Förderung

Die Verkehrssituation in den Städten und Gemeinden des Landes Thüringen ist gekennzeichnet durch die enorme Zunahme des motorisierten Individualverkehrs (MIV), zunehmende Engpässe im Bereich des Straßenverkehrs, eine tendenzielle Verschlechterung des Angebots im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) durch Erhöhung der ÖPNV-Tarife und/oder Ausdünnung des Angebots und ein hieraus folgendes Ansteigen der Belastungen für die Umwelt und die Lebensbedingungen in den Städten.

Neben Ausbau und Attraktivitätssteigerung des ÖPNV und restriktivem Vorgehen gegenüber dem MIV, z. B. durch Parkraumbewirtschaftung in den Innenstädten, sind marktwirtschaftliche Anreize zum Umsteigen auf den ÖPNV geeignete Lenkungsinstrumente, um den Verkehr vor allem in großen Städten umwelt- und sozialverträglicher zu gestalten.

B.Lösung

Der vorliegende Gesetzentwurf schafft die landesrechtlichen Voraussetzungen zur Erhebung einer kommunalen Nahverkehrsabgabe auf das Fahren mit Kraftfahrzeugen in bestimmten Erhebungsgebieten innerhalb der Kommunen.

Die Kommunen können über die Einführung und konkrete Ausgestaltung der Nahverkehrsabgabe sowie die Ausweisung von Erhebungsgebieten in eigener Verantwortung bestimmen. Die Höhe der Nahverkehrsabgabe soll sich am Preis der Fahrscheine bzw. Zeitkarten des ÖPNV in der jeweiligen Gemeinde orientieren.

Ausnahmen von der Abgabenpflicht werden abschließend in einer Rechtsverordnung festgelegt (gewerbliche Personen- und Güterbeförderung, öffentliche und soziale Dienste, Behinderte, Kleinkrafträder, Elektrofahrzeuge, Anlieger).

Bei Zahlung der Nahverkehrsabgabe können - im Sinne des angestrebten Umsteige-Effekts - Fahrscheine des ÖPNV für den entsprechenden Zeitraum ausgehändigt werden. Neben Monats- und Jahreskarten sollen für einmalige Fahrten auch Einzelfahrscheine ausgegeben werden.

Das Aufkommen der Nahverkehrsabgabe, soweit es nicht zur Finanzierung der ausgegebenen Fahrscheine in Anspruch genommen wird, muss durch die Gemeinden zweckgebunden für den Aufbau des ÖPNV verwendet werden.

5. März 1993

1/2010

C.Alternativen Fortdauer und Verschärfung der Überlastung des Straßenverkehrs in den Ballungsräumen mit den hieraus folgenden negativen Auswirkungen auf Menschen und Umwelt.

D.Kosten Keine. Die Kommunen erhalten zweckgebundene Finanzmittel zur Förderung desÖPNV.

Drucksache 1/2010

(Nahverkehrsabgabe)

Der Thüringer Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1:

Grundsatz:

(1) Gemeinden können durch Satzung die Benutzung der Straßen mit Kraftfahrzeugen in bestimmten Bereichen (Erhebungsgebieten) von der Zahlung einer Nahverkehrsabgabe abhängig machen. Ausgenommen davon sind Bundesfernstraßen. Die Gemeinden werden ermächtigt, hierzu Abgabensatzungen zu erlassen. Die Satzung kann das Mitführen und sichtbare Vorweisen eines Ausweises über die bezahlte Abgabe oder über die Abgabenfreiheitvorschreiben.

(2) Die Nahverkehrsabgabe hat den Zweck, den Benutzungsvorteil auszugleichen und durch ihren finanziellen Anreiz auf die Entlastung der Erhebungsgebiete vom Individualverkehr hinzuwirken.

(3) Die Erhebung der Nahverkehrsabgabe kann auf bestimmte Tage oder Tageszeiten beschränkt werden.

§ 2:

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, Erhebungsgebiete auszuweisen, deren Ausdehnung das gesamte Gebiet der Gemeinde oder Teile davon umfaßt.

(2) Für mehrere, auch räumlich getrennt liegende Erhebungsgebiete innerhalb derselben Gemeinde darf die Abgabe nur einmal gefordertwerden.

(3) In Gemeinden, in denen kein ausreichendes Angebot an Frauennachttaxen besteht, ist die Erhebung der Nahverkehrsabgabe auf die Zeit von 6.00 bis 19.00 Uhr beschränkt.

§ 3:

Höhe der Abgabe:

(1) Die Nahverkehrsabgabe ist nach der Zeit der Benutzungsberechtigung zu bemessen. Die kleinste hierbei zugrundegelegte Zeiteinheit darf nicht größer sein als ein Tag.

(2) Die Höhe der Nahverkehrsabgabe orientiert sich an den für das Streckennetz der jeweiligen Stadt geltenden Zeitkarten des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) im Normaltarif. Sie darf für einen Monat das eineinhalbfache des Preises der Monatskarten und für ein Jahr das eineinhalbfache des Preises der Jahreskarten des örtlichen Unternehmens oder Verkehrsverbundes des ÖPNV nicht überschreiten. Tagessätze dürfen das dreifache des Preises eines Einzelfahrscheins nicht überschreiten.

(3) Für Alleinerziehende mit einem oder mehreren Kindern unter zwölf Jahren ist eine Ermäßigung von mindestens 33 vom Hundert auf die Höhe der Abgabe zu gewähren.