Kalilagerstätten

Die Kalilagerstätten im hessisch-thüringischen Kalirevier beherbergen wertvolle Rohstoffvorkommen, die seit über hundert Jahren die Grundlage für die Düngemittelerzeugung bilden. Auch in der chemischen und pharmazeutischen Industrie oder Bauwirtschaft dienen die Kalirohsalze als wichtige Grundstoffe. Die Verfügbarkeit der Vorkommen wird aber bei Beibehaltung der gegenwärtigen Abbaumethoden durch das Unternehmen Kali + Salz Kassel (K + S) nur noch auf etwa 30 bis 40 Jahre geschätzt.

Beim Abbau und Abtrennen der Kalisalze entstehen Abfälle, die derzeit in weiten Teilen aufgehaldet, in den Untergrund verpresst oder in die Werra eingeleitet werden. Das Mengenverhältnis zwischen den verkaufsfähigen Produkten und den zu Abfällen deklarierten Stoffen liegt bei etwa 1:4.

Die Abfälle bestehen vor allem aus Steinsalz und Magnesiumchlorid. K + S hat selbst die hohe Bedeutung von Magnesiumprodukten, z. B. für die Pflanzenernährung, betont. Ihre Gesamtstrategie zur Verringerung der Umweltbelastungen sah ursprünglich am Standort Unterbreizbach eine Eindampfanlage für flüssige Abfallstoffe zur Herstellung verkaufsfähigen Magnesiumchlorids vor, auf die aber später verzichtet wurde.

Damit geht einerseits eine Möglichkeit verloren, etwa 126 Tausend Tonnen/Jahr wertvolles Magnesium zu gewinnen, aber auch, die anfallende Salzwassermenge um rund zwei Millionen Kubikmeter/Jahr zu reduzieren (vgl. Gesamtstrategie zur Verminderung von Umweltbelastungen der K + S vom 31. Oktober 2009 [überarbeitete Fassung]).

Ich frage die Landesregierung:

1. Gibt es rechtliche Grundlagen, die eine höchstmögliche Ausbeute von Rohstoffen aus der Kaliindustrie vorschreiben; wenn ja, welche?

2. Falls es einen Rechtsrahmen im Sinne der Frage 1 gibt, reicht dieser nach Auffassung der Landesregierung aus, um eine nachhaltige Kaliproduktion zu sichern? Wie wird die Antwort begründet?

3. Begründen aus Sicht der Landesregierung volkswirtschaftliche Erfordernisse die Notwendigkeit, dass ein Kaliunternehmen, wie z. B. K + S, Maßnahmen zu einer höchstmöglichen Rohstoffausnutzung ergreift? Wenn ja, um welche Erfordernisse handelt es sich?

4. Hat nach Kenntnis der Landesregierung das Unternehmen K + S spezifische Maßnahmen eingeleitet, die einer optimalen Rohstoffausbeute dienten? Wenn ja, welche? Wie wirkte die Landesregierung gegebenenfalls auf die Umsetzung dieser Maßnahmen hin?

5. Durch ungenutzte Stützpfeiler in den Kaligruben sowie eine noch relativ hohe Kaliumkonzentration in den Abfällen liegt die gegenwärtige prozentuale Ausnutzung der Kalilagerstätte weit unter dem maximal Möglichen. Welche Maßnahmen sind aus Sicht der Landesregierung erforderlich, um die Kalilagerstätten so zu bewirtschaften, dass diese ungenutzten Wertstoffe noch erschlossen werden können?

6. Unter welchen Umständen würde sich die Landesregierung gezwungen sehen, gegen Vergeudung von Rohstoffen vorzugehen und der Firma K + S Auflagen zur höchstmöglichen Ausnutzung zu erteilen?

7. Welche der im Kaliproduktionsprozess anfallenden Stoffe, die gegenwärtig als feste bzw. flüssige Reststoffe entsorgt werden, können nach Meinung der Landesregierung als Rohstoffe wirtschaftlich Verwendung finden? Welche davon benötigt die Wirtschaft in größeren Mengen?

8. Aus welchen Gründen werden die genannten Stoffe bisher nicht abgetrennt und genutzt?

9. Gibt es aus Sicht der Landesregierung volkswirtschaftliche bzw. ökologische Gründe, die eine wirtschaftliche Nutzung dieser Rohstoffe notwendig machen? Wenn ja, welche?

10.Bestehen für Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden rechtliche Möglichkeiten, der Kaliindustrie eine höchstmögliche Nutzung dieser Rohstoffe vorzuschreiben; wenn ja, welche? Unter welchen Prämissen würde die Landesregierung entsprechende Vorschriften erlassen bzw. anwenden?

11.lst nach Auffassung der Landesregierung die Nutzung der im Abfall und Abwasser enthaltenen Rohstoffe kostendeckend möglich; wenn ja, unter welchen Bedingungen?

12.Welche Bedeutung kommt den Faktoren Kostendeckungsmöglichkeit und wirtschaftliche Zumutbarkeit für die Zukunftsfähigkeit eines Kaliunternehmens zu? Wie wird die Antwort begründet?

13.Hält die Landesregierung staatliche Unterstützungsmaßnahmen für gerechtfertigt bzw. für geboten, wenn dadurch eine schnellere Marktfähigkeit von bisher ungenutzten Wertstoffen aus der Kaliproduktion erreicht werden kann? Welche Voraussetzungen müsste das entsprechende Unternehmen in diesem Fall erfüllen? Wie werden die Antworten begründet?

Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 15. Juni 2011 wie folgt beantwortet: Vorbemerkungen:

Die K+S KALI betreibt in Thüringen den Standort Unterbreizbach des Werkes Werra. Die dort bei der Kaliproduktion anfallenden festen salzhaltigen Rückstände werden als Versatz nach Untertage verbracht.

Die anfallenden flüssigen salzhaltigen Rückstände (Salzabwasser) werden entweder zur Versatzherstellung nach Untertage oder im Salzabwasserverbund zur weiteren Verwertung in die hessischen Standorte des Werkes Werra transportiert.

Mit der am Standort Unterbreizbach ursprünglich vorgesehenen Eindampfanlage sollten die etwa zwei Millionen Kubikmeter/Jahr anfallenden Salzabwässer auf etwa 1,3 Millionen Kubikmeter/Jahr reduziert werden. Davon sollten etwa 0,1 Millionen Kubikmeter/Jahr verkaufsfähige Magnesiumchloridlösung hergestellt und etwa 1,2 Millionen Kubikmeter/Jahr unter Tage für Versatzzwecke verwertet werden. Nach neuer Planung der K+S KALI werden am Standort Unterbreizbach aufgrund von erwarteten Veränderungen der Rohsalzzusammensetzung nur noch etwa 0,68 Millionen Kubikmeter/Jahr Salzabwässer anfallen. Eine Eindampfanlage ist nicht mehr erforderlich und soll durch einen angepassten Aufbereitungsprozess ersetzt werden. Die dabei in der genannten Größenordnung entstehenden Salzlösungen sollen zukünftig vollständig im Salzabwasserverbund verwertet bzw. verkauft werden. Nach § 55 Abs. 1 Bundesberggesetz hat beispielsweise die Gewinnung von Bodenschätzen so zu erfolgen, dass für den Schutz der Oberfläche im Interesses der persönlichen Sicherheit und des öffentlichen Verkehrs Sorge getragen ist und gemeinschädliche Einwirkungen nicht zu erwarten sind. In einem anderen Beispiel hat die politische Entscheidung, die Subventionierung des deutschen Steinkohlenbergbaus einzustellen, dazu geführt, dass eine höchstmögliche Ausnutzung der vorhandenen Steinkohlenvorräte nicht erreicht werden kann.

Innerhalb des politischen und rechtlichen Rahmens wird der Bergbauunternehmer stets um eine optimale Rohstoffausnutzung bemüht sein, um der notwendigen Effizienz seines unternehmerischen Handelns gerecht zu werden. Dabei erlangen sowohl der Fortbestand des Unternehmens, als auch die Sicherung von Arbeitsplätzen volkswirtschaftliche Bedeutung.

Zu 4.: Ja, K+S arbeitet seit Jahren bereits aus eigenem Interesse an der kontinuierlichen Verbesserung der Rohstoffausbeute. Thüringen betreffend sind vor allem folgende Maßnahmen zu nennen:

· Senkung der Abbauverluste durch Optimierung der Gewinnungsverfahren,

· Verwertung der bei der Rohsalzverarbeitung anfallenden Salzabwässer im Produktionsprozess.

Die zur Anwendung kommenden Gewinnungsverfahren unterliegen der regelmäßigen Prüfung durch das Thüringer Landesbergamt im Rahmen der Zulassungsverfahren. Die Landesregierung hat in den Gesprächen zur Frage der Salzabwasserentsorgung stets auf die Weiterentwicklung und Umsetzung der Maßnahmen gedrängt.

Zu 5.: Die in der Grube Unterbreizbach verbleibenden Stützpfeiler sind wesentlicher Bestandteil eines Abbaukonzeptes, welches die Gefahr von Gebirgsschlägen und vermeidbaren Oberflächenabsenkungen weitestgehend ausschließt. Die Pfeilerdimensionierung erfolgt nach den Grundsätzen einer optimalen Rohstoffausbeute. Eine über den bisherigen Umfang hinausgehende Reduzierung der Stützpfeiler hätte eine Verringerung der Standsicherheit zur Folge und würde damit zu einer Gefährdung der Bergbausicherheit sowie der öffentlichen Sicherheit führen. Durch die von K+S mit dem Integrierten Maßnahmekonzept (IMK) vorgesehenen Maßnahmen (siehe auch Antwort zu Frage 4) wird der Anteil der nutzbaren Bestandteile in den festen und flüssigen salzhaltigen Rückständen der Kaliproduktion am Standort Unterbreizbach minimiert.

Zu 6.: Derartige Umstände sind derzeit nicht erkennbar. Die Kaliproduktion am Standort Unterbreizbach steht im Einklang mit den Erfordernissen des Bundesberggesetzes.

Zu 7.: Wie in der Antwort zur Frage 4 dargelegt, ist K+S laut IMK bestrebt, die bei der Rohsalzverarbeitung am Standort Unterbreizbach anfallenden Salzabwässer (Magnesiumchloridlösung, Hartsalzlösung) künftig vollständig zu verwerten.

Die vornehmlich aus Natriumchlorid bestehenden festen Rückstände, welche am Standort Unterbreizbach vollständig als Versatz nach Untertage verbracht werden, sind aufgrund der natürlichen Zusammensetzung des anfallenden Stoffgemisches derzeit nicht wirtschaftlich nutzbar. Natriumchlorid stellt dabei einen Stoff dar, den zwar die Wirtschaft in größeren Mengen benötigt, der jedoch aus anderen Lagerstätten in unmittelbar nutzbarer Qualität in ausreichenden Mengen zur Verfügung steht.

Zu 8.: Siehe Antwort zu Frage 7.

Zu 9.: Nein, nicht über das in der Antwort zu Frage 7 genannte Maß hinaus.

Zu 10.: Nein, siehe auch Antwort zu Frage 1.

Zu 11.: Der Landesregierung liegen derzeit keine Erkenntnisse vor, nach denen die in den festen und flüssigen salzhaltigen Rückständen der Kaliproduktion am Standort Unterbreizbach enthaltenen Stoffe über die im IMK vorgesehenen Maßnahmen hinausgehend wirtschaftlich genutzt werden könnten.

Zu 12.: Sowohl die Kostendeckungsmöglichkeit als auch die wirtschaftliche Zumutbarkeit von behördlichen Auflagen sind für das Fortbestehen und die Zukunftsfähigkeit jedes Unternehmens zwingende Voraussetzung.

Eine nicht kostendeckende Produktion oder wirtschaftlich unzumutbare Auflagen führen zwangsläufig zu einer Gefährdung der Zukunftsfähigkeit von am Markt agierenden Wirtschaftsunternehmen.

Zu 13.: Derzeit ist für die Landesregierung keine Notwendigkeit erkennbar, durch staatliche Unterstützungsmaßnahmen die Herstellung von Produkten aus Rückständen der Kaliproduktion zu fördern, wenn diese Produkte bereits an anderen Standorten oder von anderen Unternehmen ohne staatliche Unterstützung kostengünstiger hergestellt werden.