Presse

Begründung:

Zu § 1 (Freiheit der Presse):

Die Norm verweist auf Artikel 5 Abs. 1 und 2 GG. Sie wiederholt die dort festgeschriebene Rolle der Presse in der Demokratie. Die Gefahr einer Gleichschaltung der Presse vor dem Hintergrund der geschichtlichen Erfahrung der Reichskammergesetze war Grund für das Verbot von Berufsorganisationen der Presse mit Zwangsmitgliedschaft und einer mit hoheitlicher Gewalt ausgestatteten Standesgerichtsbarkeit.

Zu § 2 (Zulassungsfreiheit):

Der Stellung der freien Presse in der Gesellschaft und ihrer Staatsunabhängigkeit entspricht es, sie nicht einem Zulassungsverfahren zu unterwerfen. Hier unterscheidet sie sich vom Rundfunk, der insbesondere wegen seiner Sondersituation, nämlich der knappen Frequenzen, anders behandelt wird (grundliegend 12, 205 ff).

Zu § 3 (Öffentliche Aufgabe der Presse):

Die Presse erfüllt eine öffentliche Aufgabe in der Demokratie. Mit der Formulierung ist nicht ausgedrückt, dass es sich um eine öffentlich-rechtliche Aufgabe des Staates handelt. Vielmehr nimmt die Presse eine öffentlichkeitsbezogene Funktion wahr.

Damit korrespondiert eine besondere Sorgfaltspflicht der Presse (§ 6). Im Rahmen ihrer öffentlichen Aufgabe kann sich die Presse zum Beispiel bei Schadenersatzoder Unterlassungsansprüchen im Zivilrecht darauf berufen, dass es gerade ihre Aufgabe ist, Kritik zu üben und meinungsbildend zu wirken. Soweit die Grenze zur unzulässigen Schmähkritik nicht überschritten ist, kann die Presse beispielsweise zu Schadenersatzleistungen auch dann nicht herangezogen werden, wenn ihre Kritik zu negativen wirtschaftlichen Folgen bei einem Unternehmen führen sollte.

Zu § 4 (Informationsrecht der Presse):

Die öffentliche Funktion des § 4 beinhaltet auch, dass Vorgänge im Bereich des Staates für die Bürger nachvollziehbar gemacht werden. Ihrer öffentlichen Aufgabe könnte also die Presse dann nicht gerecht werden, wenn die Behörden ihr Auskünfte verweigern würden. Allgemeine Anordnungen, die einer Behörde Auskünfte an die Presse verbieten, sind demnach unzulässig.

Das Spannungsverhältnis zwischen den Verschwiegenheitsinteressen der Behörden und dem Auskunftsinteresse der Presse regelt § 5 Abs. 2. Danach können die Behörden im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens in schwebenden Strafverfahren oder ähnlichen Verfahrensarten Auskünfte verweigern, die das Ziel des Verfahrens - beispielsweise laufende polizeiliche Ermittlungen - beeinträchtigen.

Eine Ermessungsfrage ist es auch, Auskünfte über persönliche Angelegenheiten einzelner zu geben. Dieses Ermessen kann jedoch durch Vorschriften über die Geheimhaltung und den Datenschutz soweit reduziert sein, dass Auskünfte auf jeden Fall zu verweigern sind.

Zu § 5 (Sorgfaltspflicht der Presse):

Die Sorgfaltspflicht der Presse korrespondiert mit ihrer öffentlichen Funktion.

Es handelt sich dabei nicht um eine Wahrheitspflicht. Vielmehr ist der Presse aufgegeben, das zur Veröffentlichung anstehende auf seine Richtigkeit zu prüfen. Da es im redaktionellen Alltag nicht in jedem Fall möglich ist, eine Nachricht an Hand ihres Inhalts und ihrer Herkunft auf ihre objektive Richtigkeit zu prüfen, handelt es sich um leges imperfectae; Verstöße gegen die presserechtliche Sorgfaltspflicht werden in keinem Landespressegesetz der Bundesrepublik Deutschland - etwa durch Straf- oder Ordnungswidrigkeitsnormen - geahndet. Eine Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht der Presse kann sich jedoch beispielsweise bei der zivil- oder strafrechtlichen Prüfung der Fahrlässigkeit des Vorgehens eines Verlegers oder Redakteurs auswirken.

Zu § 6 (Begriffsbestimmungen):

Die Definition des zentralen Begriffes Druckwerk erfolgt so, dass dem Landespressegesetz neben Zeitungen, Zeitschriften, Büchern oder Flugblättern etc. auch Videocassetten oder Computerdisketten unterfallen, soweit sie massenhaft hergestellt und zur Verbreitung in der Öffentlichkeit bestimmt sind. Durch diese Definition unterliegt der körperliche Vertrieb von Informationen dem Landespressegesetz. Die weite Formulierung ist damit offen für zukünftige Entwicklungen auch im elektronischen Bereich. Die in Absatz 4 definierten periodischen Druckwerke sind an mehreren Stellen des Gesetzes strengeren Anforderungen unterworfen. Dies gilt etwa für Vorschriften des Impressums (§ 7 Abs. 2) oder die Kennzeichnung entgeltlicher Veröffentlichungen (§ 9). Das Recht der Gegendarstellung (§ 10) ist insgesamt nur auf solche periodischen Druckwerke anwendbar.

Zu § 7 (Impressum): Ziel der Regelungen des Impressums ist, dem Leser offenzulegen, wer das jeweilige Presseprodukt verantwortet. Auch der Adressat von Gegendarstellungs- oder sonstigen zivilrechtlichen Ansprüchen soll aus dem Impressum hervorgehen. Im Zusammenhang mit Unterlassungsansprüchen ist auch der Drucker zu nennen.

Zu § 8 (Persönliche Anforderungen an den verantwortlichen Redakteur): Aufgabe des verantwortlichen Redakteurs ist es, für das Presseprodukt oder den Teil, für den er verantwortlich ist, dafür zu sorgen, dass keine Straftatbestände verwirklicht werden. Hierzu muss der verantwortliche Redakteur die entsprechenden Voraussetzungen mitbringen, wie beispielsweise die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit.

Diese Voraussetzungen sind gesetzlich enumerativ aufgeführt. Für Jugendzeitschriften (Schülerpresse, Studentenpresse etc.) ist eine Ausnahme vorgesehen, wonach die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit für einen verantwortlichen Redakteur nicht gefordert ist. Ähnliche Beweggründe sind für Absatz 3 maßgeblich, wonach davon abgesehen werden kann, dass ein verantwortlicher Redakteur seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Grundgesetzes haben muß.

Die in Absatz 1 Ziff. 4 genannten Straftaten, die durch die Presse begangen werden können, sind im Strafgesetzbuch abschließend geregelt. Es handelt sich um solche Delikte, die unter Hinweis auf § 11 Abs. 3 durch das Verbreiten von Schriften begangen werden können, wie beispielsweise das Aufstacheln zum Rassenhaß nach § 131

Der Leser soll sofort erkennen, ob eine Veröffentlichung im Rahmen der öffentlichen Funktion der Presse unter Wahrung der presserechtlichen Sorgfaltspflicht geschieht, oder es sich um eine bezahlte und damit - zulässigerweise - einseitige Anpreisung von Waren, Dienstleistungen oder Ideen ist. Dies hat durch das Wort Anzeige zu geschehen, sofern nicht bereits aus der Gestaltung der Veröffentlichung eindeutig ersichtlich ist, dass es sich um eine entgeltliche Veröffentlichung handelt.

Zu § 10 (Gegendarstellungsanspruch):

Die Presse kann für die durch die Berichterstattung betroffene Person oder Stelle wichtige Folgen auslösen. Dies gilt sowohl im Hinblick auf geäußerte Meinungen als auch auf dargestellte Tatsachen. Soweit Meinungsäußerungen vorliegen, agiert die tätig zu sein. Gegendarstellungen gegen Meinungsäußerungen sind daher nicht vorgesehen. Lediglich in Presseberichten enthaltene Tatsachen sind gegen darstellungsfähig, wobei sich die Gegendarstellung selbst auf Tatsachen beschränken muß. Auch diese Gegendarstellung von Tatsachen ist dann ausgeschlossen, wenn wahrheitsgetreu über öffentliche Sitzungen von gesetzgebenden oder beschließenden Organen berichtet wird. Eine wahrheitsgetreue Berichterstattung über derartige Sitzungen, auch wenn dort Unwahrheitenvorgetragen wurden, kann auslösen.

Eine Gegendarstellung ist auch dann ausgeschlossen, wenn eine Behauptung in einer Anzeige enthalten ist, die ausschließlich dem geschäftlichen Verkehr dient, die also nicht beispielsweise für Weltanschauungen wirbt. Auch für eine ihrem Umfang nach nicht angemessene Gegendarstellung ist keine Pflicht zur Veröffentlichung vorgesehen; die Angemessenheit der Gegendarstellung ist im Hinblick auf denjenigen Teil des gesamten Textes zu bestimmen, in dem die angegriffene Tatsachenbehauptung enthalten ist. Wie bei jedem anderen zivilrechtlichen Anspruch endet auch das Recht der Gegendarstellung an der Grenze des Rechtsmißbrauchs, wenn der Betroffene kein berechtigtes Interesse daran hat. Dies ist besonders dann der Fall, wenn die Gegendarstellung widersinnig, in sich widersprüchlich, offensichtlich unwahr oder irreführend ist. Ein Interesse an einer Gegendarstellung liegt auch dann nicht vor, wenn das Medium selbst eine Richtigstellung einer falschen Tatsachenbehauptung vorgenommen hat. Auch eine Selbstdarstellung oder Reklame im Gewand einer Gegendarstellung ist unzulässig, da kein berechtigtes Interesse des Betroffenen vorliegt.

Die gerichtliche Durchsetzung des Gegendarstellungsanspruchs ist auf die entsprechende Anwendung der Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung beschränkt. Dies entspricht dem Zweck der Gegendarstellung auf sofortige Entgegnung der betroffenen Person oder Stelle auf eine Tatsachenbehauptung der Presse. Hier unterscheidet sich die Gegendarstellung vom Institut des Widerrufs, das neben ihr begehrt werden kann.

Zu § 11 (Ablieferungspflicht der Verleger und Drucker):

Die Pressetätigkeit berührt auch kulturelle Belange. Daher wird jedem Verleger auferlegt, ein Pflichtexemplar unentgeltlich an eine wissenschaftliche Bibliothek im Lande Thüringen abzugeben. Sofern die Ablieferung des Pflichtexemplars nur gegen Erstattung der Herstellungskosten zumutbar ist, beispielsweise bei wertvollen Kunstdrucken mit geringer Auflage, kann der Verleger Werterstattung verlangen.

Da entsprechende Regelungen über das Bibliothekswesen im Lande Thüringen noch nicht geschaffen sind, ist die Ablieferungspflicht im Pressegesetz als Verordnungsermächtigung an die Landesregierung vorgesehen, die Details nach der Regelung des Bibliothekswesens zu erlassen.

Zu § 12 (Ordnungswidrigkeiten):

Es wurde darauf verzichtet, in das Pressegesetz für das Land Thüringen Strafvorschriften aufzunehmen. Dies gilt auch für vorsätzliche Verletzungen der Presseordnung wie beispielsweise Zuwiderhandlungen gegen die Normen über die Bestellung verantwortlicher Redakteure oder das Impressum. Vorgesehen sind vielmehr Ordnungswidrigkeiten sowohl für vorsätzliche als auch fahrlässige Begehung. Da auch hier die Landesorganisation noch nicht ausgebildet ist, ist die Verwaltungsbehörde im Sinne des Gesetzes über die Ordnungswidrigkeiten im vorliegenden Entwurf nicht benannt.

Zu § 13 (Verjährung):

Die Ordnungswidrigkeiten im Bereich der Presse verjähren nach drei Monaten und damit erheblich früher als andere Ordnungswidrigkeitstatbestände nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten.