Militärflugplatz Nobitz

Seit Jahrzehnten leidet die Bevölkerung Altenburgs und Umgebung unter dem Militärflugplatz Nobitz der sowjetischen Armee.

In der Vergangenheit gab es massive Flugbewegungen, vor allem im Tiefflug, über der Stadt Altenburg und Umgebung. In letzter Zeit ist wieder eine erheblich verstärkte Flugbewegung der sowjetischen Luftstreitkräfte, ausgehend von diesem Flugplatz, festzustellen.

Die Bevölkerung hat erheblich unter den extremen Fluglärmbelästigungen und der zusätzlichen Umweltverschmutzung durch die tieffliegenden Jagdflugzeuge in der an sich schon stärksten umweltbelasteten Region gelitten.

Sowohl der Landrat des Kreises Altenburg als auch Presseorgane haben in letzter Zeit darüber berichtet, dass eine zivile Nachnutzung des Militärflugplatzes Nobitz nach Abzug der sowjetischen Truppen erfolgen wird. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist durch Verhandlungen praktisch als Vorstufe dieser zivilen Nutzung eine Landeerlaubnis für Geschäftsflugzeuge des Volkswagenkonzerns seitens der zuständigen sowjetischen Militärbehörden gestattet worden.

Die bekannte Spiegelmeldung über die mögliche Verlegung von Jagdfliegergeschwadern der ehemaligen NVA mit Flugzeugen vom Typ 29 auf dem obengenannten Flugplatz hat zu erheblichen Diskussionen und Verunsicherungen in der Bevölkerung geführt. Eine militärische Nachnutzung wird fast einhellig von der Bevölkerung Altenburgs und Umgebung abgelehnt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist der Landesregierung bekannt, ob und wenn ja, in welchem geplanten Umfang das Verteidigungsministerium eine militärische Nachnutzung des Militärflugplatzes Nobitz plant bzw. vorgesehen hat?

2. Welche Flugzeiten, Flughöhen und Flugkorridore stehen den sowjetischen Luftstreitkräften, die auf dem Flugplatz Nobitz stationiert sind, lt. Stationierungsabkommen zur Verfügung?

3. Ist der Landesregierung bekannt, dass Überflüge über Altenburger Territorium im Tiefflug bereits durch das im Spiegel, Ausgabe Nr. 25, genannte Geschwader, welches evtl. nach Nobitz verlegt werden soll, stattfinden und wenn ja, welchen Umfang hat dieses Geschwader? Gibt es die Genehmigung, über dem Stadt- und Kreisgebiet Altenburg Tiefflüge vorzunehmen?

4. Favorisiert die Landesregierung eine militärische oder eine zivile Nutzung des Flugplatzes Nobitz nach Abzug der sowjetischen Luftstreitkräfte?

Das hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 1. August 1991 wie folgt beantwortet:

Der Bundesminister der Verteidigung hat auf Anfrage mitgeteilt, es sei seine feste politische Absicht, in den neuen Bundesländern eine angemessene Präsenz von Luftwaffenverbänden sicherzustellen. Bei der Stationierungsplanung seien hierfür primär die militärischen Anlagen der ehemaligen Nationalen vorgesehen. Dem strukturbedingt geringen Bedarf der Luftwaffe stehe ein vergleichsweise großes, wenngleich qualitativ recht unterschiedliches Angebot an militärischen Objekten gegenüber. Er habe daher auch die Detailuntersuchung von insgesamt sechs Flugplätzen der sowjetischen Luftwaffe gebilligt. Dazu gehöre auch der Flugplatz Nobitz.

Konkrete Stationierungsplanungen für die einzelnen Objekte, also auch für Nobitz, gebe es derzeit nicht. Sofern bei der Begutachtung die Eignung eines Flugplatzes für Zwecke der Luftwaffe festgestellt werde, könne dies möglicherweise die Stationierung eines fliegenden Verbandes zur Folge haben. Bei den Überlegungen über die Objektauswahl würden neben den militärischen Belangen selbstverständlich auch die zivilen regionalen Interessen berücksichtigt werden. Dies gelte ohne Frage auch für den voraussichtlich Ende 1992 freiwerdenden Flugplatz Nobitz. Nach Bekanntgabe dieser Überlegungen des Bundesministers der Verteidigung hat sich der Innenminister unverzüglich und in Absprache mit dem Landrat des Landkreises Altenburg an Bundesminister Dr. Stoltenberg gewandt und ihn gebeten, mit Rücksicht auf die militärischen Belastungen des Landkreises in der Vergangenheit und die andauernden strukturpolitischen Schwächen, auf eine militärische Nutzung des Flugplatzes Nobitz durch die Bundeswehr zu verzichten und ihn für eine zivile Nutzung freizugeben. Eine Antwort steht bisher noch aus.

Auf Anfrage gab der Bundesminister der Verteidigung bekannt, im Bereich Altenburg würden von keinem Geschwader - auch nicht vom Erprobungsgeschwader 29 in Preschen - Tiefflüge durchgeführt. Der Flugplatz Nobitz werde derzeit vom o. g. Erprobungsgeschwader 29 als Ausweichflugplatz gelegentlich angeflogen.

Entsprechend dem Ressortabkommen Bundesministerium für Verkehr/ Bundesministerium der Verteidigung mit dem sowjetischen Verteidigungsministerium darf die sowjetische Luftwaffe den Luftraum nur ab 600 m/2.000 Fuß Höhe nutzen.

Die Thüringer Landesregierung bemüht sich gegenwärtig um eine zivile Nutzung des Flugplatzes Nobitz. Diese zivile Nutzung hat für eine wirtschaftliche Entwicklung der Region Altenburg eine vorrangige Bedeutung. Die Hauptarbeitgeber - insbesondere die Wismut AG und der Braunkohlentagebau - setzen derzeit und auch mittelfristig eine hohe Zahl von Beschäftigten frei. Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen nach 1994 soll der Flugplatz zu einem Regionalflugplatz entwickelt werden, um den Kapazitätsengpaß des Flughafens abzufangen und die dringend erforderlichen Arbeitsplätze in dieser Region zu initiieren. Ziel ist es, durch eine zivile Nutzung des Flugplatzes Nobitz mit dem geplanten Gewerbegebiet eine große Anzahl von Arbeitsplätzen zu schaffen bzw. bestehende zu sichern. Hierzu soll auch eine Verbesserung der Infrastruktur in dieser Region - durch Straßenbau - beitragen.

Eine zivile Mitbenutzung des noch von den sowjetischen Luftstreitkräften genutzten Flugplatzes durch die Volkswagen AG ist nur ein erster Schritt zu der künftigen Nutzung. Die Landesregierung geht davon aus, daß diesem Schritt noch weitere folgen werden. Sie betrachtet es als ihren Erfolg, diese zivile Mitbenutzung von den sowjetischen Luftstreitkräften erreicht zu haben.