Gericht

(1) Die Gemeindevertretung ist beschlußfähig, wenn mehr als die Hälfte der gesetzlichen Zahl der Gemeindevertreterinnen oder -vertreter anwesend ist. Die Vorsteherin oder der Vorsteher der Gemeindevertretung stellt die Beschlußfähigkeit zu Beginn der Sitzung fest. Die Gemeindevertretung gilt danach als beschlußfähig, bis die Vorsteherin oder der Vorsteher der Gemeindevertretung die Beschlußunfähigkeit auf Antrag einer Gemeindevertreterin oder eines -vertreters feststellt; dieses Mitglied zählt zu den Anwesenden. Die Vorsteherin oder der Vorsteher der Gemeindevertretung muss die Beschlußunfähigkeit auch ohne Antrag feststellen, wenn weniger als ein Drittel der gesetzlichen Zahl der Gemeindevertreterinnen oder -vertreter oder weniger als drei Gemeindevertreterinnen oder -vertreter anwesend sind.

(2) Zur Feststellung der Beschlußfähigkeit vermindert sich die gesetzliche Zahl der Gemeindevertreterinnen oder -vertreter um die Zahl der nach § 27 ausgeschlossenen Gemeindevertreterinnen oder -vertreter. Ist mehr als die Hälfte der gesetzlichen Zahl der Gemeindevertreterinnen oder -vertreter ausgeschlossen, ist die Gemeindevertretung beschlußfähig, wenn mindestens drei stimmberechtigte Gemeindevertreterinnen oder -vertreter anwesend sind.

(3) Ist eine Angelegenheit wegen Beschlußunfähigkeit der Gemeindevertretung zurückgestellt worden und wird die Gemeindevertretung zur Verhandlung über denselben Gegenstand zum zweiten Mal einberufen, so ist die Gemeindevertretung beschlußfähig, wenn mindestens drei stimmberechtigte Gemeindevertreterinnen und -vertreter anwesend sind. Bei der zweiten Ladung muss auf diese Vorschrift hingewiesen werden.

§ 39

Beschlußfassung:

(1) Beschlüsse der Gemeindevertretung werden, soweit nicht das Gesetz etwas anderes vorsieht, mit Stimmenmehrheit gefaßt. Bei der Berechnung der Stimmenmehrheit zählen nur die Ja- und Nein-Stimmen. Bei Stimmengleichheit ist ein Antrag abgelehnt.

(2) Es wird offen abgestimmt, soweit das Gesetz nicht etwas anderes vorsieht. Auf Antrag einer Fraktion oder eines Fünftels der anwesenden Mitglieder der Gemeindevertretung ist namentlich abzustimmen. Die Liste der Abstimmung ist der Niederschrift beizufügen.

(3) Es kann nur über Anträge abgestimmt werden, die vorher schriftlich eingereicht worden sind. Ausnahmen regelt die Geschäftsordnung.

§ 40

Öffentliche Bekanntmachung, Widerspruch und Beanstandung:

(1) Beschlüsse der Gemeindevertretung sind in ortsüblicher Weise den Bürgern bekanntzugeben.

(2) Verletzt ein Beschluß der Gemeindevertretung das Recht, so hat die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister diesem Beschluß binnen zwei Wochen zu widersprechen. In Städten kann auch der Magistrat einem Beschluß der Stadtverordnetenversammlung widersprechen, wenn der Beschluß das Recht verletzt. Der Widerspruch muss in der Schriftform erfolgen und ist zu begründen. Er hat aufschiebende Wirkung; über die Angelegenheit ist in einer neuen Sitzung der Gemeindevertretung, die frühestens drei Tage nach der ersten stattfinden darf, nochmals zu beschließen.

(3) Verletzt auch der neue Beschluß das Recht, so hat ihn die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister schriftlich unter Darlegung der Gründe binnen zwei Wochen zu beanstanden. Die Beanstandung hat aufschiebene Wirkung. Gegen die Beanstandung steht der Gemeindevertretung die Klage vor dem Verwaltungsgericht zu.

§ 41

Auflösung der Gemeindevertretung:

(1) Die Gemeindevertretung hat das Recht zur Selbstauflösung, wenn durch Gebietsänderung die bisherige Einwohnerzahl einer Gemeinde um mehr als ein Zehntel zu- oder abgenommen hat.

(2) Die Innenministerin oder der Innenminister kann eine Gemeindevertretung auflösen, wenn sie dauernd beschlußunfähig ist.

(3) Bei einer Auflösung ist die Gemeindevertretung binnen drei Monaten nach Unanfechtbarkeit des Beschlusses der Gemeindevertretung oder der Entscheidung der Innenministerin oder des Innenministers für den Rest der Wahlzeit neu zu wählen. Die Rechtsaufsichtsbehörde setzt einen Sonntag als Wahltag fest.

§ 42

Kontrolle der Verwaltung:

(1) Die Gemeindevertretung hat Anspruch darauf, vom Bürgermeister jederzeit über alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung unterrichtet zu werden. Näheres regelt hierzu die Hauptsatzung oder Geschäftsordnung.

(2) Zur Überwachung der Durchführung ihrer Beschlüsse so-wie des Verwaltungsablaufes hat die Gemeindevertretung das Recht, vom Bürgermeister, von den Beigeordneten und leitenden Bediensteten der Gemeindeverwaltung jederzeit Auskunft und Rechenschaft in allen Gemeindeangelegenheiten zu fordern und Akteneinsicht zu verlangen. Dieses Recht haben auch alle Abgeordneten.

§ 43

Ausschüsse der Gemeindevertretung:

(1) Die Gemeindevertretung bildet zur Vorbereitung ihrer Beschlüsse und zur Kontrolle der Gemeindeverwaltung Ausschüsse. Näheres regelt die Hauptsatzung.

(2) Bei der Zusammensetzung der Ausschüsse und der Wahl der Ausschußvorsitzenden sind die in der Gemeindevertretung vertretenen Parteien und Wählergruppen entsprechend ihren Sitzanteilen zu berücksichtigen.

(3) In jeder Gemeinde ist ein Hauptausschuß, ein Finanzausschuß und ein Beschwerdeausschuß zu bilden. Ein Rechnungsprüfungsausschuß ist ab einer Gemeindegröße von 5.000 Einwohnern zu bilden. Ist kein Rechnungsprüfungsausschuß tätig, werden dessen Aufgaben durch einen beauftragten Rechnungsprüfer wahrgenommen. Eine Zusammenfassung von Haupt- und Finanzausschuß ist möglich. In kleineren Gemeinden ist eine Zusammenfassung von Ausschüssen möglich.

(4) Gemeinden haben aus der Mitte der Gemeindevertretung einen Ausschuß zu wählen, der auf die Einheitlichkeit der Arbeit der Ausschüsse hinzuwirken und die Gemeindeverwaltung zu überwachen hat (Hauptausschuß); in diesem Rahmen kann der Hauptausschuß die den Ausschüssen übertragenen Entscheidungen im Einzelfall an sich ziehen. Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister ist Mitglied des Hauptausschusses; sie oder er führt den Vorsitz. Soweit der Hauptausschuß die Gemeindeverwaltung kontrolliert, hat die oder der Vorsitzende kein Stimmrecht. Der Hauptausschuß entscheidet in Angelegenheiten, die der Beschlußfassung der Gemeindevertretung unterliegen, falls diese keinen Aufschub dulden. Diese Entscheidungen des Hauptausschusses unterliegen der nachträglichen Genehmigung durch die Gemeindevertretung. Die Verfahrensweise in Dringlichkeitsangelegenheiten ist in der Hauptsatzung zu regeln.

(5) Der Bürgermeister hat das Recht, beratend an allen, Beigeordnete und leitende Bedienstete der Verwaltung an den sie betreffenden Ausschußsitzungen teilzunehmen. Sie sind auf Verlangen zur Teilnahme an den Ausschußsitzungen verpflichtet.

(6) In die Ausschüsse können sachkundige Bürger berufen werden. Darüber entscheidet die Gemeindevertretung. Die sachkundigen Bürger sind beratende Ausschußmitglieder.

(7) Beigeordnete und leitende Bedienstete können nicht Mitglieder von Ausschüssen sein.

§ 44

Beauftragte:

(1) Zur Verwirklichung von demokratischen Grundrechten und Rechten für bestimmte Personengruppen kann die Gemeindevertretung ehrenamtliche Beauftragte berufen (ab 10.000 Einwohner hauptamtliche). Näheres ist in Satzungen zu regeln.

(2) Beauftragte sind in der Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig und können an den Sitzungen der Gemeindevertretung und ihrer Ausschüsse teilnehmen. Ihnen ist in Angelegenheiten ihres Aufgabenbereiches auf Wunsch das Wort zu erteilen. Die Bestellung der Beauftragten erfolgt mit der Zustimmung von zwei Dritteln der Stimmen der anwesenden Mitglieder der Gemeindevertretung und kann mit derselben Mehrheit widerrufen werden.

§ 45

Bürgermeister:

(1) Der Bürgermeister ist Vorsitzender des Hauptausschusses und Leiter der Gemeindeverwaltung. Er vertritt die Gemeinde.

In kreisfreien Städten trägt er die Bezeichnung Oberbürgermeister. Der Bürgermeister kann ehrenamtlich tätig sein.

Näheres regelt die Hauptsatzung.

(2) Der Bürgermeister wird von den Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl auf die Dauer von sechs bis zwölf Jahren gewählt. Näheres regelt das Kommunalwahlgesetz des Landes Thüringen.

(3) Der Bürgermeister ist Dienstvorgesetzter der Gemeindebediensteten.

(4) Der Bürgermeister ist der Gemeindevertretung rechenschaftspflichtig.

§ 46

Vereidigung

Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister und die Stellvertreter werden vor ihrem Amtsantritt von der oder dem Vorsitzenden der Gemeindevertretung in öffentlicher Sitzung vereidigt.

§ 47

Aufgaben:

(1) Der Bürgermeister bereitet die Beschlüsse der Gemeindevertretung vor und gewährleistet deren Durchführung.

(2) Der Bürgermeister hat in eigener Zuständigkeit alle Angelegenheiten zu entscheiden, die nicht von der Gemeindevertretung wahrgenommen werden.

(3) Der Bürgermeister hat das Recht, in Fällen äußerster Dringlichkeit anstelle der Gemeindevertretung oder des Hauptausschusses Entscheidungen zu treffen. In diesen Fällen hat er die Genehmigung der Gemeindevertretung zu beantragen.

Die nähere Verfahrensweise bestimmt die Hauptsatzung.

(4) Als Leiter der Gemeindeverwaltung obliegt dem Bürgermeister die Verantwortung für die sachgerechte Erledigung der Aufgaben und den ordnungsgemäßen Gang der Verwaltung nach den Grundsätzen und Richtlinien der Gemeindevertretung.

Er regelt die innere Organisation der Gemeindeverwaltung und die Geschäftsverteilung. Er bestätigt die Geschäftsverteilungspläne und Arbeitsordnungen.

(5) Der Bürgermeister führt die Aufgaben durch, die der Gemeinde zur Erfüllung nach Weisung übertragen sind und ist dafür der Aufsichtsbehörde verantwortlich. Soweit die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister bei der Durchführung dieser Aufgaben nach Ermessen handeln kann, kann sie oder er sich von den Ausschüssen der Gemeindevertretung beraten lassen.

§ 48

Vorzeitige Beendigung der Wahlzeit:

(1) Wird die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister den Anforderungen seines Amtes nicht gerecht und treten dadurch so erhebliche Mißstände in der Verwaltung ein, dass eine Weiterführung des Amtes im öffentlichen Interesse nicht vertretbar ist, kann, wenn andere Maßnahmen nicht ausreichen, die Wahlzeit der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters für vorzeitig beendet erklärt werden.

(2) Die Erklärung der vorzeitigen Beendigung der Wahlzeit erfolgt in einem förmlichen Verfahren, das von der Rechtsaufsichtsbehörde eingeleitet wird. Die Einleitung des Verfahrens kann von der Gemeindevertretung mit Zweidrittelmehrheit oder durch Bürgerbegehren entsprechend § 25 beantragt werden. Auf das Verfahren der vorzeitigen Beendigung der Wahlzeit finden die disziplinarrechtlichen Vorschriften entsprechende Anwendung. Die der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Gemeinde.

§ 49

Beigeordnete:

(1) Die Gemeindevertretung wählt mit den Stimmen der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Abgeordneten entsprechend ihrer Amtsperiode für vier Jahre Beigeordnete. Die Anzahl wird in der Hauptsatzung bestimmt.

(2) Der erste Beigeordnete ist Stellvertreter des Bürgermeisters.

Beigeordnete können leitende Bedienstete der Verwaltung sein.