Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst

Das Aufgabenspektrum von Ärztinnen und Ärzten im Öffentlichen Gesundheitsdienst ist vielfältig und anspruchsvoll. Es reicht über den Katastrophenschutz hinaus und beinhaltet Impfungen und Impfberatung, den schul-, jugend- und zahnärztlichen Dienst, Schwangeren- und Mütterberatung, Umwelt- und Seuchenhygiene, Überwachung von Hygienevorschriften in Arztpraxen und Krankenhäusern, Gutachten etc.

Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) beklagt seit einiger Zeit, dass es aufgrund der Gehaltsunterschiede immer schwerer werde, frei werdende Stellen im Öffentlichen Gesundheitsdienst mit Ärztinnen und Ärzten zu besetzen. Die 83. Gesundheitsministerkonferenz hat sich mit der Eingruppierung der tariflich beschäftigten Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst befasst und eine Empfehlung dahin gehend ausgesprochen, diese Beschäftigten in den Tarifvertrag TV-Ärzte einzubeziehen bzw. entsprechende Sonderregelungen auf Länderebene zuzulassen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Ärztinnen und wie viele Ärzte sind nach aktuellstem Stichtag im Öffentlichen Gesundheitsdienst in Thüringen beschäftigt?

2. Wie viele davon sind bei den Gesundheitsämtern beschäftigt?

3. Wie viele ärztliche Stellen im Öffentlichen Gesundheitsdienst (insbesondere bei den Gesundheitsämtern) sind derzeit nicht besetzt? Mit welchen Maßnahmen versucht die Landesregierung die offenen Stellen zeitnah zu besetzen?

4. Nach welchem Tarif werden die Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst bezahlt?

5. Wie hoch sind die Grundgehaltsdifferenzen zwischen angestellten Ärzten bei Tätigkeiten im Krankenhaus, im Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Thüringen bzw. im Öffentlichen Gesundheitsdienst? Wie bewertet die Landesregierung vorhandene Grundgehaltsdifferenzen in Hinblick auf die Fachkräftesicherung im Öffentlichen Gesundheitsdienst?

6. Welche bundesweiten Ergebnisse aus der Empfehlung der 83. Gesundheitsministerkonferenz sind der Landesregierung bekannt?

7. Welche Schlussfolgerungen für Thüringen hat die Landesregierung aus der Empfehlung der 83. Gesundheitsministerkonferenz für den Öffentlichen Gesundheitsdienst in Thüringen gezogen?

8. Welche Schritte hat die Landesregierung bisher unternommen, um den Öffentlichen Gesundheitsdienst in Thüringen zu stärken? Welche Schritte zur Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes plant die Landesregierung bis 2014?

Das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 6. September 2011 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) Thüringen sind derzeit 124 Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte tätig.

Zu 2.: Mit Stichtag 31. Dezember 2010 waren in den Thüringer Gesundheitsämtern 89 Ärzte und Ärztinnen sowie 25 Zahnärztinnen und Zahnärzte beschäftigt.

Zu 3.: Im Thüringer Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz ist derzeit eine Stelle unbesetzt und wird ausgeschrieben.

Entsprechend der Jahresberichterstattung der Thüringer Gesundheitsämter sind mit Stichtag 31. Dezember 2010 in den Gesundheitsämtern 56 Arztstellen nicht besetzt. Die angegebenen freien Stellen beziehen sich auf die Personalempfehlungen des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit im Schreiben vom 8. August 1994 an die Landräte der Landkreise bzw. die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte und nicht auf die tatsächlichen Stellenpläne der Kommunen, welche u.U. von den Fachempfehlungen abweichen könnten, da die Organisations- und Personalhoheit für die Stellenbesetzung bei den Kommunen liegt.

Zur kommunalen Stellenbesetzung liegen der Landesregierung keine Kenntnisse vor.

Zu 4.: Die Bezahlung der Ärztinnen und Ärzte richtet sich danach, ob diese im Angestellten- oder Beamtenstatus tätig sind.

Die Vergütung im Landesdienst erfolgt entsprechend Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TVL). Für verbeamtete Ärzte ist eine angemessene Alimentation vorgesehen.

Die Ärztinnen und Ärzte der kommunalen Gesundheitsämter werden, je nach Status, entweder bei Verbeamtung nach dem Thüringer Besoldungsgesetz oder im Angestelltenverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA) bezahlt. Darüber hinaus sind individuelle Regelungen im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung durch die Landräte bzw. die Oberbürgermeister möglich.

Zu 5.: Eine nicht der Einkommen ist für den Bereich der angestellten Fachärzte im ÖGD/ Land, ÖGD/Kommunen, Kliniken/Land und den Kliniken/Kommunen (die nicht außertariflich vergütet werden), der Fachärzte im Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Thüringen e.V. sowie aus ausgewählten Tarifverträgen von privaten Krankenhausträgern als Anlage angefügt.

Die Daten sind aus den allgemein zugänglichen aktuellen Tarifabschlüssen mit Stand 1. August 2011 ermittelt. Es handelt sich hierbei um die Bruttobeträge der jeweils maximal zu erreichenden Entwicklungsstufe.

Die Eingangsstufen sind als Vergleichsbasis ungeeignet, da die persönlichen Voraussetzungen der Bewerber bzw. Beschäftigten zu unterschiedlich sind, um eine Gegenüberstellung zu ermöglichen.

Eine Wertung der in der Anlage angeführten Entgelthöhen wird durch die Landesregierung nicht vorgenommen, weil frei verhandelbare Gehälter in der privaten Wirtschaft nicht mit den Tarifen des öffentlichen Dienstes vergleichbar sind. Außerdem sind die Tätigkeiten in den einzelnen medizinischen Bereichen nicht identisch. Auch wenn die ursprüngliche Ausbildung der Ärzte vergleichbar sein mag, so richtet sich die Vergütung letztlich nach der tatsächlichen Tätigkeit.

Zu 6.: Das Anliegen der 83. Gesundheitsministerkonferenz (GMK), welches die Einbeziehung der Beschäftigten im ÖGD in den Tarifvertrag TV-Ärzte bzw. die Zulassung von entsprechenden Sonderregelungen befürwortet, wurde -wie beabsichtigt- vom Vorsitzenden der Finanzministerkonferenz im März 2010 an die Tarifgemeinschaft deutscher Länder weitergeleitet. Des Weiteren hat das GMK-Vorsitzland Niedersachsen im April 2010 den GMK-Beschluss der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) mit der Bitte um Unterstützung zugeleitet. Die VKA teilte im Juli 2010 mit, dass im Zuge der Tarifeinigung mit dem Marburger Bund vereinbart wurde, Verhandlungen über die Arbeitsbedingungen der Ärztinnen/Ärzte im ÖGD aufzunehmen. Tarifverhandlungen sollen auch mit den übrigen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes aufgenommen werden. Abschließende Ergebnisse sind nach Auskunft des VKA bisher nicht erzielt worden.

Zu 7.: Die nach Thüringer Kommunalordnung gesicherte Personal- und Organisationshoheit der Kommunen sieht eine Eingriffsbefugnis durch den Freistaat Thüringen nicht vor.

Zu 8.: Die Gesundheitsämter sind auf der Grundlage der Verordnung über den öffentlichen Gesundheitsdienst und die Aufgaben der Gesundheitsämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten (VO-ÖGD) vom 8. August 1990 i.d.F.d.B. vom 2. Oktober 1998 sowie weiterer Spezialvorschriften tätig. Die Aufgaben nach VO-ÖGD werden im übertragenen Wirkungskreis erfüllt. Mit Kabinettbeschluss vom 23. November 1993 über die Aufgabenzuweisung und einheitliche Organisation der Landratsämter ist die Struktur der Gesundheitsämter vorgegeben, wobei die Sachgebiete Seuchenhygiene, Umwelthygiene, Aufsicht und Überwachung im Gesundheitswesen, Sozialhygienische Dienste, Sozialpsychiatrischer Dienst, Schulärztlicher/Schulzahnärztlicher Dienst und Amtsärztliches Gutachtenwesen zum Zweck der Erfüllung der hoheitlichen Aufgaben von den Gesundheitsämtern vorzuhalten sind. Die für die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben erforderliche personelle Ausstattung ist von den Landkreisen und kreisfreien Städten als kommunale Selbstverwaltungskörperschaft vorzuhalten.

Auf Veranlassung des Thüringer Innenministeriums wurden die Landkreise und kreisfreien Städte mit Schreiben des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 6. Mai 2010 dazu angehalten, zur Personalgewinnung in die Stellenausschreibungen einen Hinweis zur Verbeamtung von Amtsärzten und anderen in den Gesundheitsämtern tätigen Ärzten aufzunehmen. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass mit einer Ausnahmegenehmigung des Landespersonalausschusses auch eine Verbeamtung in einem höheren als dem Eingangsamt möglich sei.

Bei den angegebenen Einkommen handelt es sich um die tariflichen Bruttobeträge der jeweils maximal zu erreichenden Entwicklungsstufe der Fachärzte im Beschäftigtenverhältnis (Arbeitnehmer) ohne jegliche Zulagen, Abgeltungen von Zusatz-/Bereitschaftsdiensten oder ähnliches.

Bei Fachärzten des Landes und der Kommunen, die in einem Beamtenverhältnis stehen, ist eine angemessene Alimentation gesetzlich geregelt. Diese ist mit den v.g. Einkommen nicht zu vergleichen.