Zunehmende Zahl von Raubüberfällen auf Poststellen

Am 7. Mai 2001 wurden in der Wiesbadener Klarenthaler Straße der Kiosk mit Poststelle überfallen und 20.000 DM erbeutet. Nach Einschätzung der Presse setzt sich damit der Trend fort, dass sich Räuber immer öfter auf die ebenso erfolgversprechenden wie unzureichend gesicherten Poststellen konzentrieren (Wiesbadener Kurier vom 8. Mai 2001).

Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Wie entwickelte sich seit der Postreform und der Einführung der so genannten Poststellen die Zahl der Raubüberfälle auf diese in Hessen?

Die Deutsche Post AG hat verschiedene Betriebsformen mit unterschiedlichen Sicherheitsanforderungen:

- Postbank, gleichzusetzen mit Geldinstituten. Die Unfallverhütungsvorschrift Kassen (UVV-Kassen) gelten uneingeschränkt.

- Filialen der Deutschen Post AG, in denen neben dem Bargeldverkehr weitere Verkaufsgeschäfte getätigt werden, z. B. Briefmarken, Einzelhandelsprodukte. Es gilt die Vereinbarung zwischen Verwaltungsberufsgenossenschaft, Bundesverband der Unfallkasse, Bundesministerium der Finanzen und Unfallkasse Post und Telekom vom 19. November 1999.

- Einzelhandelsgeschäfte mit Postbetrieb (Postagenturen). Hier gelten die Regeln der Einzelhandelsberufsgenossenschaft.

Im Kriminalpolizeilichen Meldedienst findet keine Unterscheidung zwischen den Betriebsformen der Deutschen Post AG statt. Alle Fälle werden unter Poststelle subsumiert.

Die Überfälle auf Poststellen sind im Jahr 2000 um 30 Fälle gegenüber 1999 gestiegen. Bei den Überfällen, die in atypischer Weise (außerhalb der Geschäftszeiten) begangen wurden, ist ein Anstieg von 8 Fällen im Jahr 1999 auf 34 Fälle im Jahr 2000 festzustellen (zur 5-Jahres-Übersicht Raubüberfälle auf Geldinstitute und Poststellen siehe Anlage).

Bei den Poststellen betrug im Jahr 1999 der Wertsummenverlust 787.949 DM (durchschnittlich 39.400 DM pro Überfall) und im Jahr 2000 2.511.489 DM (durchschnittlich 50.230 DM pro Überfall).

Der Tatortschwerpunkt liegt im Rhein-Main-Gebiet.

Nach Angaben der Deutschen Post AG Zentrale in Bonn wird seit Einrichtung dieser Postagenturen keine signifikante Erhöhung der Raubüberfälle auf diese Organisationseinheiten festgestellt.

Frage 2. Teilt die Landesregierung die Einschätzung der Presse, dass der wesentliche Grund für diese Überfälle die ungesicherten, aber häufig mit relativ viel Bargeld aus dem Post(bank)geschäft versehenen Annahmestellen sind?

Die mangelhafte Sicherung vieler Poststellen und das Vorhandensein von größeren Bargeldsummen sind wesentliche Faktoren, die nationale und internationale Einzeltäter/Tätergruppen veranlassen, verstärkt Raubüberfälle auf Poststellen zu begehen.

Bei den Geldinstituten führte eine Reihe von Maßnahmen zu einer Verringerung der Tatgelegenheiten und erhöhte das Entdeckungsrisiko für die Täter:

- Verringerung des Filialnetzes der Geldinstitute,

- Verbesserung der Sicherheitseinrichtungen bei Geldinstituten, insbesondere durch die Ausstattung vieler Filialen mit so genannten Automatischen-Kassen-Tresoren bzw. Banknoten-Bediensteten-Automaten,

- Einsatz von Bargeldsicherungssystemen durch Geldinstitute,

- in Sicherheitsfragen ausgebildetes Bankpersonal,

- Verringerung der Bargeldbestände - Outsourcing der Geldbearbeitung.

Die Poststellen hingegen haben:

- fehlende/mangelnde Sicherheitsstandards, wie sie für die Geldinstitute durch die Unfallverhütungsvorschrift Kassen vorgegeben sind,

- in Sicherheitsfragen schlecht ausgebildetes Personal,

- hohe Fluktuation des Personals und dadurch die Gefahr, dass Insiderwissen nach außen dringt,

- offene, zumeist unkontrollierte Zugänge, z. B. über die Postsortieranlage oder den Postzustellbereich.

Die Deutsche Post AG, Niederlassung Frankfurt am Main, zuständig für die Poststellen im Rhein-Main-Gebiet, wandte sich Anfang 2000 aufgrund des enormen Anstiegs von Raubüberfällen auf Poststellen an das Hessische Landeskriminalamt (HLKA). Durch baulich-technische Sicherheitseinrichtungen sollte ein verbesserter Sicherheitsstandard geschaffen werden. Dazu wurde der Deutschen Post AG vorgestellt, wie eine Poststelle unter Sicherheitsaspekten eingerichtet werden sollte. Ebenso hat das HLKA im Rahmen von Einzelberatungen die Betreiber von Poststellen im Einzelfall über geeignete Sicherheitsmaßnahmen informiert.

Weiterhin wurden bei über 40 Abendveranstaltungen mehrere Hundert Postbedienstete über das Verhalten bei Raubüberfällen geschult. Im Jahr 2000 gab es daraufhin bei den Raubüberfällen auf Poststellen - im Gegensatz zu den Jahren davor - keine körperlich schwer verletzten Opfer zu beklagen.

Trotz massiver Interventionen der Polizei bei der Einzelhandelsberufsgenossenschaft war ein höherer Sicherheitsstandard im Einzelhandel, respektive bei den Postagenturen, bisher nicht durchsetzbar.

Frage 3. Beabsichtigt die Deutsche Post AG, angesichts dieser Entwicklung eine Sicherung ihrer Poststellen vorzunehmen?

Falls ja, in welcher Weise?

Falls nein, weshalb nicht?

Die Deutsche Post AG hat in Absprache mit dem überwiegend zuständigen Unfallversicherer (Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel) die notwendige Sicherheitsausstattung vorgenommen.

Die Deutsche Post AG bittet jedoch darum, dass Details zur Sicherheitsausstattung der einzelnen Filialen mit Blick auf das Schutzbedürfnis der Betreiber und Mitarbeiter der Postagenturen nicht in der Öffentlichkeit kommuniziert werden sollen.

Frage 4. In welcher Weise beabsichtigt die Deutsche Post AG, ihrem Auftrag zur Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen gerecht zu werden, wenn eine Annahmestelle, wie am Beispiel Wiesbadens, aufgrund eines Überfalles vorübergehend geschlossen werden muss?

Auf Anfrage erklärte die Deutsche Post AG:

Sollte eine Filiale der Post durch die Folgen eines Überfalles zu einer vorübergehenden Schließung gezwungen sein, werden die Kunden mittels eines Aushangs auf die nächstliegende Filiale verwiesen. Darüber hinaus steht unseren Kunden ein umfangreiches Automatensortiment für den Bezug von Postwertzeichen und Bargeld zur Verfügung.

Frage 5. Trifft es zu, dass im Falle eines Raubüberfalles das Schadenersatzrisiko für posteigene Gelder bei der Betreiberin oder dem Betreiber der Annahmestelle verbleibt?

Auf Anfrage erklärte die Deutsche Post AG:

Die Bargelder, die sich in den Kassen der Postagenturen befinden, sind Eigentum der jeweiligen Betreiber. Diese in der Regel selbstständigen Kaufleute versichern sich in eigener Verantwortung gegen (Bargeld-)Schäden aus Raubüberfällen und Einbruchdiebstählen. Die Post bietet den Betreibern zur Unterstützung über einen Rahmenvertrag eine geeignete Versicherung an.

Für den Verlust von Postwertzeichen aus Raubüberfällen und Einbruchdiebstahl haftet der Betreiber nur dann, wenn er gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen hat.