Insolvenz
Juli 2011 hat folgenden Wortlaut:
Das Land erhebt von den Aufgabenträgern der Abwasserentsorgung für die Einleitung von Schmutzwasser in die Umwelt in Anhängigkeit von der Stärke der Belastung die Abwasserabgabe. Die Aufgabenträger können die Höhe der Abwasserabgabe mit anfallenden Investitionen verrechnen, sofern dabei die Schmutzfracht verringert wird.
Der Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU) fordert die Abschaffung der Abwasserabgabe, weil durch die Abgabe einseitig die kommunale Abwasserwirtschaft belastet werde. Zudem sei die Abgabe wegen der bereits hohen Gewässerqualität nicht mehr erforderlich und die ursprünglich verfolgte umweltpolitische Lenkungswirkung werde nicht mehr erreicht. Vielmehr fordere der VKU eine Verschmutzungsabgabe, die nach dem Verursacherprinzip bemessen werde und direkt durch den Verursacher zu entrichten sei.
Die Abwasserabgabe beeinflusst die Gebührenkalkulationen der Aufgabenträger. Die Gebührenkalkulationen unterliegen der Rechtsaufsicht.
Zudem hat der Landesrechnungshof im Dezember 2009 begonnen, die Durchführung des Abwasserabgabengesetzes in Thüringen zu prüfen.
Ich frage die Landesregierung:
1. In welcher Höhe hat das Land seit 2004 die Abwasserabgabe festgesetzt (bitte Einzelaufstellung nach Jahren)?
2. In welcher Höhe haben die Aufgabenträger die festgesetzte Abwasserabgabe in den einzelnen Jahren seit 2004 tatsächlich entrichtet (bitte Einzelaufstellung nach Jahren)?
3. In welcher Höhe haben die Aufgabenträger die Abwasserabgabe mit anfallenden Investitionen verrechnet (bitte Einzelaufstellung nach Jahren)?
4. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung darüber vor, inwieweit sich die Abwasserabgabe auf das Niveau der Gebühren für die Abwasserentsorgung auswirkt? Inwieweit wirken sich dabei die Verrechnungen der festgesetzten Abwasserabgabe mit anfallenden Investitionskosten auf das Niveau der Gebühren aus? Welche Auswirkungen sind dabei feststellbar?
5. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zur Position des VKU, dass durch die Abwasserabgabe einseitig die kommunale Abwasserwirtschaft belastet werde? Wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?
6. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zur Position des VKU, dass die umweltpolitische Lenkungswirkung der Abwasserabgabe wegen der bereits erreichten Gewässerqualität nicht mehr erforderlich sei? Wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?
7. Unter welchen Voraussetzungen wäre es nach Auffassung der Landesregierung möglich, die bisherige Abwasserabgabe durch eine nutzerbezogene Abgabe zu ersetzen, die dem Verursacherprinzip stärker als bisher gerecht werden könnte? Wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?
8. Über welchen Zeitraum hat der Landesrechnungshof die Durchführung des Abwasserabgabengesetzes in Thüringen zu prüfen? Welche Prüfergebnisse wurden dabei durch den Landesrechnungshof festgestellt? Welche Stellungnahmen hat die Landesregierung zu den einzelnen Prüffeststellungen gegenüber dem Landesrechnungshof mitgeteilt und wie wurden diese Stellungnahmen durch die Landesregierung begründet?
Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 26. August 2011 wie folgt beantwortet:
Zu 1. bis 3.:
Die Angaben sind in der beigefügten tabellarischen Übersicht enthalten.
Zu 4.: Nach § 8 Thüringer Abwasserabgabengesetz wälzen die Aufgabenträger die Abwasserabgabe nach den Bestimmungen des Thüringer Kommunalabgabengesetzes auf die Abwassergebührenpflichtigen ab. Statistiken darüber, wie sich die Abwälzung der Abwasserabgabe oder deren Verrechnung auf die Höhe der Abwassergebühren der einzelnen Aufgabenträger der Abwasserentsorgung auswirken, werden von der Landesregierung nicht geführt.
Zu 5.: Auch Industrie- und Gewerbebetriebe müssen, wenn diese Abwasser direkt in ein Gewässer einleiten, eine Abwasserabgabe entsprechend der eingeleiteten Schadstofffracht entrichten. Zur Höhe der hierfür in Thüringen festgesetzten Abwasserabgabe wird auf die tabellarische Übersicht zu den Fragen 1 bis 3 verwiesen. Insofern ist die Position des Verbandes kommunaler Unternehmen e.V. (VKU), dass mit der Abwasserabgabe einseitig die kommunale Abwasserwirtschaft belastet werde, durch die Landesregierung nicht nachvollziehbar.
Zu 6.: Die umweltpolitische Lenkungswirkung ist in Thüringen bei von nur 71 Prozent der Einwohner an kommunale Kläranlagen, die dem Stand der Technik entsprechen, nach wie vor gegeben. Das Potenzial für lastsenkende Investitionen und damit zur Reduzierung der Abwasserabgabe ist somit noch erheblich.
Zu 7.: Das Abwasserabgabengesetz ist bereits in seiner jetzigen Form nutzerbezogen, da sich die festgesetzte Abwasserabgabe nach der eingeleiteten Schadstofffracht auf der Grundlage des die Abwassereinleitung zulassenden Bescheides bemisst. Eine Novellierung des Abwasserabgabengesetzes, die eine Festsetzung anhand tatsächlich gemessener Schadstofffrachten zum Inhalt hätte und damit dem Verursacherprinzip stärker als bisher gerecht werden könnte, ist Aufgabe des Bundesgesetzgebers.
Zu 8.: Im Zeitraum Dezember 2009 bis Dezember 2010 hat der Landesrechnungshof eine stichprobenweise Prüfung zur Festsetzung und Verrechnung der Abwasserabgabe durchgeführt. Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben, wann der Landesrechnungshof die Durchführung des Abwasserabgabengesetzes zu prüfen hat.
Bei der Prüfung hat der Landesrechnungshof folgende Prüfergebnisse festgestellt:
1. Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz (TMLFUN) wurde aufgefordert, seine Praxis zur Förderung von abwassertechnischen Maßnahmen zu ändern, weil Investiti
onen der Abwasserentsorger, die diese mit der Abwasserabgabe verrechnen, zusätzlich noch vom Ministerium gefördert würden.
2. Das zurzeit praktizierte Verfahren zur Verrechnung der Abwasserabgabe mit Aufwendungen für Investitionen sollte zur Verringerung des Verwaltungsaufwandes vereinfacht werden.
3. Durch das TLFUN ist zu prüfen, wie künftig Einnahmeausfälle bei der Erhebung der Abwasserabgabe durch Insolvenzen verhindert werden können.
4. Der Rechnungshof erwartet vom TMLFUN entsprechende Schritte, dass bei Förderung von Abwassermaßnahmen und Verrechnung der Abwasserabgabe die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Behörden, insbesondere der Datenaustausch, untereinander ausgebaut und intensiviert wird.
Das Prüfergebnis 1 wird vom TMLFUN nicht geteilt, weil eine unangemessene Begünstigung der Vorhabensträger nicht vorliegt, da die Verrechnung der Abwasserabgabe mit den Aufwendungen für die Errichtung und Erweiterung von Abwasseranlagen keineswegs eine staatliche Zuwendung darstellt, sondern nur zu einer Verminderung der zu entrichtenden Abwasserabgabe führt. Die Argumente des TMLFUN für die Beibehaltung der bisherigen Förderpraxis konnten den Landesrechnungshof bisher nicht überzeugen, so dass dieses Prüfergebnis Aufnahme in den Jahresbericht des Landesrechnungshofes 2011 gefunden hat.
Die abschließende Stellungnahme der Landesregierung zum Jahresbericht steht noch aus.
Zu den Prüfergebnissen 2 bis 4 hat das TMLFUN wie folgt Stellung genommen oder bereits das Nötige veranlasst, so dass diese Themen somit auch für den Landesrechnungshof abgeschlossen sind.
Zu Prüfergebnis 2:
Das TMLFUN arbeitet bereits an praktikablen Prüfschemata, die einerseits den rechtlichen Anforderungen genügen und andererseits den Verwaltungsaufwand sowohl bei der Behörde als auch dem Antragsteller minimieren.
Zu Prüfergebnis 3:
Wer Abwasser in ein Gewässer einleitet, muss die einzuhaltenden rechtlichen Vorschriften und die Konsequenzen bei deren Nichteinhaltung kennen. Das trifft für kommunale wie gleichermaßen zu. Es ist in Thüringen gängige Verwaltungspraxis, den Abwassereinleitern die Analysenergebnisse einer stattgefundenen behördlichen Überwachung zeitnah mitzuteilen. Insofern kann sich theoretisch jeder Abwassereinleiter auf die monetären Konsequenzen bei Überschreitungen von Überwachungswerten einstellen. Das TMLFUN sieht es somit nicht des Freistaats an, darüber hinaus die Unternehmen darauf hinzuweisen, die Rückstellungen für die Abwasserabgabe in ihren Wirtschaftsplänen zu korrigieren.
Zu Prüfergebnis 4:
Der Datenaustausch funktioniert bereits seit Jahren auf elektronischem Wege fehlerfrei. Der regelmäßige Datenaustausch zum bezüglich der geförderten Abwassermaßnahmen findet seit Juli 2011 statt.