Freiheitsstrafe

Wie viele Menschen wurden von Gerichten im Bereich des Landes Thüringen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt

a) in den einzelnen Jahren von 1979 bis einschließlich 1988,

d) seitdem3.Oktober1990?

2. Wie viele Männer und wie viele Frauen verbüßen zur Zeit im Land Thüringen eine lebenslange Freiheitsstrafe? Wann wurden die derzeit Inhaftierten verurteilt (Aufschlüsselung in Fünfjahresschritten erbeten)?

3. Wie viele von den im Land Thüringen lebenslänglich Inhaftierten stammen aus anderen Bundesländern? Wie viele wurden von Gerichten verurteilt, die ihren Sitz außerhalb des heutigen Landes Thüringen haben?

4. In welchen Justizvollzugsanstalten des Landes Thüringen werden zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilte untergebracht und gibt es im Vollstreckungsplan (§ 152 Strafvollzugsgesetz) besonders dafür vorgesehene Anstalten?

5. Welche Höchstdauer von Freiheitsentzug hält die Landesregierung für angezeigt im Hinblick auf den Resozialisierungsauftrag und für unbedenklich angesichts schwerwiegender Schädigungen der Betroffenen in sozialer und psychischer Hinsicht?

6. Beabsichtigt der Ministerpräsident, von seinem zu erwartenden Begnadigungsrecht Gebrauch zu machen?

7. Nach wieviel Jahren Verbüßungsdauer werden den lebenslänglich Verurteilten Ausgänge, Hafturlaub, offener Vollzug oder Freigang gewährt?

8. Inwieweit hatte die von der letzten DDR-Volkskammer am 28. September 1990 beschlossene Überprüfung von Urteilen Auswirkungen für die im Land Thüringen zu diesem Zeitpunkt lebenslänglich Inhaftierten?

9. Was wurde getan bzw. was ist geplant, um den schädlichen Folgen des langen Freiheitsentzuges entgegenzuwirken? Drei von den im Land Thüringen lebenslänglich Inhaftierten stammen aus Sachsen (1), Sachsen-Anhalt (1) und Berlin (1).

Diese drei Gefangenen wurden von Gerichten verurteilt, die ihren Sitz außerhalb des heutigen Landes Thüringen haben.

Zu 4.: Nach dem Vollstreckungsplan des Landes Thüringen werden zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilte männliche Gefangene in der Justizvollzugsanstalt Suhl-Goldlauter untergebracht.

Nach dem Vollstreckungsplan ist die Justizvollzugsanstalt Hohenleuben zum Vollzug lebenslanger Freiheitsstrafen an weiblichen Verurteilten vorgesehen. Aus organisatorischen Gründen sind zur Zeit alle weiblichen Gefangenen in Abweichung vom Vollstreckungsplan vorübergehend in der Zweiganstalt Weimar der Justizvollzugsanstalt Erfurt untergebracht.

Zu 5.: Die Dauer des Freiheitsentzugs wird von den zuständigen Gerichten auf der Grundlage des geltenden Rechtes bestimmt.

Möglichkeiten der vorzeitigen Entlassung ergeben sich ebenfalls aus den Gesetzen und werden nicht zuletzt von der Feststellung beeinflußt, dass der Verurteilte die Bereitschaft gezeigt hat, sich wieder in die Gemeinschaft zu integrieren.

Die Landesregierung sieht keine Veranlassung, auf die Änderung der gesetzlichen Grundlagen für die Strafzumessung mit dem Ziel der Herabsetzung und die vorzeitige Entlassung eines Verurteilten hinzuwirken. Von einer schwerwiegenden Schädigung der Betroffenen in sozialer und psychischer Hinsicht durch den Freiheitsentzug geht die Landesregierung nicht aus.

Zu 6.: Hierüber kann eine generelle Aussage nicht gemacht werden. Der Ministerpräsident prüft in jedem Einzelfall, ob er von dem ihm zustehenden Begnadigungsrecht Gebrauch macht.

Zu 7.: Nach § 13 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes können zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilte Gefangene frühestens beurlaubt werden, wenn sie sich einschließlich einer vorhergehenden Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung zehn Jahre im Vollzug befunden haben oder wenn sie in den offenen Vollzug überwiesen sind.

Die Bewilligung von Vollzugslockerungen in Form von Ausgang oder Freigang für Gefangene, die zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt sind, ist nach Nummer 4 Abs. 1 Satz 3 der bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift zu § 11 in der Regel nur unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 möglich, das heißt nicht vor Ablauf von zehn Jahren seit Strafbeginn.

Eine Unterbringung von zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Gefangenen im offenen Vollzug ist möglich, wenn die Gefangenen den besonderen Anforderungen des offenen Vollzuges genügen und namentlich nicht zu befürchten ist, daß sie sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Möglichkeiten des offenen Vollzuges zu Straftaten

Bei jeder Entscheidung über die Bewilligung von Vollzugslockerungen und Urlaub aus der Haft sowie der Verlegung in den offenen Vollzug ist zu prüfen, ob die Gefahr besteht, dass sich der Gefangene der Freiheitsstrafe entziehen oder die Lockerung zu Straftaten mißbrauchen werde. Gerade bei Gefangenen, die zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt sind, bedarf dies einer besonders gründlichen Prüfung, in die die Vollzugsbehörde insbesondere auch den Gesichtspunkt des Schutzes der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten einbeziehen muß. Dies kann nur im Rahmen einer Einzelfallprüfung beurteilt werden, so dass auch generelle Zeiträume, innerhalb derer Lebenslänglichen Vollzugslockerungen oder Urlaub aus der Haft zu gewähren sind, nicht genannt werden können. Der Zeitpunkt, ab dem ein zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilter Gefangener für Vollzugslockerungen oder Urlaub aus der Haft geeignet erscheint, ist jeweils

Zu 8.: Nach § 6 Abs. 1 des am 28. September 1990 von der Volkskammer der damaligen DDR erlassenen und in Kraft getretenen Gesetzes zum teilweisen Straferlaß hatte jeder Gefangene das Recht, die Überprüfung eines bis zum 1. Juli 1990 gegen ihn ergangenen Strafurteils durch einen unabhängigen Ausschuß zu beantragen. Entsprechend der Anordnung des damaligen Vorsitzenden des Ministerrats vom 2. Oktober 1990 konnten entsprechende Überprüfungsanträge bis zum 31. Dezember1990gestelltwerden.

Nach den hier vorliegenden Informationen befanden sich zum genannten Zeitpunkt sechs Gefangene in Thüringer Vollzugsanstalten, die zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden waren. Davon beantragten zwei Inhaftierte eine Überprüfung ihres Urteils. Diese Anträge wurden, da Gerichte außerhalb Thüringens die Strafe verhängt hatten, an die jeweils zuständigen Überprüfungsausschüsse weitergeleitet. Eine auf die sofortige Haftentlassung gerichtete Empfehlung der Ausschüsse erfolgte nicht.

Zu 9.: Die Landesregierung ist stets bemüht, den Gesetzesauftrag nach § 3 Abs. 2 wie bei allen Inhaftierten, so insbesondere bei den zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten, zu erfüllen. Dies geschieht vor allem dadurch, dass dem Angleichungsgrundsatz im Sinne des § 3 Abs. 1 Rechnung getragen wird. Für Gefangene mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedeutet dies, dass sie durch Fachpersonal (Psychologen, Seelsorger und sozialpädagogisch Tätige) besonders betreut und regelmäßig zu einer Arbeit eingesetzt werden sowie ihre Freizeit gemeinsam mit anderen Gefangenen verbringen können. Ihre ständige medizinische Betreuung ist gewährleistet. Sobald hierfür die Voraussetzungen vorliegen, wird der Vollzug schrittweise gelockert, um den Gefangenen zu ermöglichen, sich wieder in der Gesellschaft zurecht zu finden.