Dokumentation und Erhalt der Thüringer Streuobstbestände

Die Kleine Anfrage 1536 vom 31. Mai 2011 hat folgenden Wortlaut: Erhebungen zu den Streuobstwiesen in Thüringen sind als Kartengrundlage vorhanden. Die flächendeckenden Kartierungen liegen aber schon mehrere Jahre zurück und stammen teilweise aus den neunziger Jahren. Eine aktuelle Darstellung des Entwicklungsstandes ist nur für KULAP geförderte Flächen möglich. Die Flächengröße beträgt hier nach Aussage der Halbzeitbewertung der Förderinitiative Ländliche Entwicklung in Thüringen 2007 bis 2013 (FILET) vom Dezember 2010 2 256 Hektar im Jahr 2009, umfasst aber nicht alle Flächen auf dem Gebiet des Freistaats. Ein quantitativer und qualitativer Vergleich der Thüringer Streuobstbestände von beispielsweise 1991 zu 2011 ist nicht möglich, was aber ein wichtiges Kriterium zur Bewertung der Erhaltungsmaßnahmen der Streuobstwiesen ist.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie wird die flächendeckende Erfassung der Thüringer Streuobstbestände und deren Zustand eingeschätzt?

2. In welchem Umfang werden Mittel für die Vervollständigung der flächendeckenden Kartierung und die entsprechende Ergebnisauswertung im Haushalt 2012 bereitgestellt?

3. Wie werden die gegenwärtig getätigten Förderungen des Landes im Rahmen des Vertragsnaturschutzes und Förderung der Landschaftspflege- und Naturschutzverbände quantitativ und qualitativ bewertet? Welche Einschätzungen leitet die Landesregierung daraus ab?

4. Welche Vorstellungen hat die Landesregierung die Pflege der Streuobstwiesen in der nächsten Förderperiode zu fördern, damit ambitioniertere Ziele der geplanten Thüringer Biodiversitätsstrategie erreicht werden?

Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 14. Juli 2011 wie folgt beantwortet: Zunächst gebe ich zu den Ausführungen im Vorsatz der Anfrage folgende Grundinformation zu den in der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (TLUG) vorhandenen Daten der Biotopkartierung:

Die Thüringer Biotopkartierung (1990 bis 1993) verzeichnet (gerundet) 8 350 Streuobstwiesen (flächige Obstgehölze) mit etwa 10 100 Hektar Fläche (Kartiererschätzungen).

Die laufende Offenland-Biotopkartierung Thüringen (1993 bis jetzt, durchgeführt durch die TLUG bzw. früher durch die Staatlichen Umweltämter) weist für Streuobst im weiteren Sinne (ohne Obstbaumreihen und Obstgehölze an Straßen und Wegen, ohne plantagenähnliche Bestände) derzeit zusammengefasst etwa 11 600 Hektar auf, die sich wie folgt aufgliedern (digitale Auswertung):

· Streuobst auf Grünland: 15 700 Flächen, 9 700 Hektar,

· Streuobst auf Acker oder Nutzgärten: 300 Flächen, 150 Hektar,

· Streuobst auf Kraut-/Staudenflur/Brache: 2 750 Flächen, 1 200 Hektar,

· Streuobst auf stark verbuschtem Unterwuchs: 1 200 Flächen, 550 Hektar.

Zu etwa 80 Prozent sind die oben genannten Zahlen durch die terrestrische Begehung (1995 bis 2009) bestimmt worden. Bei 20 Prozent stammt die Einstufung aus der Luftbildauswertung (Jahre 1994 und 1995, nur in den Bereichen, wo die Geländeerfassung noch aussteht, bzw. wo im besiedelten Bereich nicht kartiert wird).

Der Ende 2010 (terrestrisch) kartierte Anteil der Streuobstwiesen lag bei ca. 92 Prozent, der digital auswertbare bei ca. 80 Prozent aller der TLUG bekannten Streuobstwiesen im Umfang von rund 11 600 Hektar (siehe oben).

Zu 1.: Der Grad der Erfassung wird als gut eingeschätzt.

Wie schon in der Roten Liste der Biotope von 2001 werden die Streuobstwiesen landesweit auch in der Roten Liste 2011 (im Druck) als stark gefährdet, d. h. Gefährdungskategorie 2, eingestuft.

Zu 2.: Der Abschluss der Streuobstwiesenerfassung erfolgt im Rahmen der laufenden Offenland-Biotopkartierung Thüringens. Für den geschlossenen Werkvertrag, der die Erfassung einer Vielzahl weiterer Biotoptypen einschließt wurden im Jahr 2011 200 000 Euro bereitgestellt, für das Jahr 2012, in dem die Offenlandbiotopkartierung abgeschlossen werden soll, sind 60 000 Euro vorgesehen. Die Ergebnisauswertung soll durch die TLUG erfolgen.

Der Freistaat Thüringen bietet zur Pflege von Streuobstwiesen die KULAP-Maßnahme N4 (Zuwendungsempfänger: Landwirte) sowie das Landesprogramm NALAP (Zuwendungsempfänger: Verbände, Vereine, Kommunen und Privatpersonen) an. Im Jahr 2010 wurden für die Pflege von 2 584 Hektar Streuobstwiesen (davon 2 306 Hektar in KULAP) rund 990 000 Euro an Fördermitteln ausgereicht. Das in der Förderinitiative Ländliche Entwicklung in Thüringen 2007 bis 2013 (FILET) für die KULAP-Maßnahme N4 benannte Flächenziel von 2 800 Hektar wurde fast erreicht. Die Maßnahme wird daher als erfolgreich eingeschätzt.

Weiterhin werden insbesondere über das Programm Entwicklung von Natur und Landschaft (ENL) auch Projekte zur Erhaltung von Streuobstwiesen gefördert. Die hierfür in 2010 ausgezahlten Fördermittel betrugen über 100 000 Euro. Die Projekte haben meist zum Ziel, Vermarktungswege für Streuobst aufzubauen und so das Interesse an der Nutzung der Streuobstwiesen zu beleben. Sowohl die Flächen- als auch die Projektförderungen leisten qualitativ und quantitativ einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Streuobstwiesen als wichtige Bestandteile der traditionellen Thüringer Kulturlandschaft.

Zu 4.: Die aktuell bestehenden Fördermöglichkeiten zur Erhaltung der Streuobstwiesenbestände sollen auch nach 2013 fortgeführt werden. Dabei sollen neben der Flächenförderung über KULAP und NALAP auch weiterhin Projekte der Landschaftspflege- und Naturschutzverbände unterstützt werden.