durchführenden Arzt auch jeder in § 18 Abs. 1 Satz 1 genannte Angehörige oder eine von diesem hierzu bevollmächtigte Person bei Vorliegen eines berechtigten Interesses unter schriftlicher Angabe des Grundes eine Einrichtung für Pathologie oder Rechtsmedizin mit der Durchführung einer klinischen Sektion beauftragen.

Die klinische Sektion dient dabei insbesondere auch

- der Überprüfung des ärztlichen Handelns im Hinblick auf Diagnose, Therapie und Todesursache sowie

- der Begutachtung, um rentenrechtliche oder versicherungsrechtliche Ansprüche geltend zu machen.

Einen zusätzlichen Kriterienkatalog gibt es dafür nicht.

Der Landesregierung liegen keine Zahlen zu den in Thüringen durchgeführten klinischen Sektionen vor. Erfahrungsgemäß liegt die Zahl der klinischen Sektionen aber sehr niedrig. Bundesweit sprechen Fachleute von nur rund sechs Prozent aller Todesfälle.

Die Kosten einer klinischen Sektion hat derjenige zu tragen, in dessen Auftrag sie durchgeführt wurde.

Zu 3.: Die Zahlen der gemäß § 21 Abs. 1 durchgeführten zweiten amtsärztlichen Leichenschau vor einer Feuerbestattung sind den Jahresberichten der Thüringer Gesundheitsämter entnommen. Siehe dazu die beigefügte Anlage.

Grundsätzlich ist vor jeder Feuerbestattung eine zweite Leichenschau durchzuführen. Das heißt, eine Feuerbestattung ist gemäß § 21 Abs. 1 nur zulässig, wenn durch eine zweite Leichenschau bestätigt worden ist, dass keine Anhaltspunkte für einen nicht natürlichen Tod bestehen oder die Staatsanwaltschaft in Kenntnis solcher Anhaltspunkte einer Feuerbestattung zugestimmt hat. Eine zweite Leichenschau ist nur dann nicht erforderlich, wenn bereits eine Leichenöffnung nach § 87 Abs. 2 Strafprozessordnung durchgeführt worden ist.

Gemäß § 21 Abs. 2 darf die zweite Leichenschau nur durch einen Arzt der unteren Gesundheitsbehörde oder durch einen von der unteren Gesundheitsbehörde hierfür ermächtigten Arzt durchgeführt werden. Einige Thüringer Gesundheitsämter haben von dieser Ermächtigungsmöglichkeit Gebrauch gemacht und diese Aufgabe entsprechend der gesetzlichen Vorgabe an Fachärzte für Pathologie oder Fachärzte für Rechtsmedizin übertragen.

Für die Durchführung der zweiten amtsärztlichen Leichenschau nach § 21 Abs. 1 einschließlich der Dokumentation nach § 21 Abs. 3 Satz 3 steht gemäß Punkt 6.2.5 der Thüringer Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit ein Gebührenrahmen von 30 bis 40 Euro zur Verfügung. Je nach Aufwand werden die Kosten in diesem Rahmen festgelegt.

Die Kosten werden den Angehörigen bzw. der Person, die die Bestattung in Auftrag gegeben hat, in Rechnung gestellt. der Landesregierung besteht nicht die Gefahr, dass Personen, die ihre einer Feuerbestattung zuführen, im Vergleich zu denen, die sich für eine Erdbestattung entschieden haben, benachteiligt werden, da eine Erdbestattung dennoch deutlich teurer ist als eine Feuerbestattung.

Zu 4.: In Thüringen werden 14 Feuerbestattungsanlagen betrieben. Davon stehen zwölf in Trägerschaft von Gemeinden. Zwei Anlagen werden von privaten Trägern betrieben.

Für die Genehmigung einer Feuerbestattungsanlage legen insbesondere § 22 sowie die Verordnung über Anlagen zur Feuerbestattung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (27. Voraussetzungen fest. Die Anforderungen an die Feuerbestattungsanlage gelten sowohl für öffentlich-rechtliche als auch private Träger. Sofern private Rechtsträger die Voraussetzungen für die Errichtung und den Betrieb einer Feuerbestattungsanlage erfüllen, haben diese einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung.

Das Thüringer Bestattungsgesetz enthält keine lückenhaften oder unzureichenden Regelungen, durch die Gemeinden und Zweckverbände im Rahmen ihrer Rechtssetzungsbefugnis unmittelbar oder mittelbar private Träger beim Betrieb von Feuerbestattungsanlagen benachteiligen (können).