Von welchen Gesichtspunkten lässt sich in dieser Hinsicht die Landesregierung bei eigenen

Ich frage die Landesregierung:

1. Von welchen Gesichtspunkten lässt sich in dieser Hinsicht die Landesregierung bei eigenen Veranstaltungen leiten?

2. Welche Empfehlungen könnten anderen Veranstaltern gegeben werden?

Der Chef der Thüringer Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 7. September 1992 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Eine amtliche Rangordnung, wie sie aus anderen Staaten bekannt ist, gibt es in der Bundesrepublik nicht. Es hat sich allerdings eine allgemeine Übung herausgebildet, die obersten Repräsentanten des Staates in einer bestimmten Reihenfolge zu plazieren. In diese Reihenfolge sind auch die Vertreter der Parlamente, der politischen Parteien und der Religionsgemeinschaften einbezogen sowie die Repräsentanten fremder Staaten und internationaler Organisationen. Ihrem Rechtscharakter entsprechend ist diese Rangordnung nicht amtlich publiziert; sie ist aber auch für den Außenstehenden aus der einschlägigen Literatur ohne weiteres zu ersehen. Sie findet allgemeine Anerkennung.

Die Landesregierung lässt sich bei Plazierungen von der Vorstellung leiten, dass diese die auf Verfassung und Gesetzen beruhende Ordnung des Gemeinwesens sichtbar machen sollen. Da es sich um eine Ordnung der Machtausübung auf Zeit, der Verantwortung und der Kontrolle handelt, hat der Bürger einen Anspruch darauf, daß diese Ordnung, sei es unmittelbar oder über die Medien, in zutreffender Weise dargestellt wird. Wesentliches Kriterium der staatlichen Rangordnung in einer repräsentativen Demokratie ist dabei der Grad der demokratischen

Legitimation. Dabei ist die Ordnung der Verfassungsorgane (institutionelle Ordnung) von der persönlichen Rangordnung der Mandats- und Amtsinhaber (individuelle Ordnung) zu unterscheiden.

Institutionell rangiert nach dem Volk als oberstem Verfassungsorgan das Parlament als dessen direkter Repräsentant, der Ministerpräsident (als Staatsoberhaupt), die Landesregierung bzw. je nach Verfassungslage der Verfassungsgerichtshof des Landes.

Da aber kollektive Organe im allgemeinen nicht zu plazieren sind, spielt die individuelle Rangordnung von Personen im öffentlichen Leben die wesentliche Rolle.

Dabei schließt sich die Thüringer Landesregierung der z. B. in Bayern und Hessen sowie bei Veranstaltungen der Bundesregierung mit Länderbeteiligung geübten Praxis an, Einzelpersonen im Rang von Verfassungsorganen den Repräsentanten von kollektiven Verfassungsorganen den Vorrang einzuräumen.

Nach diesen Grundsätzen nimmt der Ministerpräsident protokollarisch den ersten Rang ein. Er wird dabei nicht als Vertreter der Exekutive angesprochen, sondern als Vertreter des Landes gemäß § 13 Abs. 2 der Vorläufigen Landessatzung. In dieser Eigenschaft ist er Verfassungsorgan.

Den zweiten Rang nimmt der Präsident des Landtags ein. Er ist selbst nicht Verfassungsorgan, sondern Vertreter eines Verfassungsorgans, des Landtags, und damit zugleich Vetreter der legislativen Gewalt. Ihm folgt im dritten Rang der Präsident des Landesverfassungsgerichts als Vetreter der Jurisdiktion.

Im übrigen ergibt sich aus der Verfassung keine zwingende Reihenfolge für eine protokollarische Ordnung. Die nachfolgende vorgeschlagene Rangordnung ist daher nicht starr anzuwenden, sondern kann im Einzelfall flexibel gestaltet werden. So nimmt etwa bei Veranstaltungen im Landtag der Präsident als Hausherr den ersten Rang ein. Entsprechendes gilt für die ranghöchsten geistlichen Würdenträger bei Veranstaltungen im kirchlichen Rahmen.

Vertreter im Amt oder andere im Einzelfall bestimmte Repräsentanten nehmen protokollarisch den ihnen persönlich zustehenden Platz, nicht aber den Platz des Vertretenen, ein.

Unter Beachtung dieser Grundsätze geht die Landesregierung von folgender protokollarischer Rangfolge aus:

- Ministerpräsident

- Landtagspräsident

- Präsident des Landesverfassungsgerichts

- die Erzbischöfe, Landesbischöfe, Bischöfe, Landessuperintendenten, Landesrabbiner

- der Stellvertretende Ministerpräsident

- die Landesminister in der bei ihrer Ernennung festgelegten Reihenfolge

- die Vorsitzenden der Fraktionen des Landtags nach der Fraktionsstärke

- die Vorsitzenden der im Landtag vertretenen Parteien nach der Fraktionsstärke der Parteien

- die Vorsitzenden der Ausschüsse des Landtags

- die Abgeordneten des Landtags

- die Staatssekretäre

- Repräsentanten der kommunalen Spitzenverbände.

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und des Europäischen Parlamentes sind an geeigneter Stelle, im gleichen Rang wie die Abgeordneten des Landtags, einzuordnen.

Persönlichkeiten aus anderen Bereichen (Künstler, Wissenschaftler, Sportler, etc.) sind gegebenenfalls als Ehrengäste zu plazieren.

Zu 2.: Die Landesregierung empfiehlt auch anderen Veranstaltern diese Reihenfolge. Sie legt ihnen dabei stets ein hohes Maß an Flexibilität und die Anpassung an den jeweiligen Anlaß nahe.