Erweiterung des Windparks Wangenheim-Hochheim

Die Thüringer Allgemeine berichtete am 6. Juli 2011 auf der Lokalseite Bad Langensalza über die Kritik des NABU an der Erweiterung des Windparks Wangenheim-Hochheim. Der genehmigte Regionalplan ermögliche eine Erweiterung des Windparks und berücksichtige nicht, dass er in einer bedeutenden Vogelflugroute liege. Bei den Kontrollen des NABU seien getötete Fledermäuse und Vögel, in vier Fällen sogar Rotmilane, die zu den gefährdetsten Arten in Thüringen zählen, gefunden worden.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Informationen liegen der Landesregierung über die Anzahl und die Art der getöteten Tiere im bezeichneten Windpark vor?

2. Wie schätzt die Landesregierung die Erweiterung des Windparks unter dem Artenschutzaspekt ein?

3. Hatte die Landesregierung im Genehmigungsverfahren des Regionalplans Kenntnis davon, dass der Windpark in einer bedeutenden Vogelflugroute liegt?

4. Welche Argumente wurden im Rahmen des Abwägungsprozesses bei der Aufstellung und Genehmigung des Regionalplans im Hinblick auf den Artenschutz vorgebracht und wie wurden diese jeweils gewürdigt?

5. War die Vogelschutzwarte Seebach in die Entscheidungen einbezogen?

Das Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 17. August 2011 wie folgt beantwortet:

Vorbemerkung:

Hinsichtlich der Bezeichnung des Vorranggebietes ist klarzustellen, dass dieses mit dem ersten überarbeiteten Entwurf des Regionalplans Mittelthüringens 2008 in Wangenheim bis Ballstädt umbenannt wurde.

Diese Bezeichnung wird im Folgenden verwendet.

Zu 1.: Eine systematische Erfassung getöteter Tiere, insbesondere auch von gefährdeten und streng geschützten Arten, wird von Seiten der Landesregierung nicht durchgeführt. Die gemeldeten Totfunde sind Zufallsfunde, die in der Regel von ehrenamtlich im Naturschutz Tätigen gemeldet werden, oder das Ergebnis geziel ter Untersuchungen, die z. B. im Rahmen von Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen im Hinblick auf möglicherweise anzuordnende Abschaltzeiten als Monitoringauflage formuliert wurden.

Seit dem Übergang der Zuständigkeit der unteren Immissions- und Naturschutzbehörden auf die Landkreise und kreisfreien Städte erhält die Landesverwaltung die Ergebnisse von Monitoringauflagen aber nur, wenn die kommunalen Behörden diese, z. B. zur Verwendung im Fachinformationssystem Naturschutz (LINFOS), an die Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (TLUG) weitergeben.

Hinsichtlich von Fledermausfunden wurden in der landesweiten Datenbank der Koordinationsstelle für Fledermausschutz im Zeitraum von 2004 bis 2010 für den Bereich des Vorranggebiets Windenergie Wangenheim bis Ballstädt 29 Totfunde erfasst.

- Mäusebussard: zwei Totfunde im Jahr 2010;

- Wintergoldhähnchen: ein Totfund im Jahr 2010;

- Goldammer: ein Totfund im Jahr 2010.

Zu 2.: Generell werden artenschutzrechtliche Aspekte von den Regionalen Planungsgemeinschaften bereits bei der Planung von Vorranggebieten Windenergie berücksichtigt. Hinsichtlich des Vorranggebiets Windenergie Wangenheim bis Ballstädt lagen keine artenschutzrechtlichen Kenntnisse vor, die einen Verzicht auf die Erweiterung des Vorranggebietes erforderlich gemacht hätten.

Zu 3.: Die Landesregierung hatte Kenntnis davon, dass die Erweiterung des Vorranggebiets Windenergie Wangenheim bis Ballstädt nach Osten von einem Vogelzugkorridor überlagert wird.

Zu 4.: Im Rahmen des Abwägungsprozesses wurden folgende artenschutzrechtliche Bedenken hinsichtlich der Erweiterung des Vorranggebiets Windenergie Wangenheim bis Ballstädt vorgebracht:

- Das EU-Vogelschutzgebiet Nr. 16 Ackerhügelland westlich von Erfurt mit Fahnerscher Höhe werde durch die Erweiterung des Vorranggebiets Windenergie direkt beeinträchtigt.

- Die Erweiterung des Vorranggebiets nach Osten werde den dort befindlichen Vogelzugkorridor erheblich stören.

- Die negativen Folgen für die ansässigen Vogel- und Fledermausarten seien durch die geplante östliche Erweiterung des Vorranggebiets nicht mehr vertretbar.

Die eingereichten Bedenken zu den artenschutzrechtlichen Belangen wurden im Rahmen des Abwägungsprozesses durch die Regionale Planungsgemeinschaft Mittelthüringen intensiv geprüft. Die Planungsgemeinschaft begründete ihre Abwägungsentscheidung für die Erweiterung des Vorranggebiets Windenergie Wangenheim bis Ballstädt mit folgenden Überlegungen:

- Der Planungsgemeinschaft lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Konflikte mit dem südlich gelegenen EU-Vogelschutzgebiet Nr. 16 zu erwarten sind. Weder von der oberen noch von der unteren Naturschutzbehörde wurden entsprechende Hinweise gegeben.

- Der Planungsgemeinschaft lagen keine gesicherten Informationen darüber vor, dass die Erweiterungsfläche des Vorranggebiets als Vermehrungs-, Nahrungs- und Durchzugsraum von EU-weit gefährdeten Tierarten genutzt wird.

- Aktuelle Nachweise von Brutplätzen des Rotmilans und der Rohrweihe in der Umgebung des Vorranggebiets (1 000 Meter Umkreis) lagen der Planungsgemeinschaft nicht vor. Nach damaliger Erkenntnis befinden sich die nächstgelegenen Vogelschutz- und Wiesenbrütergebiete in einiger Entfernung. Es gab deshalb dafür, dass Konflikte mit diesen Gebieten zu erwarten sind.Als Datengrundlage für die Brutplätze der Vogelarten, die durch Windenergieanlagen besonders gestört oder durch sie besonders gefährdet werden, lag der Planungsgemeinschaft ein Auszug aus dem LINFOS vor.

- Der Belang Fledermausschutz wurde im Rahmen der Abwägung zu den Vorranggebieten Windenergie zurückgestellt, da Konflikte zwischen Fledermausschutz und Windenergieanlagen auf der nachfolgenden Planungs- und Genehmigungsebene zum Ausgleich gebracht werden können, beispielsweise durch Abschaltzeiten.

Zu 5.: Die Vogelschutzwarte Seebach war als Struktureinheit der Referates Zoologischer Artenschutz der TLUG am Verfahren zur Aufstellung des Regionalplanes Mittelthüringen beteiligt. Zudem greifen die obere bzw. untere Naturschutzbehörde auf die Daten und Erkenntnisse der Vogelschutzwarte zurück und bringen diese in Beteiligungsverfahren ein. Dasselbe gilt sinngemäß für die vom Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz finanzierte Koordinationsstelle für Fledermausschutz.

Darüber hinaus wurde den Regionalen Planungsgemeinschaften durch das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz eine von der Vogelschutzwarte Seebach in Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Ornithologen erarbeitete Vogelzugkarte mit der Bitte um besondere Berücksichtigung übersandt. Hierzu hatten die Regionalen Planungsgemeinschaften in den Jahren 2008/2009 die Vogelschutzwarte Seebach als Teil ihres eigenen Abwägungsprozesses gesondert beteiligt.