Versicherung

In Thüringen werden derzeit ca. 700.000 Renten durch die Rentenversicherungsträger gezahlt, die etwa je zur Hälfte in die Zuständigkeiten der Landesversicherungsanstalt Thüringen (Arbeiter) und der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin fallen.

Nach ehemaligem DDR-Recht bis 31. Dezember 1991 wurden alle Renten (Arbeiter und Angestellte) durch die Sozialversicherungsstellen in den Kreisen berechnet und gezahlt. Dazu gehören auch alle anderen Sozialleistungen, wie

- Pflegegeld,

- Sozialzuschläge,

- Kinderzuschläge,

- Unfallrenten und

- Kriegsbeschädigtenrenten.

Unfall- und Kriegsbeschädigtenrenten waren nicht nebeneinander zu zahlen, sondern es wurde nur die jeweils höhere Rente zur Auszahlung gebracht. In diesen beiden Fallarten stellt das neue Recht ab 1. Januar 1992 bereits eine deutliche Verbesserung dar.

Die Entwicklung der Standardrente Ost (45 Versicherungsjahre und durchschnittlicher Verdienst) hat sich im Zeitraum von zweieinhalb Jahren seit 1990 nahezu verdoppelt. Sie hat sich von 470,00 DDR-Mark (bzw. 582,00 DDRMark, je nach Jahr des Rentenbeginns) auf 1.188,00 DM zum Stichtag 1. Januar 1993 entwickelt. Im gleichen Zeitraum ist die Standardrente West von 1.616,00DMauf1.798,00DMgestiegen.

Beim Vergleich der Standardrenten Ost und West fallen zwei Punkte besonders auf:

1. Die Differenz der Standardrenten hat sich stetig verringert. Allein vom 1. Januar 1992 bis zum 1. Januar 1993 hat bzw. wird sich der Abstand um neun Prozentpunkte verringern (die Ost-Rente in Prozent der Westrente steigt von 57 auf 66 Prozent).

Dem Präsidenten des Landtags mit Schreiben des Chefs der Thüringer Staatskanzlei vom 2. Februar 1993 übersandt. Federführend ist der Minister für Soziales und Gesundheit.

16. Februar 1993

Drucksache 1/1952

2. Trotz der deutlichen Zuwächse der Standardrente Ost wird es noch längere Zeit dauern, bis ein einheitliches Niveau der Standardrente erreicht sein wird. Nach der aktuellen Wirtschaftsentwicklung ist zu erwarten, dass die Nettolöhne in Ost und West noch einige Zeit für eine Angleichung benötigen.

Bei den Standardrenten handelt es sich um Netto-Renten für einen Modellfall, in dem ein Arbeitnehmer 45 Jahre lang Durchschnittsentgelte erzielt hatte und damit Durchschnittsbeiträge leisten konnte. Diese Standardisierung eignet sich besonders für den Vergleich über große Zeiträume, aber auch für einen Ost/ West-Vergleich.

Die rund 900.000 Alters- und Invalidenrenten an Männer in den neuen Bundesländern betragen rund 1.299,00 DM brutto monatlich nach der zum 1. Januar 1993 in Kraft getretenen Rentenanpassung.

Frauenrentendurchschnittlich864,00DM

In den neuen Bundesländern werden Versichertenrenten an Frauen in ca. zwei Millionen Fällen gezahlt. Die durchschnittliche Höhe beträgt jetzt 864,00 DM.

Etwa 900.000 Rentenbezieherinnen und Rentenbezieher erhalten neben einer Versichertenrente noch eine Witwen- oder Witwerrente und verfügen über ca. 1.200,00DMNettogesamtrente.

Weiterhin erhalten schätzungsweise 20.000 Rentnerinnen und Rentner in Thüringen neben Versichertenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung Unfallrenten als Entschädigungsleistungen aus Arbeitsunfällen.

Die durchschnittlichen Rentenhöhen nach der Rentenanpassung zum 1. Januar 1993 basieren auf Simulationsberechnungen des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger, weil exaktes statistisches Material erst in den kommenden Monaten zur Verfügung gestellt werden kann. Weiterhin ist es derzeit nicht möglich, die Anzahl der Rentner und Rentnerinnen für das Land Thüringen zu ermitteln, weil die Renten von verschiedenen Trägern gezahlt werden und bundesunmittelbare Versicherungsträger (z. B. die keine länderbezogene Statistiken führen.

Zur Vermeidung von sozialen Härten infolge der Umstellung des Rentenrechtes zum 1. Januar 1992 sind im Renten-Überleitungsgesetz Bestandsgarantien durch sogenannte Auffüllbeträge und die Weiterzahlung der Sozialzuschläge vorgesehen. Die Auffüllbeträge garantieren mindestens den Rentenbetrag vor

Die Sozialzuschläge sind einkommensabhängig und stellen damit ein Mindesteinkommensicher. DM für Alleinstehende und 1.054,00 DM monatlich für Verheiratete) wegfallen, werden Auffüllbeträge weitergezahlt und ab 1996 abgeschmolzen.

Drucksache 1/1952

Probleme in der praktischen Umsetzung der Rentenumstellung ab 1. Januar 1992

Die praktische Durchführung der Rentenumstellung ab 1. Januar 1992 stellt die Versicherungsträger in den neuen Bundesländern vor große Probleme. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Träger neben der Rentengewährung nach neuem Recht den eigentlichen Betrieb noch aufzubauen hatten und noch haben. Dazu gehört neben Personalgewinnung und Ausbildung auch Bau und Ausbau von Verwaltungsgebäuden sowie die Installierung von Technik und der Umgang damit. Die Problemfelder bei der Rentenumstellung können wie folgt skizziert werden:

1. Bei der maschinellen Bestandsumstellung (Dezember 1991/Januar 1992) sind einige vorher nicht absehbare Fallgruppen entweder unrichtig oder nicht umgestellt worden. Alle diese Fälle müssen von den Versicherungsträgern manuell oder nachträglich maschinell bereinigt werden.

2. Bei anderen, vorher bekannten Fallgruppen, mußte mit Pauschalierungen nach dem Renten-Überleitungsgesetz gearbeitet werden, die ebenfalls zu überprüfen und zu bescheiden sind. Der Rechtsanspruch auf Überprüfung besteht nach § 307a des Sozialgesetzbuches VI in der Fassung des RentenÜberleitungsgesetzes zwar erst ab Januar 1994, die Träger bemühen sich aber nach dem enormen öffentlichen Druck, auch diese Überprüfung im

Vorrangig werden dabei ältere Rentner und Fälle im Widerspruchs- und Klageverfahrenberücksichtigt.

Die Thüringer Landesregierung hat im Bundesrat einen Entschließungsantrag (Bundesrats-Drucksache 626/92) eingebracht, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, eine Änderung des § 307a Abs. 8 des Sozialgesetzbuches VI mit dem Ziel herbeizuführen, dass Rentenberechtigte der Geburtsjahrgänge vor 1921 einen Rechtsanspruch auf Überprüfung ihrer Rentenberechnung ab 1. Januar 1993 erhalten.

Der Bundesrat hat diese Entschließung in seiner 648. Sitzung am 6. November1992gefaßt.

Eine Besonderheit ergibt sich noch bei der Bundesversicherungsanstalt für

Die ist nach dem Renten-Überleitungsgesetz auch für die Berechnungen und Zahlungen aus dem Bereich der Zusatz- und Sonderversorgungen zuständig geworden. Nach der Überführung dieser Versorgungen in die gesetzliche Rentenversicherung hat die alle diese Fälle nach neuem Recht zu berechnen und zu bescheiden. Nach Informationen der sind in diesem Bereich trotz besonderem Personaleinsatz die Arbeitsrückstände sehr groß.

3. Mit der Einführung des neuen Rentenrechts haben sich für einige Personengruppen erleichterte und frühere Zugangsmöglichkeiten zu Renten ergeben, so dass im Bereich der Neuanträge ab 1. Januar 1992 eine regelrechte Antragsflut zu bewältigen ist.

4. Für den Bereich der neuen Bundesländer fehlten bisher fehlerfreie Maschinenprogramme, um endgültige Rentenbescheide zu erstellen. Alle Träger, einschließlich des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR), arbeiten fieberhaft daran. Die Versicherungsträger arbeiten deshalb mit vorläufigen Bescheiden und Vorschußzahlungen.

Drucksache 1/1952

Nach Informationen der Versicherungsträger wird Anfang Februar 1993 mit den ersten endgültigen Bescheiden gerechnet. Eine kurzfristige Problemlösung dürfte allerdings damit nicht verbunden sein, weil alle ab Januar 1992 aufgelaufenen Rückstände (Vorschußbescheide) aufgearbeitet werden müssen und die täglich hinzukommenden Anträge zu bearbeiten sind.

Am Rande sei noch erwähnt, dass auch in den alten Bundesländern erst seit wenigen Wochen die programmtechnischen Voraussetzungen vorhanden sind, obwohl dort die Sonderbestimmungen des Renten-Überleitungsgesetzes keine Berücksichtigung finden müssen.

Rentenumstellungen bzw. Anpassungen für Anspruchsberechtigte mit

Alle Zusatz- und Sonderversorgungseinrichtungen waren nach dem Willen des Einigungsvertrages zu schließen. Die Ansprüche sind in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen.

Es handelt sich hierbei um Rentner, die früher im vergleichbaren öffentlichen Dienst, z. B. im Bildungsbereich, im Gesundheitswesen, bei der Polizei oder beim Zoll tätig waren. Diese Renten sind zwar auch bereits zum 1. Januar 1992 auf die gesetzliche Rentenversicherung, im Regelfall auf die übergeleitet worden; sie konnten bislang allerdings nur vorläufig und pauschal umgewertet werden.

Eine Neuberechnung der Renten nach dem Sozialgesetzbuch VI, die eine individuelle Kontenaufbereitung voraussetzt, steht noch aus. In vielen Fällen werden die bisherigen Rentenbeträge weitergezahlt. Zum 1. Juli 1992 hat sich deshalb in den meisten Fällen keine oder lediglich eine geringe Erhöhung der Rente ergeben. Aus den uns vorliegenden Daten konnte abgeleitet werden, daß rund 78.000 vorher besitzgeschützte Renten eine teilweise Rentenanpassung erhalten haben. Ganz generell ist jedoch zu dieser Personengruppe zu sagen, daß erst in Zukunft die exakten Renten zu ermitteln sind. Dann können die zustehenden Leistungen auch für zurückliegende Zeiten nachgezahlt werden.

Eine Aussage über die Auswirkungen im Hinblick auf die Angleichung der Lebensverhältnisse ist deshalb derzeit nicht möglich.

Ergebnisse dazu werden aber von einem Gutachten erwartet, das die neuen Bundesländer gemeinsam in Auftrag gegeben haben. Die Gutachter sollen einerseits die Angleichung der Lebensverhältnisse bei vergleichbaren Berufsgruppen untersuchen, andererseits auch zur Verfassungsmäßigkeit der Rentenobergrenze von derzeit 2.010,00 DM Stellung nehmen. Letzteres ist inzwischen beim Bundesverfassungsgericht und auch beim Bundessozialgericht anhängig.

Ergebnisse aus dem vorgenannten Gutachten werden bis Juni 1993 erwartet.

Schließlich ist festzustellen, dass trotz enormer Anstrengungen und Leistungen im Jahr 1992, vor allem durch die Rentenversicherungsträger, auch 1993 ein ebenso großer Einsatz aller Beteiligten notwendig wird, um diese große soziale Herausforderung bestehen zu können.