Unterbringung in einem Internat

Welche Entscheidung wird zum Fortbestand der Freien Schulgemeinde Wickersdorf getroffen?

2. Wie wird gesichert, dass der Lehrerrat, der Schülerrat und die Elternvertreter in die Entscheidungsfindung einbezogen werden?

Das Thüringer Kultusministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 10. April 1991 wie folgt beantwortet:

Die EOS Wickersdorf wird zum 01.09.1991 geschlossen.

Seit Mitte Januar dieses Jahres fanden zahlreiche Gespräche zwischen verschiedenen Vertretern des Kultusministeriums und Schulleitung, Lehrern, Schülern sowie Eltern statt. Dabei wurden die Hintergründe der Schließung eingehend erörtert. Die Schule Wickersdorf hatte als Spezialschule die Aufgabe, künftige Russischlehrer heranzubilden. Diese Aufgabe ist nicht mehr existent, da ein Bedarf an Russischlehrern kaum mehr vorhanden ist.

Die Schule liegt mitten im Wald und hat kein direktes Umland, aus dem sich Schüler für ein Gymnasium rekrutieren ließen. Die Schüler müssen damit aus einer weiteren Umgebung kommen, was die Unterbringung in einem Internat erforderlich macht.

Das Internat war Mitte Januar mit 147 Schülern belegt, nach Aussage der Schulleitung wären maximal 200 Inter1 natsplätze denkbar, wobei allerdings die Unterbringungsqualität schon stark eingeschränkt wäre. (Angeblich waren gegen Kriegsende auch bis zu 220 Internatsplätze verfügbar.) Die zur Verfügung stehenden Unterrichts- und Fachräume sind mit der derzeitgen Schülerzahl voll ausgelastet.

Ein Gymnasium ab Klasse 5 bis 12, das aus Gründen der Angebotsvielfalt mindestens zweizügig sein muß, umfaßt damit mindestens 16 Klassen, was mindestens 300/350 Schüler bedeutet. Die für diese Schulgröße notwendigen Unterrichtsräume und zusätzlichen Internatsplätze sind ohne aufwendige Neubauten zusätzlich zur dringend not-wendigen Sanierung nicht zu gewinnen. Für eine Sanierung der Schule wurde uns von privater Seite eine Kostenschätzung von acht Mio. DM innerhalb von etwa fünf Jahren genannt. Eine Konzentration der knappen finanziellen Mittel auf Wickersdorf zur Sicherung der Überlebensfähigkeit der Schule würde eine unangemessene Benachteiligung aller anderen Schüler Thüringens bedeuten zugunsten einiger weniger Schüler in Wickersdorf.

Auch die Konzepte, die uns bisher aus der Schule oder von anderer Seite vorgelegt worden sind, zielen auf eine Verbreiterung des schulischen Angebotes (sprachliche, integrative, ökologische Aspekte) und sind ohne Vergrößerung der Schülerzahl aus ökonomischen Gründen nicht vertretbar. Damit wären wieder umfangreiche Neubaumaßnahmen nötig.

Die von den Schülern immer wieder genannte Geborgenheit soll nicht verholen werden, jedoch ist sie mit einem immens hohen Aufwand für das Land verbunden, der angesichts der finanziellen Situation gegenüber den anderen Schülern Thüringens nicht mehr zu vertreten ist.

Die Schüler der jetzigen 12. Jahrgangsstufe werden im Sommer das Abitur in Wickersdorf ablegen. Den Schülern der jetzigen 11. Jahrgangsstufe wurde angeboten - sofern es bei zwei 11. Klassen bleibt - das Abitur ebenfalls in Wickersdorf ablegen zu können. Falls durch Abmeldungen nur noch eine 11. Klasse in Wickersdorf übrigbleiben sollte, wurde angeboten, eine Unterbringung dieser Klasse als geschlossene Gruppe in einem Internat in Saalfeld und die dortige Unterrichtung. Für die derzeitigen 9. und 10. Klassen wurde Hilfe für die Aufnahme an einer Schule in Saalfeld oder im Heimatort angeboten.