Welche Voraussetzungen müssen vorliegen wenn bei einem Grundstückeiner Immobilie der Status ungeklärtes Eigentum

Oktober 2011 hat folgenden Wortlaut:

In Thüringen gibt es auch gegenwärtig noch Fälle des ungeklärten Immobilieneigentums bzw. Grundstücke ohne Eigentümer. Die Grundbücher, in denen Immobilien- und Grundstückseigentum dokumentiert sind, werden durch die Grundbuchämter geführt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, wenn bei einem Grundstück/einer Immobilie der Status ungeklärtes Eigentum vorliegt?

2. Wer nimmt in den Fällen der Frage 1 die Rechte der Eigentümer wahr?

3. Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, wenn bei einem Grundstück/einer Immobilie der Status ohne Eigentümer vorliegt?

4. Wer nimmt in den Fällen der Frage 3 die Rechte der Eigentümer wahr?

5. Bei wie vielen Grundstücken/Immobilien lag zum 30. Juni 2011 der Status ungeklärtes Eigentum vor (bitte Einzelaufstellung nach zuständigen Grundbuchämtern)?

6. Bei wie vielen Grundstücken/Immobilien lag zum 30. Juni 2011 der Status ohne Eigentümer vor (bitte Einzelaufstellung nach zuständigen Grundbuchämtern)?

Das Thüringer Justizministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 21. November 2011 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Eine gesetzliche Definition des Begriffs ungeklärtes Eigentum existiert nicht. Dazu, dass das Eigentum an einem Grundstück unklar ist, kann es in einer Vielzahl von Fallkonstellationen kommen, die nicht abschließend aufgezählt werden können. Beispielsweise kann von ungeklärten Eigentumsverhältnissen an einem Grundstück gesprochen werden, wenn der im Grundbuch eingetragene Eigentümer eines Grundstücks verstirbt und es aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen Streit zwischen potentiellen Erben über die Rechtsnachfolge gibt. Auch sind die Eigentumsverhältnisse dann unklar, wenn der Grundbuchinhalt in Bezug auf die Eigentümerstellung aus anderen Gründen nicht mit der tatsächlichen Rechtslage übereinstimmt. In Fällen, in denen im Grundbuch oder Bestandsblatt noch Eigentum des Volkes eingetragen ist, kann solange von ungeklärten Eigentumsverhältnissen gesprochen werden, bis eine Zuordnung nach dem Gesetz über die Feststellung der Zuordnung von ehemals volkseigenem Vermögen (Vermögenszuordnungsgesetz, VZOG) erfolgt ist.

Zu 2.: Auch hier ist keine abschließende Aufzählung möglich. Sofern sich jemand für den Eigentümer eines Grundstücks hält, kann davon ausgegangen werden, dass er auch die sich aus dem Eigentum ergebenden Rechte wahrnimmt. In anderen Fällen können die Rechte der Eigentümer auch durch (zu bestellende) Pfleger oder Vertreter wahrgenommen werden. In Betracht kommen z. B.:

- Nachlasspflegerbestellungen nach § 1960 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

- Vertreterbestellungen nach Artikel 233 § 2 Abs. 3 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB),

- Pflegerbestellungen nach § 17 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 Sachenrechtsbereinigungsgesetz

- Vertreterbestellungen nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 und 5 Flurbereinigungsgesetz

- Vertreterbestellungen nach § 207 Nr. 1 und 4 Baugesetzbuch

- Vertreterbestellungen nach § 11b Abs. 1 Vermögensgesetz

Für Grundstücke, in denen im Grundbuch oder Bestandsblatt noch Eigentum des Volkes eingetragen ist, enthält § 8 VZOG eine Regelung der Verfügungsbefugnis.

Zu 3.: Ohne Eigentümer sind Grundstücke z. B. dann, wenn das Eigentum an ihnen nach § 928 Abs. 1 BGB durch eine Eigentumsverzichtserklärung des Eigentümers gegenüber dem Grundbuchamt aufgegeben worden ist und der Verzicht im Grundbuch eingetragen worden ist. Die Eigentumsaufgabe führt zu einem Aneignungsrecht des jeweiligen Landesfiskus nach § 928 Abs. 2 BGB. Weitere mögliche Eigentumsaufgaben werden in § 11 Abs. 1 sowie in Artikel 233 § 15 Abs. 2 EGBGB geregelt.

Zu 4.: Eigentumsrechte an einem herrenlosen Grundstück können durch einen Dritten wirksam wahrgenommen werden, wenn dieser zum Pfleger oder Vertreter bestellt worden ist, vgl. z. B. § 17 Abs. 1 Nr. 5 § 119 Abs. 1 Nr. 4 und § 207 Nr. 5 Für Grundstücke, in denen im Grundbuch oder Bestandsblatt noch Eigentum des Volkes eingetragen ist, enthält § 8 VZOG auch insoweit eine Regelung der Verfügungsbefugnis.

Zu 5.: Aufgrund der Vielzahl der denkbaren Fallkonstellationen (vgl. Antwort zu Frage 1), von denen zudem eine Vielzahl den Grundbuchämtern nicht oder erst im Streitfall bekannt wird, kann diese Frage nicht abschließend beantwortet werden.

Zu Teilaspekten dieser Frage wird auf die bisher von der Landesregierung beantworteten Anfragen hingewiesen. Insbesondere wird hinsichtlich des Bearbeitungsstandes von Anträgen nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen auf die Antwort zur Kleinen Anfrage 944 (Drucksache 5/1851) verwiesen.

Zu 6.: Da die Grundbuchämter die Anzahl der herrenlosen Grundstücke nicht erfassen, ist auch hier eine exakte Beantwortung nicht möglich.

Beim Landesbetrieb Thüringer Liegenschaftsmanagement, dem nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 seiner Betriebssatzung die Ausübung des Aneignungsrechts des Fiskus bei herrenlosen Grundstücken obliegt, waren zum Stichtag 30. Juni 2011 insgesamt 269 Vorgänge von herrenlosem Grundvermögen bekannt und erfasst. Insoweit wird hinsichtlich der Einzelheiten auf die als Anlage beigefügte Auflistung verwiesen, wobei darauf hingewiesen wird, dass ein Vorgang aus einem oder mehreren Flurstücken bestehen kann.

Es ist davon auszugehen, dass die tatsächliche Zahl der herrenlosen Grundstücke in Thüringen zum 30. Juni 2011 größer war als 269, da nicht in jedem Fall eine Unterrichtung des Aneignungsberechtigten erfolgt.