Beamte

April 1991 hat folgenden Wortlaut:

Ich frage die Landesregierung:

1. Trifft es zu, dass Bewerber und Bewerberinnen für die Übernahme in das Richteramt und die Tätigkeit als Staatsanwalt oder Staatsanwältin Personalbögen ausfüllen müssen, in denen nach der Personenkennziffer gefragt wird?

2. Wenn ja, hält die Landesregierung die Frage nach der Personenkennziffer für zulässig, obwohl das Merkmal Personenkennziffer in einem Personalbogen als verfassungswidrig angesehen werden muß?

3. Trifft es zu, dass in dem genannten Personalbogen Angaben zu Verlobten oder zu Personen, mit denen die antragstellenden Personen in eheähnlicher Gemeinschaft leben, gemacht werden müssen?

4. Wenn ja, hält die Landesregierung dies im Hinblick auf Artikel 2 des Grundgesetzes und die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes für zulässig?

5. Wie begründet die Landesregierung in diesem Zusammenhang eine Überprüfung der Ehegatten, oder anderer Personen, obwohl es um die vergangene Tätigkeit der einzustellenden Personen (Antragsteller oder Antrag- stellerin) geht?

6. Welchen Zweck verfolgt die Frage nach der Mitgliedschaft in einer als verfassungswidrig erklärten Partei oder Organisation?

7. Aus welchen Gründen wird folgende Frage gestellt: Hatten oder haben Sie oder die mit Ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebenden nahen Angehörigen sonstige Beziehungen (verwandtschaftliche, geschäftliche, gesell- schaftliche, kulturelle, sportliche, wissenschaftliche, technische usw.) zu einem der Länder mit besonderem Sicherheitsrisiko (Afghanistan, Albanien, Bulgarien, China, Jemen,

Kampuchea, Korea, Kuba, Laotische Demokra- tische Volksrepublik, Mongolei, Polen, Rumänien, CSFR, Ungarn, Vietnam)?

8. Ist es richtig, dass die zuletzt genannte Frage aus einem Fragebogen des Verfassungsschutzes stammt?

9. Wurden insgesamt bei dem Personalbogen Fragen verwandt, die zur Verleihung einer bestimmten Geheimhaltungsstufe in Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz entwickelt worden sind?

10. In welchen Einzelschritten soll die Überprüfung der Bewerberinnen und Bewerber ablaufen?

11. Handelt es sich bei dem Personalbogen um die übliche Überprüfung zur Feststellung der Eignung und fachlichen Leistung von Bewerbern und Bewerberinnen für eine bestimmte Stelle oder ist mit dem Personalbogen eine Sonderüberprüfung beabsichtigt?

12. Wird dieser Personalbogen in breitem Umfang bereits angewandt?

13. Hat die Landesregierung vor dem Einsatz dieses Personalbogens eine Stellungnahme des Bundesbeauftragten für den Datenschutz eingeholt, der nach dem Einigungsvertrag die zuständige Datenschutzinstanz für das Land Thüringen ist?

Das Thüringer Justizministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 21. Mai 1991 wie folgt beantwortet:

Vorbemerkung:

Wie bereits in der Antwort des Thüringer Justizministeriums auf die Kleine Anfrage (Nr. 15) des Abgeordneten Dr. Koch (LL-PDS) ausgeführt worden ist, ist die Leitlinie für die Tätigkeit der Richterwahlausschüsse und der Staatsanwaltsberufungsausschüsse in jedem Falle die grundlegende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975

(- 2 13/73 -). In diesem Beschluß ist u. a. folgendes aufgeführt: Es ist eine von der Verfassung (Artikel 33 Abs. 5 GG) geforderte und durch das einfache Gesetz konkretisierte rechtliche Voraussetzung für den Eintritt in das Beamtenverhältnis, dass der Bewerber die Gewähr bietet, jederzeit für die frei-heitliche demokratische Grundordnung einzutreten. Der Überzeugung, dass der Bewerber die geforderte Gewähr nicht bietet, liegt ein Urteil über die Persönlichkeit des Bewerbers zugrunde, das zugleich eine Prognose enthält und sich jeweils auf eine von Fall zu Fall wechselnde Vielzahl von Elementen und deren Bewertung gründet.

Die vorzunehmende Einzelfallprüfung wird dadurch erschwert, dass durch die Verordnung zur Arbeit mit Personalunterlagen des Ministerrates der DDR vom 22. Februar 1990 in Verbindung mit den dazu durch die Personalabteilung beim Ministerrat ergangenen Hinweisen zum Umgang mit Personalunterlagen und Personalprojekten in staatlichen Organen, Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen die Organe und Betriebe ermächtigt worden sind, ... nicht mehr aktuelle Dokumente und Unterlagen aus den Personalunterlagen zu entfernen und den Werktätigen zurückzugeben.... In nahezu allen Überprüfungsfällen muss festgestellt werden, daß gemeinsam mit den Werktätigen die vorhandenen Personalakten aufgelöst und alle nicht mehr benötigten Schriftstücke dem Werktätigen zur persönlichen Verfügung ausgehändigt... worden sind (§ 4 Abs. 1 der Verordnung zur Arbeit mit Personalunterlagen). Gerade wegen der vielfach festgestellten Unvollständigkeit bei den vorhandenen Personalakten waren die Ausschüsse zur Erfüllung der ihnen nach dem Einigungsvertrag zugewiesenen Aufgaben zunächst darauf angewiesen, im Wege einer umfassenden Selbstauskunft von allen amtierenden Bewerberinnen und Bewerbern alle tatsächlichen Angaben zu erhalten, die für die vorzunehmende Überprüfung möglicherweise von Bedeutung sein könnten. Da über den Fortbestand der Dienstverhältnisse der Richter und Staatsanwälte schon deshalb unverzüglich zu entscheiden war (der Einigungsvertrag sah im übrigen eine Entscheidung spätestens bis zum 15. April 1991 vor), um das Vertrauen der Bevölkerung in die Rechtsprechung herzustellen, wurde es zum Zeitpunkt der Erstellung und Versendung der Fragebögen für zweckmäßig erachtet, den Fragenkatalog so umfänglich auszugestalten, dass die Ausschüsse schnell in die Lage versetzt würden, mit ihrer Ermittlungstätigkeit zu beginnen. Der Umfang des Fragenkatalogs einschließlich der Anlagen, war in der besonderen Situation, in der sich angesichts der vielfach bereinigten Personalunterlagen die

Ausschüsse befanden und noch befinden, auch notwendig. zu den Fragen 1. und 2.:

Die Verwendung eines Personenkennzeichens wurde im Jahre 1977 vom Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages wegen des damit verbundenen Eingriffs in Persönlichkeitsrechte als verfassungsrechtlich bedenklich eingestuft. Auf die Einführung eines Personenkennzeichens im damaligen Gebiet der Bundesrepublik wurde daraufhin verzichtet.

Im Einigungsvertrag wurde die genannte Rechtsauffassung berücksichtigt. In einer Fußnote zur Anlage I Kapitel II Sachgebiet C Abschnitt III Nr. 3 (BGBl. II 1990 S. 917) wurde bestimmt, dass sämtliche Dateien im Beitrittsgebiet, die nach Personenkennzeichen geordnet sind, unverzüglich nach anderen Merkmalen umzuordnen sind.

Personenkennzeichen sind in allen Dateien zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu löschen. Nach dieser Formulierung gingen die Vertragsparteien davon aus, dass für eine Übergangszeit das Personenkennzeichen als unverzichtbar für die eindeutige Identifizierung einer Person in verschiedenen Dateien angesehen werden muß. Die Landesregierung unterstützt alle Bemühungen, die darauf abzielen, das Personenkennzeichen abzuschaffen. Solange aber eine Verwechslungsgefahr für Personen zu deren möglichen Nachteil nicht ausgeschlossen werden kann, hält die Landesregierung die Frage nach der Personenkennziffer in Personalbögen für zulässig. Der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für die personenbezogenen Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes hat im übrigen darauf hingewiesen, dass er - nicht zuletzt aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes, z. B. bei Namensgleichheit Anfragen nur beantworten kann, wenn ihm die vollständige Personenkennziffer der Bewerber übermittelt worden ist. zu 3. und 4.:

Nach § 13 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes vom 20. Dezember 1990 ist das Erheben personenbezogener Daten zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben der erhebenden Stelle erforderlich ist. Aufgabe der Personalstellen des öffentlichen Dienstes ist es, nur solche Personen im öffentlichen Dienst zu beschäftigen, die die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintreten (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Beamtenrechtsrahmengesetz). Das Verhalten der im öffentlichen Dienst Beschäftigten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss außerdem der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die dieser Beruf erfordert (vgl. § 36 Beamtenrechtsrahmengesetz). In diesem Zusammenhang kann auch die Frage von Bedeutung sein, mit welcher Person der Antragsteller verlobt ist oder in eheähnlicher Gemeinschaft lebt. Die Landesregierung hält eine entsprechende Fragestellung daher für zulässig. Zu dieser Frage ist im übrigen bereits auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Koch (LL-PDS) vom 11. März 1991 durch das Thüringer Justizministerium Stellung genommen worden. Auf den Inhalt der seinerzeit erteilten Antwort wird Bezug genommen. zu 5.:

Auch insoweit ist bereits in der Antwort auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Koch vom 11. März 1991 ausgeführt worden, dass der Zweck der Erhebung der Daten des Ehepartners und der dort genannten Personen insbesondere die Feststellung ist, ob diese mit dem Ministerium für Staatssicherheit oder dem Amt für Nationale Sicherheit zusammengearbeitet haben. Hierauf bezieht sich auch die unter 5a der Anlage I zum Personalbogen gestellte Frage. Derartige Feststellungen können bei der Überprüfung des Bewerbers in Einzelfällen durchaus von Bedeutung sein. zu 6.:

Die Antwort zu dieser Frage ergibt sich aus der Vorbemerkung. zu 7.: Bezüglich der Antwort auf diese Frage wird auf die Antwort auf die Kleine Anfrage Nr. 26 des Abgeordneten Dr. Koch (II) Bezug genommen. zu 8.:

Es ist richtig, dass die vorgenannte Frage in dieser oder ähnlicher Form von den für den Geheimschutz zuständigen Behörden auf der Grundlage des geltenden Rechts verwendet worden ist oder verwendet wird.