JVA Darmstadt

Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, innerhalb der Zuständigkeit des Landes solche Möglichkeiten zu fördern und sich das Know-how bestehender Infrastrukturen zu Eigen zu machen.

Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung und dem Minister der Finanzen wie folgt:

Frage 1. In welchem Umfang und für welche Bereiche werden bereits Formularblätter der Landesverwaltung in der JVA Darmstadt hergestellt?

Zurzeit werden in der Druckerei der JVA Darmstadt die Vordrucke nach dem amtlichen Vordruckverzeichnis für den Justizbereich hergestellt. Weiterhin werden die Vordrucke für den Bereich der Justizvollzugsanstalten, soweit sie nicht bereits durch EDV erzeugt werden, gedruckt. Über den Bereich des Justizressorts hinaus werden nur gelegentlich für einzelne Behörden Druckaufträge erledigt.

Frage 2. Gibt es Überlegungen innerhalb des Justizministeriums, diese Tätigkeit der Druckerei der JVA Darmstadt auszuweiten auf Druckerzeugnisse, die auch in anderen Bereichen der Justizverwaltung verwandt werden?

Ja. Der JVA Darmstadt wurde angeboten, die Produktion von Aktendeckeln, die zurzeit auf dem freien Markt hergestellt werden, für den Justizbereich zu übernehmen. Eine definitive Entscheidung hierzu liegt von der Anstalt noch nicht vor. Darüber hinaus hat die JVA Darmstadt selbst bereits Kontakt mit anderen Landesbehörden aufgenommen, ohne jedoch konkrete Aufträge bekommen zu haben.

Frage 3. Wären die Kapazitäten der JVA Darmstadt in der Lage, weitere Druckaufträge zu übernehmen?

Die Kapazitäten der JVA Darmstadt lassen es zu, weitere Druckaufträge für Vordrucke zu übernehmen. Darüber hinaus können dort Broschüren und Plakate hergestellt werden, die aufgrund der maschinellen Ausstattung jedoch maximal im Zweifarbenbereich liegen sollten. Vierfarbenprodukte können nur bedingt realisiert werden.

Frage 4. Welche Kosten sind in den Bereichen der Landesverwaltung angefallen, in denen bereits die Druckerei der JVA Darmstadt Formularblätter fertigt, und sind diese Kosten im Vergleich zu anderen Teilen der Landesverwaltung, in denen Formulare anderer Druckereien verwandt werden, höher oder geringer?

Für das Justizressort wurden an Fertigungskosten für 1997 DM 1.761.460,40 und 1998 DM 1.643.563,88 in Rechnung gestellt. Für andere Behörden wurden 1997 DM 25.836,00 und 1998 DM 17.556,75 berechnet.

Nach Angaben des Beschaffungsreferates bei der Oberfinanzdirektion liegen die von der JVA Darmstadt erfragten Preise für Vordrucke bis zu 50 Prozent über denen, die im freien Wettbewerb am Markt zu zahlen sind.

Frage 5. Ist es zutreffend, dass der Finanzminister die Auffassung vertritt, dass eine Erstellung aller in der Landesverwaltung verwandten Formulare durch die Druckerei der JVA Darmstadt nicht möglich sei, weil das Land durch einzelne Verdingungsordnungen gezwungen sei, Druckaufträge öffentlich auszuschreiben und an private Dritte zu vergeben, obwohl in der Druckerei der JVA Darmstadt die gleichen Druckerzeugnisse unter Umständen kostengünstiger produziert werden könnten?

Nein, siehe Beantwortung der Ziffer 7. Soweit allerdings ein außenwirksames Vergabeverfahren gewählt wird, geben die Landeshaushaltsordnung (§ 55) und die Verdingungsordnung für Leistungen (VOL/A; § 3 Nr. 2, 3) hinsichtlich der Vergabeverfahren eine eindeutige Rangfolge vor. Danach haben im nationalen Vergabebereich die Öffentliche und Beschränkte Ausschreibung Vorrang vor der Freihändigen Vergabe. Dementsprechend werden die Aufträge für den Druck und die Lieferung von Formularen des Vordrucklagers der Oberfinanzdirektion auf der Grundlage der Ergebnisse von Ausschreibungen vergeben, an denen Justizvollzugsanstalten - auch die anderer Bundesländer - nicht beteiligt werden können.

Nach der bundeseinheitlichen Regelung des § 7 Nr. 6 VOL/A sind die Justizvollzugsanstalten grundsätzlich vom Wettbewerb ausgeschlossen, um aufgrund der besonderen Kalkulationsgrundlagen dieser Einrichtungen infolge grundlegend anderer Arbeitsbedingungen einen Verdrängungswettbewerb gegenüber gewerblichen Unternehmen zu verhindern (siehe auch § 2 Nr. 2

VOL/A); denn die Justizvollzugsanstalten verfolgen keine erwerbswirtschaftlichen, sondern sozialpolitische Ziele (siehe auch Amtliche Erläuterungen zu

§ 7 NR. 6 VOL/A). Fehlbeträge führten letztlich nicht zum Untergang der JVA-Druckerei, sondern würden aus Steuereinnahmen gedeckt. Die für einen fairen Wettbewerb erforderlichen gleichen diskriminierungsfreien Grundbedingungen sind nicht gegeben.

Frage 6. Welche Verdingungsordnungen stehen einer Auftragsvergabe an die Druckerei der JVA Darmstadt zwingend entgegen, und für welche Bereiche der Landesverwaltung gelten diese Regelungen?

Paragraph 7 Nr. 6 der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) legt bundeseinheitlich fest, "Justizvollzugsanstalten, Einrichtungen der Jugendhilfe, Aus- und Fortbildungsstätten oder ähnliche Einrichtungen sind zum Wettbewerb mit gewerblichen Unternehmen nicht zuzulassen".

Frage 7. Wann beabsichtigt die Landesregierung in den Bereichen der Landesverwaltung, in denen eine Verdingungsordnung der Auftragsvergabe an die Druckerei der JVA Darmstadt nicht entgegensteht, die Formulare durch die justizeigene Druckerei fertigen zu lassen?

Inwieweit sich eine Entscheidung, die Herstellung bestimmter Vordrucke und Aktendeckel dem Eigenbetrieb "Druckerei der JVA Darmstadt" zuzuweisen und damit der kostengünstigeren gewerblichen Wirtschaft zu entziehen, gegebenenfalls auf andere Verwaltungszweige übertragen lässt, müsste im Vorfeld der eigentlichen Beschaffung auf organisationspolitischer Ebene unter Beachtung des sparsamen und wirtschaftlichen Einsatzes der vom Landtag bewilligten Haushaltsmittel getroffen werden (z.B. als so genanntes "In-house-Geschäft").

Es handelt sich bei einer derartigen Prüfung in erster Linie nicht um eine Frage des Vergaberechts.