Jugendamt

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Die Landesregierung unterstützt die Medienerziehung in vielfältiger Weise, insbesondere aber durch Förderung des Landesfilmdienstes Thüringen und durch Maßnahmen und Projekte im Rahmen der außerschulischen Jugendbildung.

Zu 18.: Jugendhilfeausschüsse müssen als Bestandteil des örtlichen Jugendamts bei Landkreisen und kreisfreien Städten gebildet werden. Sie bestehen in Thüringen bei allen Jugendämtern und wurden frühzeitig mit Bildung der kommunalen Jugendämtereingerichtet.

Die Beteiligten, die in den Ausschüssen mitarbeiten, zeigen vielfach noch Unsicherheiten, so dass die strukturierende Rolle der Verwaltungen vielfach noch im Vordergrund steht. Es gibt vereinzelt Initiativen (kreisfreie Städte) zu Tagesbildungsveranstaltungen für Mitglieder der Jugendhilfeausschüsse. Die Arbeitsgemeinschaft der Thüringer Jugendämter beschloß im Oktober, eine diesbezügliche Veranstaltung landesweit durchzuführen.

Es besteht ein rechtlicher Regelungsbedarf, der durch das Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetz gelöst werden wird.

Zu 19.:

Die Arbeitsgrundlage für eine detaillierte Jugendhilfeplanung gemäß § 80 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (Kinder- und Jugendhilfe) wird durch die Verabschiedung des Thüringer Ausführungsgesetzes zum Kinder- und Jugendhilfegesetz gegeben werden.

Insbesondere die noch ausstehende Anerkennung der freien Träger der Jugendhilfe, welche am Planungsprozeß zu beteiligen sind, und die bevorstehende Kreisreform erwiesen sich als hemmende Faktoren.

Dennoch gab es in einigen Landkreisen und kreisfreien Städten Bemühungen der örtlichen Jugendhilfeausschüsse, konzeptionellen Vorlauf für die durch Landesrecht geregelte Jugendhilfeplanung zu erarbeiten.

VI. Jugend und Politik Zu1.:

Bei der Beantwortung der Frage nach den grundsätzlichen Zielen der Jugendpolitik der Landesregierung wurde im Kapitel I die Entwicklung der politischen Jugendbildung als eine vordringliche Aufgabe für die nächsten Jahre beschrieben.

Sensibilisierung für politische Themen, Toleranz, demokratische Streitkultur, das persönliche Engagement für die Gemeinschaft sind für die Landesregierung fester Erziehungsauftrag der Gesellschaft. Im Jugendalter werden auf der Basis individueller Veranlagungen Interessen und Bedürfnisse herausgebildet, die sich später meist in lebenslangen manifesten Verhaltensweisen widerspiegeln. Daraus erwächst eine hohe Verantwortung für Schule und Jugendarbeit. Sind sie doch die Bereiche, in denen neben dem Elternhaus entscheidende Prägungen für die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen erfolgen.

Die Thüringer Schulen stellen sich auf der Grundlage des Vorläufigen Bildungsgesetzes vom 25. März 1991 dieser Aufgabe. In den §§ 21 und 23 des Vorläufigen Bildungsgesetzes werden die Mitwirkungsmöglichkeiten der Schüler an den Schulen Thüringens geregelt. Diese Mitwirkung bietet den Schülern die Möglichkeit, ihrem Alter und ihrer Verantwortungsfähigkeit entsprechend, sich an der Gestaltung des Schullebens zu beteiligen.

Hierzu gehört die Übernahme von Aufgaben, wie u. a. - die Wahrnehmung schulischer und sozialer Interessen innerhalb der Schulen,

- die Durchführung von gemeinsamen Veranstaltungen,

- die Mithilfe bei der Lösung von Konfliktfällen und

- die Übernahme von Ordnungsaufgaben.

Zu den Rechten der Schülermitwirkung gehören Informations-, Anhörungs-, Beschwerde- und Mitberatungsrecht. Diese Rechte nehmen die durch demokratische Wahlen legitimierten Schülervertretungen wahr. Diese Schülervertretungen existieren ebenfalls auf Landesebene. Darüber hinaus wird an zwei Regelschulen in Thüringen die Arbeit eines Schülerparlamentserprobt.

Neben der Schule entwickeln sich in Thüringen die Jugendverbände zu Trägern der politischen Jugendbildung. Durch die freiwillige, auf gemeinsamen Interessen basierende Mitgliedschaft in Jugendverbänden werden junge Menschen selbständig mit demokratischen Spielregeln und Verhaltensnormen vertraut gemacht. Das trifft sowohl für das interne Verbandsleben als auch für die Außenvertretung von Jugendverbänden, etwa in den Kreis- und Stadtjugendringen und im Landesjugendring zu.

Das Prinzip der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, nämlich dass zum Durchsetzen bestimmter Positionen Mehrheiten als Ergebnis von demokratischen Wahl- und Abstimmungsverfahren notwendig sind, spiegelt sich in der Jugendverbandsarbeit wider. In diesen Verbänden erhalten junge Menschen die Chance, Mitverantwortung zu übernehmen, werden zur Kritik und Selbstkritik befähigt und erfahren, dass sie durch ihre Aktivitäten Einfluß auf die Gestaltung ihrer Umwelt haben. Auseinandersetzungen werden in funktionierenden Jugendverbänden mit den Mitteln der demokratischen Streitkultur geführt. Hierzu gehört das Artikulieren der eigenen Meinung genauso wie die Fähigkeit zum Zuhören.

In der Jugendverbandsarbeit werden Eigenschaften wie Toleranz und Konsensfähigkeit eingeübt und verinnerlicht. Durch eigene Verbandszeitschriften bzw. Informationsblätter und Dialog mit politischen Verantwortungsträgern auf allen Ebenen sind Jugendverbände in der Lage, Einfluß auf das öffentliche Meinungsbild zu nehmen. So gesehen, leisten Jugendverbände einen unverzichtbaren Beitrag bei der Gestaltung demokratischer Verhältnisse in den neuen Bundesländern.

Die Möglichkeit zur Interessenvertretung in Beruf und Kommunalpolitik sind für junge Menschen insbesondere mit dem 18. Lebensjahr vielfältig und verfassungsrechtlich garantiert. Zu nennen wären u. a.:

- Mitwirkung der Jugendverbände in den Jugendhilfeausschüssen der Kommunen,

- Mitarbeit in politischen Jugendverbänden und Parteien,

- Beteiligung an Bürgerinitiativen und Selbsthilfegruppen,

- Beteiligung in Betriebs- und Personalvertretungen,

- Mitwirkung in Gewerkschaften und Engagement in beruflichen Interessenvertretungen.

Zu 2.:

Zur Beantwortung der Frage wurden die Geschäftsstellen der landesweit tätigen Parteien und der Ring der politischen Jugend angefragt. Dabei erbrachte die Umfrage nach der Mitgliedschaft von jungen Menschen bis zum vollendeten 26. Lebensjahr einen nur unzureichenden Überblick:

I. Parteien:

- CDU Landesverband Thüringen - Stand 30. Juni 1992

1.517 Mitglieder bis zum vollendeten 26. Lebensjahr, davon 556 Frauen und 961 Männer

ca.100 Mitglieder bis zum vollendeten 26. Lebensjahr, davon 30 Frauen und 70 Männer

II. Politische Jugendverbände:

- Junge Union - Stand September 1992

Mitglieder bis zum vollendeten 26. Lebensjahr

Von den anderen Parteien und politischen Jugendverbänden wurden Zahlen zur Mitgliedschaft junger Menschen nicht genannt.

Zu 3.:

Wie bereits in Frage 1 des Kapitels Jugend und Politik festgestellt, ist politische Jugendbildung ein Schwerpunkt der Jugendarbeit. Sie ist eine Leistung der Jugendhilfe gemäß § 11 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (Kinder- und Jugendhilfe). 1/1847

Ausgehend von den Aufgaben politischer Jugendbildung erschließt sich deren gesamtgesellschaftliche Bedeutung. Als wichtige Aufgaben wären zu nennen:

- Entwicklung und Förderung von demokratischem Verhalten,

- Unterstützung des inneren Einigungsprozesses Deutschlands,

- Auseinandersetzung mit der Geschichte Deutschlands, mit der Verantwortung für rassistische Verfolgung und Völkermord in der Zeit des Nationalsozialismus und für die Menschenrechtsverletzungen und die Unterdrückung Andersdenkender in der Zeit der SED-Herrschaft,

- Information über zeitgeschichtliche Vorgänge und deren historische Einordnung,

- Vermittlung von Kenntnissen über internationale politische Zusammenhänge,

- Förderung des Europäischen Einigungsprozesses,

- Befähigung zur geistigen Auseinandersetzung mit antidemokratischen Bestrebungen.

Politische Jugendbildung trägt bei, die neu gewonnenen Freiheiten auszuformen und zu stabilisieren. Die Landesregierung mißt der politischen Jugendbildung eine sehr große Bedeutung zu und betrachtet deren Entwicklung als ein grundsätzliches

Die Resonanz auf die Angebote der politischen Jugendbildung durch die Landeszentrale für politische Bildung als auch die der Jugendverbände und weiterer Initiativgruppen ist als gut zu bezeichnen. In der Regel übersteigt das Interesse die vorhandenen Konferenz- bzw. Seminarplätze. Auf besonderes Interesse stießen im Jahr 1992 Seminare zu Problemen des Rechtsextremismus und Fortbildungs- und Begegnungsseminare mit Partnern aus den Bundesländern Rheinland-Pfalz und Hessen.

Zu 4.:

Die Sicherung der außerschulischen Bildung als Schwerpunkt und integraler Bestandteil der Jugendarbeit erfolgt durch die in Frage 7, Kapitel V Jugendarbeit/Freizeit, detailliert dargestellten Fördermaßnahmen der Landesregierung. Im besonderen sind an dieser Stelle nochmals die Förderung des Ringes der politischen Jugend, von Fachkräften in der DM,350.000DMbzw.100.000DM).

In der Jugendbildungsstätte Ohrdruf besteht für freie und öffentliche Träger der Jugendhilfe, insbesondere aber für Jugendverbände, die Möglichkeit, politische Bildungsveranstaltungen, wie Seminare, Vorlesungen und Konferenzen, durchzuführen. Diese Jugendbildungsstätte hat sich in den letzten zwei Jahren zu einem Ort der Kommunikation zu jugendpolitischen Fragen entwickelt. An diesen Veranstaltungen nahmen auch Jugendvertretungen anderer Bundesländer teil.

Die Landeszentrale für politische Bildung Thüringen unterstützt, als eine der wenigen Landeszentralen der Bundesrepublik Deutschland, mit einem eigenständigen Jugendbildungsreferat den o. g. Bereich der Jugendarbeit. Neben der Ausrichtung von eigenen Seminaren bietet sie Unterstützung bei der Durchführung von Bildungsveranstaltungen von anderen Trägern der Jugendbildung an. Für Interessenten und Multiplikatoren der Jugendbildung, z. B. im Bereich der verbandlichen Jugendarbeit, stellt die Landeszentrale für politische Bildung Informationsmaterial und geeignete

Zu 5.:

Bei der Beantwortung der Frage geht die Landesregierung davon aus, dass sich die Situation der Jugend in Thüringen nicht von anderen neuen Bundesländern unterscheidet. Anzutreffende Erscheinungen von politischer Orientierungslosigkeit junger Menschen sind primär den enttäuschenden Erfahrungen in der ehemaligen DDR geschuldet. Der typische Entwicklungsweg vom Jung- über den Thälmannpionier zum FDJler sollte dazu dienen, junge Menschen zu systemtreuen, unkritischen Staatsbürgern zu erziehen.

Die übergroße Mehrheit der Jugendlichen entzog sich diesem Druck durch Desinteresse an jedweder offiziellen politischen Diskussion. Auch die Lehrinhalte der sozialistischen Schule trugen in keiner Weise dazu bei, die Fähigkeit zur kritischen oder gar kontroversen politischen Diskussion herauszubilden. Dennoch waren gerade junge Menschen Träger der friedlichen Revolution 1989. Diese Rolle wurde meist spontan, intuitiv, mit Vehemenz und Enthusiasmus wahrgenommen.

Es ist nunmehr im Angesicht der Probleme bei der Gestaltung einer völlig neuen gesellschaftlichen Ordnung oftmals schwer für junge Menschen, politische Entscheidungen rational zu begreifen und zu werten. Einige Jugendliche entziehen sich dem notwendigen Orientierungsprozeß und reagieren passiv auf das politische Zeitgeschehen. Festzustellen bleibt, daß unter jungen Menschen große Unterschiede in den Einstellungen zu politischen Fragen existieren.