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Wie viele Juristen waren am 1. Oktober 1989 im jetzigen Gebiet des Landes Thüringen als Rechtsanwälte niedergelassen?
2. Wie vielen in der ehemaligen DDR ausgebildeten Juristen, welche im Gebiet des Landes Thüringen ansässig waren, ist im Zeitraum vom 1. Oktober 1989 bis zum 3. Oktober 1990 die Rechtsanwaltszulassung erteilt worden?
3. Wie viele von den unter 2. bezeichneten Juristen waren vorher als Richter oder Staatsanwalt in der ehemaligen DDR tätig?
4. Wie vielen in der ehemaligen DDR ausgebildeten Juristen, welche im Gebiet des Landes Thüringen ansässig waren, ist nach dem 3. Oktober 1990 durch die Behörden des Landes Thüringen eine Zulassung als Rechtsanwalt erteilt worden?
5. Wie viele von den unter 4. bezeichneten Juristen waren vorher als Richter oder Staatsanwalt in der ehemaligen DDR tätig?
6. Wie viele von den unter 4. bezeichneten Juristen sind durch die Richterwahl- oder Staatsanwaltsberufungsausschüsse Thüringens überprüft worden, mit dem Ergebnis, dass eine Übernahme in den Justizdienst Thüringens abgelehnt wurde?
7. Wie viele von den unter 4. bezeichneten Juristen, welche vordem in der ehemaligen DDR als Richter oder Staatsanwalt tätig waren, hatten sich einer Überprüfung durch die Richterwahl- oder Staatsanwaltsberufungs1
ausschüsse nicht gestellt?
8. Wie viele Zulassungen als Rechtsanwalt wurden Juristen aus den alten Bundesländern im Zeitraum vom 1. Oktober 1990 bis zum 31. Oktober 1992 durch die Behörden der ehemaligen DDR bzw. die Behörden des Landes Thüringen erteilt?
9. Betrachtet die Landesregierung die anwaltliche Versorgung sowohl von der Anzahl als auch von der regionalen Verteilung der derzeit niedergelassenen Rechtsanwälte als gewährleistet?
Das Thüringer Justizministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 27. November 1992 wie folgt beantwortet:
Zu 1.: Die Frage kann nicht genau beantwortet werden. Das Gebiet des Landes Thüringen ist erst nach dem 1. Oktober 1989 endgültig festgelegt worden und nähere Unterlagen zur Situation in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik sind im Thüringer Justizministerium nicht vorhanden.
Im übrigen erfolgte auch keine ordnungsgemäße Übergabe der Personalakten durch das Justizministerium der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik an die jetzt zuständige Landesjustizverwaltung. Nach Auszählung sämtlicher hier vorhandener Personalakten ist lediglich feststellbar, dass mit der Wende aus den ehemaligen Kollegien der Rechtsanwälte der Bezirke Erfurt, Gera und Suhl 96 Rechtsanwälte übernommen worden sind.
Daneben gab es einige wenige Einzelanwälte (geschätzt: zwei oder drei), die in Thüringen niedergelassen waren.
Zu 2.: Auch diese Frage lässt sich nicht exakt beantworten. Das Thüringer Justizministerium führt die Personalakten von 266 Rechtsanwälten, die in der Zeit vom 1. Oktober 1989 bis zum 3. Oktober 1990 durch den Minister der Justiz der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zugelassen worden sind. Es handelt sich dabei ausschließlich um in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik ausgebildete Diplom-Juristen. 96 von ihnen wurden aus den ehemaligen Kollegien der Rechtsanwälte der Bezirke Erfurt, Gera und Suhl übernommen (siehe oben).
Ob weitere Rechtsanwälte, die im Gebiet des Landes Thüringen ansässig waren und in der Zeit vom 1. Oktober 1989 bis zum 3. Oktober 1990 zugelassen worden sind, bei den Landesjustizverwaltungen der anderen Bundesländer registriert sind, kann mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht ermittelt werden. Die Zahl dürfte aber sehr gering sein.
Zu 3.: Von den zu Frage 2 bezeichneten 266 Rechtsanwälten waren 31 früher als Richter oder Staatsanwälte tätig. Nur 13 davon waren noch bis zum Jahre 1990 entsprechend tätig.
Zu 4.: Die Frage wurde dahingehend verstanden, dass es um die Zulassungen seit dem 3. Oktober 1990 (nicht: 1992) geht.
Seit diesem Zeitpunkt wurden 191 in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik ausgebildete Juristen vom Thüringer Justizministerium zugelassen.
Die Antragsteller waren jedenfalls zum Zeitpunkt ihrer Zulassung im Gebiet des Landes Thüringen ansässig.
Zu 5.: Von den zu Frage 4 bezeichneten 191 Rechtsanwälten waren früher 39 als Richter oder Staatsanwälte tätig. Davon waren elf bis 1990, 18 bis 1991 und einer bis 1992 tätig.
Zu 6.: 15 ehemalige Richter sind nach dem 3. Oktober 1990 zugelassen worden. Eine Überprüfung durch den Richterwahlausschuß fand in fünf Fällen statt; in diesen Fällen hat der Ausschuß die Übernahme in den Justizdienst abgelehnt.
24 ehemalige Staatsanwälte sind nach dem 3. Oktober 1990 zugelassen worden. Eine Überprüfung durch den Staatsanwaltsberufungsausschuß fand in drei Fällen statt; in diesen Fällen hat der Ausschuß die Übernahme in den Justizdienst abgelehnt.
Bei den 23 ehemaligen Richtern und acht ehemaligen Staatsanwälten, die vor dem 3. Oktober 1990 zugelassen wurden, fand keine entsprechende Überprüfung statt.
Zu 7.: Von den 15 ehemaligen Richtern und 24 ehemaligen Staatsanwälten, die nach dem 3. Oktober 1990 zugelassen worden sind, haben sich zehn ehemalige Richter und 21 ehemalige Staatsanwälte einem Überprüfungsverfahren nicht gestellt.
Zu 8.: In der Zeit vom 1. Oktober 1990 bis 30. Oktober 1992 wurden 219 Juristen aus den alten Bundesländern durch das Thüringer Justizministerium zugelassen.
Zu 9.: Die anwaltliche Versorgung ist bei 629 im Land Thüringen zugelassenen Rechtsanwälten (Stichtag 30. Oktober 1992) sowohl von der Anzahl als auch von der regionalen Verteilung der derzeit niedergelassenen Rechtsanwälte gewährleistet. Während im Jahre 1991 noch vereinzelt Rechtsanwälten gestattet wurde, außerhalb ihrer Sitze Sprechtage abzuhalten, wurden im Jahre 1992 alle entsprechenden Anträge abgelehnt. Die Überprüfung der örtlichen Verhältnisse ließ es in keinem Falle im Interesse einer geordneten Rechtspflege geboten erscheinen, derartige Ausnahmen zuzulassen. Diese Einschätzung einer ausreichenden Versorgung wird auch von der Rechtsanwaltskammer Thüringen ausdrücklich geteilt.