Der Bürger erhielt für seinen Antrag Ende Januar 1992 eine Eingangsbestätigung unter dem Geschäftszeichen

April 1993 hat folgenden Wortlaut:

Ein Bürger aus Mihla im Landkreis Eisenach hat einen Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft beim Amt für Soziales und Familie in Erfurt gestellt. Dies wurde notwendig, weil sein bisheriger Schwerbehindertenausweis, laut Veröffentlichung, am 31. Dezember 1992 seine Gültigkeit verlor und er einen neuen Ausweis beantragen mußte.

Der Bürger erhielt für seinen Antrag Ende Januar 1992 eine Eingangsbestätigung unter dem Geschäftszeichen 65

53 56 1730 4. Auf eine spätere telefonische Anfrage erhielt er die Auskunft, dass die Bearbeitung bis zur Neuausstellung etwa ein halbes Jahr dauern kann.

Bis zum heutigen Tag ist dieser Bürger noch nicht im Besitz des neuen Schwerbehindertenausweises.

Ich frage die Landesregierung:

1. Behält der alte Ausweis seine Gültigkeit bis zur Ausstellung und Zusendung des neuen Ausweises?

2. Warum dauert die Neuausstellung eines Schwerbehindertenausweises länger als ein halbes Jahr, im vorliegenden Fall sogar länger als ein Jahr?

Das Thüringer Ministerium für Soziales und Gesundheit hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 26. April 1993 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Der Einigungsvertrag regelt, dass Schwer- und Schwerstbeschädigtenausweise der ehemaligen DDR bis zum Ablauf ihrer Gültigkeit, längstens bis zum 31. Dezember 1993, als Ausweis über die Eigenschaft als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 50 bei Ausweisstufe II, 80 bei Ausweisstufe III und 100 bei Ausweisstufe IV gelten.

Für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen ist jedoch eine Feststellung nach dem

Schwerbehindertengesetz erforderlich. Eine Änderung des Einigungsvertrages erfolgte durch das 20.

Kriegsopferversorgungs-Anpassungsgesetz dahingehend, dass Schwerstbeschädigte mit Ausweis der ehemaligen DDR der Stufen III und IV bis 31. Dezember 1993 unentgeltlich im öffentlichen Nahverkehr befördert werden.

Die Landesregierung hat für Inhaber von Schwerbeschädigtenausweisen der ehemaligen DDR der Stufe II als Übergangsregelung die Beibehaltung einer 50%igen Fahrpreisermäßigung im öffentlichen Nahverkehr bis Dezember 1992 beschlossen. Gleichwohl soll der Wegfall der Fahrpreisermäßigung nicht zu Lasten derjenigen Schwerbehinderten gehen, die trotz Antragstellung noch keinen neuen Schwerbehindertenausweis erhalten konnten. Es muss aber auch die Tatsache Berücksichtigung finden, dass bei den etwa 120.000 bereits bearbeiteten Anträgen nach dem Schwerbehindertengesetz nur diejenigen Schwerbehinderten, deren Gesundheitsstörungen eine erhebliche Gehbehinderung bedingen, eine Wertmarke erwerben und die öffentlichen Nahverkehrsmittel unentgeltlich benutzen können. Entsprechend den Festlegungen der Landesregierung können Schwerbehinderte mit erheblicher Gehbehinderung (auch aufgrund innerer Leiden) in einem vereinfachten Antragsverfahren sofort einen neuen Schwerbehindertenausweis erhalten und eine Wertmarke erwerben. Sie legen dazu eine Bescheinigung ihres behandelnden Arztes über ihre Gesundheitsstörungen vor.

Zu 2.: Seit Inkrafttreten des Schwerbehindertengesetzes zum 3. Oktober 1990 wurden in den Ämtern für Soziales und Familie in Erfurt, Gera und Suhl etwa 170.000 Anträge nach dem gestellt. Davon wurden mit Stand 31. März 1993 bereits in 120.000 Fällen Bescheide erteilt.

Diese Zahlen machen deutlich, welchen Antragsberg die Ämter für Soziales und Familie allein nach dem zu bewältigen hatten. Ein Austausch von Personal innerhalb der Ämter ist gegenwärtig nicht möglich, da die Antragssituation in den anderen Bereichen der Versorgungsverwaltung ähnlich ist. Die Vielzahl der Anträge ist ein Grund, der einer kurzfristigen Bearbeitung der Anträge nach dem entgegensteht.

Zum anderen kann die Feststellung der Behinderungen erst nach Eingang aller geforderten Befundberichte der behandelnden Ärzte und Stellungnahme durch den versorgungsärztlichen Dienst zum Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen, dem Gesamt-Grad der Behinderungen und die zu gewährenden Nachteilsausgleiche erfolgen. Durch evtl. notwendige Rückfragen beim Antragsteller verlängert sich die Bearbeitungsdauer entsprechend.

Im Interesse der Behinderten sollen Befundberichte auf Untersuchungen aus nicht zu lange zurückliegenden Zeiträumen beruhen. Nach den langjährigen Erfahrungen der versorgungsärztlichen Praxis enthalten Befundberichte, die älter als fünf Jahre sind, in der Regel nicht mehr das gesamte Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch bei eindeutig feststehenden irreparablen Gesundheitsschäden ist dies angezeigt, um Folgeschäden bei der Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen zu berücksichtigen. Insbesondere müssen Nachteile, die sich aus der durch den Beitritt bedingten Rechtsänderung und der damit verbundenen Anwendung unterschiedlicher Bewertungstabellen ergeben könnten, durch sorgfältige Ermittlungen vermieden werden.

In dem aufgezeigten Fall ergibt sich die Verzögerung in der Antragsbearbeitung aus der Tatsache, dass der im Antrag angegebene behandelnde Hausarzt auch nach erfolgter Erinnerung keinen Befundbericht erstellt hat.

Der Antragsteller teilte dem Amt für Soziales und Familie am 24. Februar 1993 mit, dass der genannte Hausarzt nicht mehr praktiziert und benannte seinen neuen Arzt. Dieser wurde am gleichen Tag angeschrieben. Der Befundbericht liegt allerdings noch nicht vor.

Dr. Pietzsch Minister.