Archivwürdige Unterlagen und dokumentarische Sammlungen die nach § 2 Abs

Es wird verdeutlicht, dass das öffentliche Archivgut nicht nur herkömmlich geschriebene Dokumente, sondern jedes wie auch immer geartete dokumentarische Zeugnis umfaßt, sofern es wegen seines Beweis- oder Informationswertes für Rechts-, Verwaltungs- und Forschungszwecke eine dauernde archivische Verwahrung rechtfertigt.

Zu § 2 Abs. 4: Archivwürdige Unterlagen und dokumentarische Sammlungen, die nach § 2 Abs. 4 archiviert werden, gelten ebenfalls als öffentliches Archivgut, sofern sie sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden. Mit der Übernahme archivwürdiger Unterlagen, zum Beispiel Nachlässen von Persönlichkeiten der Zeitgeschichte, sind oft dokumentarische Sammlungen (Bildersammlungen, Zeitungsausschnittsammlungen und ähnliches) verbunden. Dieses Material fällt in der Regel von seinem Umfang her nicht ins Gewicht, ist aber als ergänzendes historisches Quellenmaterial wertvoll.

Zu § 2 Abs. 5:

Die festgelegte Unveräußerlichkeit öffentlichen Archivguts soll den angestrebten Schutz des im Eigentum der öffentlichen Hand stehenden Archivguts vor Zersplitterung und Veruntreuung sichern, so dass vorsätzlich oder fahrlässig entfremdetes Archivgut nicht in gutem Glauben erworben und durch Übergang in privaten Besitz der allgemeinen Nutzung entzogen werden kann. Die Übertragung an ein anderes öffentliches Archiv, die im Interesse besserer Erschließung oder Nutzung zweckmäßig sein kann, widerspricht dem nicht, sofern die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen gewährleistet bleibt.

Zu § 3 Abs. 1:

Die zentrale Verwaltung des Archivgutes des Landes durch die thüringischen Staatsarchive dient nicht nur der rationellen Verwaltung des Archivguts, sondern ermöglicht auch der Forschung einen überschaubaren und geregelten Zugang zu den Quellen zur Geschichte des Landes.

Zu § 3 Abs. 2:

Es entspricht dem durch § 2 Abs. 3 anerkannten Herkommen, dass archivwürdige Unterlagen von mittleren und unteren Behörden des Bundes von den Staatsarchiven der Länder archiviert werden. Diese Unterlagen werden daher zu ihrem Schutz wie landeseigenes Archivgut behandelt. Unberührt bleiben freilich wegen der Kautelen des § 2 Abs. 3 Satz 1 (Schluß) die höherrangigen bundesrechtlichen Regelungen und Vorgaben für die Übernahme und Nutzung der Unterlagen.

Zu § 4:

Die Gemeinden verfügen vielfach über weit zurückreichende Archivbestände. Es handelt sich hier um bedeutendes Kulturgut, dessen Pflege dem Staat und den Gemeinden obliegt.

Absatz 1 bestätigt die Archivierung als Pflichtaufgabe der Gemeinden, Landkreise und kommunalen Verbände im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung. Wegen der aus datenschutzrechtlichen Gründen erforderlichen Nutzungsregelungen für das kommunale Archivgut wird die Anwendung der einschlägigen Bestimmungen des Gesetzes vorgeschrieben.

Absatz 2 regelt die Anbietung kommunalen Archivguts an das zuständige Staatsarchiv oder an ein anderes öffentliches Archiv.

Sie führt in aller Regel zu einem Depositalvertrag zwischen den Beteiligten. Die Deponierung erfolgt entsprechend der bisherigen Übung bei fast allen Archivverwaltungen der Bundesrepublik Deutschland dann grundsätzlich unentgeltlich, wenn sie wegen der eigenen (landesgeschichtlichen) Interessen der Staatsarchive oder aus übergeordneten Gesichtspunkten der Sicherung wertvollen Archivguts angezeigt ist.

Zu § 5:

Da das Archivgut der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und das staatliche Archivgut einander ergänzen und einen vergleichbar hohen Dokumentationswert für die Geschichte des Landes und seine Bewohner besitzen, bedarf auch das Schriftgut dieser Stellen entsprechender Schutzvorschriften.

§ 5 stellt als Auffangregelung sicher, dass auch das Schriftgut der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht vernichtet oder zersplittert, sondern dem zuständigen Staatsarchiv angeboten wird, wenn die genannten Stellen über kein eigenes öffentliches Archiv verfügen. Das Staatsarchiv kann die angebotenen Unterlagen übernehmen, soweit ihnen bleibender Wert zukommt. Daß die Unterlagen zur Verwahrung übergeben werden, bedeutet, dass der abgebenden Stelle grundsätzlich ein Rücknahmerecht für den Fall eingeräumt wird, dass später ein eigenes Archiv eingerichtet wird. Unbeschadet davon können die Modalitäten der Verwahrung (zum Beispiel Eigentumsübertragung oder leihweise Überlassung), Erschließung und Nutzung durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag geregelt werden.

Zu §§ 6 und 7:

Nachdem die ersten Paragraphen des Gesetzentwurfs die Basisnormen für das öffentliche Archivgut festgelegt haben, bestimmen die §§ 6 und 7 Näheres über die öffentlichen Archive als die für das öffentliche Archivgut zuständigen Institutionen.

§ 6 beschreibt die verschiedenen Arten von öffentlichen Stellen, deren Archivgut von öffentlichen Archiven aufbewahrt wird.

Im einzelnen werden sie bereits in den §§ 3 bis 5 genannt.

Zu § 7 Abs. 1:

Dieser Absatz nennt die Hauptaufgabe des Archivwesens, die Archivierung. Dazu gehört die dem Quellenwert des Archivguts entsprechende Ordnung und Verzeichnung, die Erarbeitung von Findmitteln, die fachgerechte Lagerung des Archivguts sowie dessen Bereitstellung zur öffentlichen Nutzung in entsprechend ausgestatteten Räumlichkeiten.

Im weiteren entspricht es dem Herkommen, dass insbesondere die Staatsarchive zur Ergänzung des im öffentlichen Bereich erwachsenen Archivguts auch Archivgut anderer - sowohl öffentlicher als auch privater - Herkunft, das sonst nicht ausreichend gesichert oder zugänglich ist, durch Kauf, Deponierung oder Schenkung übernehmen.

Es handelt sich zum Beispiel um Nachlässe von Personen, die im politischen oder im kulturellen Leben eine besondere Bedeutung gehabt haben, oder um Unterlagen von politischen Parteien, Verbänden oder Wirtschaftsunternehmen. In diesem Zusammmenhang ist es beispielsweise möglich, dass das für die Aufarbeitung der Geschichte der DDR überaus bedeutsame Archivgut der ehemaligen SED-Parteiarchive, sofern durch Bundesrecht nicht anders bestimmt, als Depositum in die thüringischen Staatsarchive übernommen werden kann. Wichtig ist auch die Ergänzung des Archivguts durch Flugblätter, Plakate, Fotos und Druckschriften, die zum Verständnis politischer oder kultureller Ereignisse und Entwicklungen von Belang sind. Die begrenzten räumlichen Verhältnisse der öffentlichen Archive gebieten es jedoch, eine Auswahl entsprechend einem besonderen öffentlichen Interesse zu treffen.

Zu § 7 Abs. 2:

Die Archivierung soll durch Beratung der Stellen, bei denen künftiges Archivgut erwächst, vorbereitet und im Sinne einer rationellen Aufgabenverwaltung erleichtert werden. Hierzu wird es zweckmäßig sein, dass die Registraturen der Verwaltungen, wo immer möglich, archivfachliche Gesichtspunkte berücksichtigen. Dies gilt auch für Registraturen, die maschinelle Datenverarbeitung anwenden.

Zu § 7 Abs. 3: Absatz 3 beinhaltet keine neuen Aufgabenzuweisungen für die öffentlichen Archive, sondern stellt eine kurze Charakterisierung ihrer historischen Tätigkeiten in Verbindung mit ihren Archivierungsfunktionen dar. Neben der Aufbewahrung und Erschließung der historischen Überlieferung nehmen die öffentlichen Archive, insbesondere die Staatsarchive, herkömmlicherweise weitere umfangreiche Dienstleistungen wahr, durch die sie bei der Erforschung und Vermittlung der Landesgeschichte oder Orts- und Institutionengeschichte mitwirken: durch wissenschaftliche Beratung der Benutzer, Veröffentlichung von Findbüchern und sachthematischen Inventaren zu wichtigen Archivbeständen, Edition wichtiger Quellen der Landesgeschichte, Vorbereitung von (Wander-)Ausstellungen zu aktuellen historischen Themen und archivpädagogische Zusammenarbeit mit Schulen und Institutionen der Erwachsenenbildung.

Zu § 7 Abs. 4:

Durch die Verwahrung von rechtswahrenden Quellen, wie Siegelabdrücken bzw. Originalen und Wappenzeichnungen, kann den Staatsarchiven beispielweise ihrer örtlichen Zuständigkeit entsprechend die Gutachterfunktion und amtliche Beglaubigung bei der Wappen- und Siegelbestätigung übertragen werden.

Zu § 8 Abs. 1:

Die zentrale Verwaltung des Archivguts des Landes durch die thüringischen Staatsarchive dient nicht nur der rationellen Verwaltung des Archivguts, sondern ermöglicht auch der Forschung einen überschaubaren und geregelten Zugang zu den Quellen zur Geschichte des Landes.

Zu § 8 Abs. 2:

Die archivwürdigen Unterlagen des Thüringer Landtags sind Archivgut des Landes. Es bleibt aber dem Landtag als gesetzgebender Körperschaft freigestellt, ob und in welchem Umfang er nicht mehr benötigte Unterlagen dem Thüringischen

Hauptstaatsarchiv zur Verwahrung anbietet.

Zu § 8 Abs. 3 und 4:

Entsprechend der territorialen Ausdehnung Thüringens und den historischen Gegebenheiten empfiehlt es sich im Interesse der wissenschaftlichen Archivierung und einer überschaubaren örtlichen Zuständigkeit, drei thüringische Staatsarchive zu unterhalten. Aufgrund des Umfangs der Dokumente aus 1000 Jahren Geschichte können diese Archive ihren Möglichkeiten entprechend Außenstellen und Depots unterhalten. Funktionale Gesichtspunkte, insbesondere die Zuständigkeit für die übergeordneten Behörden des Landes sowie die bisherige historische Überlieferung, bedingen die Sonderstellung und Bezeichnung des Hauptstaatsarchivs in Weimar. Die örtliche Zuständigkeit der Staatsarchive für das Archivgut der in Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 genannten Stellen ist entsprechend § 9 Abs. 2 dieses Entwurfs festzulegen.

Zu § 9 Abs. 1:

Diese Regelung weicht von der bisherigen Unterstellung der Staatsarchive unter das Ministerium des Innern der ehemaligen DDR ab. Die neu geregelte Dienst- und Fachaufsicht entspricht dem spezifischen Charakter der Staatsarchive als wissenschaftliche Institutionen. Die Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes durch die sonstigen Archive nach § 6 wird durch die jeweils zuständige Instanz der allgemeinen Rechtsaufsicht gewährleistet.

Zu § 9 Abs. 2, 3 und 4:

Die in Absätzen 2 und 3 festgelegten Regelungs- und Entscheidungskompetenzen entsprechen im Hinblick auf die Benutzungsordnung für die Staatsarchive, das archivarische Ausbildungs- und Prüfungswesen und die Entscheidung über die Verkürzung der Sperrfristen dem bisherigen Rechtszustand der Altbundesländer, den zu ändern keine Veranlassung besteht.

Bei Archivgut des Landes, der Kommunen sowie sonstigem öffentlichem Archivgut liegen diese Kompetenzen bei den jeweiligen Trägern des Archivs.

Zu § 10: Archive und deren Inhalt sind Kulturgüter, die vom Land zu schützen und zu pflegen sind. Unter dem Begriff der Archivpflege wird das vom Landesarchivgesetz vorgeschriebene zweckmäßige Handeln für alle Archiveigentümer, unabhängig von bestehenden Eigentums- und Rechtsverhältnissen, verstanden. Das Land nimmt seine allgemeine Verantwortung für die Archivpflege durch die Einrichtung einer Archivberatungsstelle wahr, die im Hauptstaatsarchiv domizilieren sollte, aber als eigenständige Landesinstitution tätig wird. Sie berät und unterstützt vor allem Archiveigentümer ohne eigene Archiveinrichtung sowie Archiveinrichtungen, die nicht über eigenes Fachpersonal verfügen. Träger der Archivpflege können darüber hinaus auch Kreis- und Kommunalarchive sein.

Zu § 11 Abs. 1 und 2: Unterlagen sollen im Regelfall nur so lange, wie sie für den Geschäftsgang ständig oder häufig herangezogen werden, in den Stellen verwahrt werden, bei denen sie entstehen, da nur für diese Zeit eine sachgerechte Verwahrung und die Beachtung entsprechender Schutzvorschriften gewährleistet ist. Die zur Erfüllung der laufenden Aufgaben nicht mehr erforderlichen Unterlagen sind, soweit ihre Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist, den zuständigen öffentlichen Archiven anzubieten, die im Zuge der in § 12 geregelten Bewertung über die Archivwürdigkeit entscheiden.

Die Regelungen gelten auch für Dateien und sonstige personenbezogene Unterlagen, die besonderen Rechtsvorschriften über Geheimhaltung oder über den Datenschutz unterliegen, gesperrt und vernichtet bzw. gelöscht werden könnten oder gar müßten. Ferner wird klargestellt, dass die gesetzlichen Vorschriften über Löschung oder Vernichtung unzulässig erhobener oder verarbeiteter Daten oder Unterlagen unberührt bleiben. Sofern bundesgesetzliche Regelungen vorliegen, sind diese maßgebend. So legt etwa § 2 Abs. 4 Satz 2 für die Übergabe sensibler Unterlagen besondere Bedingungen fest, die über die §§ 8, 10 und 11 auch von den öffentlichen Archiven in den Ländern zu beachten sind.

Zu § 11 Abs. 3, 4 und 5:

Im Interesse der Rechtssicherung und Verwaltungskontinuität und der wissenschaftlichen Forschung sind die auszusondernden Unterlagen in jedem Fall dem zuständigen öffentlichen Archiv anzubieten, das innerhalb einer Frist von höchstens einem Jahr über die Archivwürdigkeit entscheiden muß. Dieses Verfahren soll sicherstellen, dass keine Unterlagen unkontrolliert vernichtet werden oder verlorengehen.

Zu § 11 Abs. 6: